Regiogeld 2.0

Die Zukunft des zinsfreien Geldes

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Seit neun Jahren gibt es den „Chiemgauer“, eine Regionalwährung, die mit einem„Negativzins“ versehen ist. Dadurch soll die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöht und somit die Wirtschaftskraft der Region gestärkt werden. 27 solcher Initiativen sind in Deutschl...
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Regiogeld 2.0
Von Roland Rottenfußer, Peißenberg – raum&zeit Newsletter 180/2012

Seit neun Jahren gibt es den „Chiemgauer“, eine Regionalwährung, die mit einem„Negativzins“ versehen ist. Dadurch soll die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöht und somit die Wirtschaftskraft der Region gestärkt werden. 27 solcher Initiativen sind in Deutschland aktiv, aber hinter den Kulissen werden Ermüdungserscheinungen sichtbar.
Hat die Bewegung ihren Zenit bereits überschritten? Personalmangel, Frust und zögerliche Ladenbesitzern setzen den Projekten zu.
Trotzdem besteht Grund zur Hoffnung. Neue Impulse und Verbindungen zu anderen sozialen Bewegungen sorgen jetzt für Aufbruchstimmung. Vielleicht steht uns nicht der Untergang der Regionalwährungen bevor, sondern der Übergang in eine neue Phase ihrer Geschichte.

Jeder müsste mitmachen

Im Landkreis Weilheim-Schongau steht es nicht zum Besten. Seit fünf Jahren propagiert Monika Herz hier die Komplementärwährung „Der Regio im Oberland“: bunte Papierscheine in professionellem Layout, beklebt mit kleinen Marken, die die Gültigkeit der Scheine bestätigen. Doch die „Goldgräberstimmung“ der frühen Jahre ist einem Gefühl der Frustration gewichen. Besonders macht Monika zu schaffen, dass sich die beiden großen Bioläden vor Ort hartnäckig weigern, die Regioscheine anzunehmen. Das Mitmachen im System einer Regionalwährung ist freiwillig. Die Lebensmittelhändler befürchten, dass das ganze Regio-Geld bei ihnen landet. Denn Gemüse und Kaffee braucht jeder – immer. Da es kaum Akzeptanzstellen gibt, befürchten sie, auf ihren Geldscheinen sitzen zu bleiben, die sie dann mit fünf Prozent Wertverlust wieder an den Regio-Verein zurücktauschen müssten. „Ein Teufelskreis“, stöhnt Monika Herz. „Wenn der Bioladen nicht mitzieht, zögert die Modeboutique; wenn die nicht dabei ist, weiß der Bioladen-Besitzer nicht, wohin er sein Geld tragen soll.“
Eine Buchhändlerin sagte erst zu, Regio-Mitglied zu werden; nach einer Weile verlor sie aber die Lust, weil keine Kunden mit den Geldscheinen zu ihr kamen. Wenn Regio-Partner oder Akzeptanzstellen abspringen, obwohl sie im kleinen „Branchenverzeichnis“ der Initiative verzeichnet werden, sind Kunden frustriert. Der Umgang der Geschäfte mit dem neuen Geld ist bisher eher spielerisch, unverbindlich. Dabei wäre die Sache, um die es geht, ernst. Man kann ja täglich in den Nachrichten verfolgen, welchen Schaden zinsbasiertes, global operierendes Geld anrichtet: Die Vermögen wachsen im Gleichschritt mit den Schulden. Geld wandert aus den Regionen dorthin, wo gute Ausbeutungsstandorte hohe Renditen versprechen. Der Händler um die Ecke kann meist nicht mit dem global operierenden Groß- und Versandhandel konkurrieren. Immer mehr Einzelhändler – etwa der liebevoll ausgestattete Teeladen oder das Programmkino – müssen aufgeben.

Der Zins ist Entwicklungshilfe für die Reichen

Eines der Kernprobleme scheint die Sehnsucht vieler Menschen zu sein, mit Geld Geld zu verdienen. Der Roman-Autor Andreas Eschbach („Eine Billion Dollar“) kritisiert die Ökonomie des Zinses: „Ihr Geld wächst nicht, und es arbeitet auch nicht. Wenn Sie nach einer gewissen Zeit mehr Geld auf Ihrem Konto vorfinden als am Anfang, stammt dieses mehr von anderen Leuten. Die sind es, die dafür gearbeitet haben. Man könnte sagen, diese Leute arbeiten für Sie. Sie zahlen Ihnen Tribut. Ihr Geld ist das Lehen, der Zins der Tribut.“ Nehmen wir an, Sie wären stolzer Besitzer eines schmucken Einfamilienhauses mit Garten. Ihr Nachbar dagegen wohnt in einem erbärmlichen Bretterverschlag, durch dessen Dach es regnet. Würden Sie aber auch nur eine Sekunde auf die Idee kommen, dass Ihr armer Nachbar einen Teil seines restlichen Besitzes an Sie abgeben sollte, um Ihnen beispielsweise einen neuen Golfschläger zu finanzieren? In der „wunderbaren“ Welt von Zins und Zinseszins geschieht aber genau das – täglich. Wer genug Geld hat, um auf einen Teil davon vorübergehend zu verzichten, kann es gegen eine Gebühr, den Zins, verliehen. Wer weniger Geld besitzt, als er für seine täglichen Bedürfnisse braucht, muss sich Geld gegen eine Gebühr beschaffen, die seine finanzielle Misere noch verschärft.
Zinsen und Zinseszinsen auf Schulden sind eine Form „umgekehrter Entwicklungshilfe“ der Ärmeren an die Reicheren. Aus eben diesem Grund hat der Zins in der Regionalgeldbewegung einen schlechten Ruf. „Der Regio im Oberland“ ist deshalb mit einer Art Negativzins behaftet. Wer hortet, verliert. Dadurch läuft Geld, das in eine Komplementärwährung getauscht wurde, schneller um. Wechselt ein Geldschein zehn Mal monatlich den Besitzer, ist das besser für die Wirtschaft, als wenn er zuhause liegen bleibt. Zudem entstehen kleine regionale Wirtschaftskreisläufe, wenn sie einmal ein ausreichendes Volumen erreicht haben, unabhängig vom organisierten Wahnsinn der globalen Finanzströme. Regionalgeld will den Menschen vor Ort dienen, stößt dabei aber scheinbar auf wenig Gegenliebe. Aktivisten wie Monika Herz fühlen sich in vielen Geschäften ihrer Heimat abgewimmelt wie Zeugen Jehovas an der Wohnungstür. Da drängt sich ein biblischer Vergleich auf: „Das Licht kam in die Finsternis, und die Finsternis hat‘s nicht erkannt.“

Die natürliche Wirtschaftsordnung

Regionalgeld an sich ist kein neues Phänomen. Die Idee basiert auf der Arbeit des Finanztheoretikers Silvio Gesell (1862–1930), der für kurze Zeit Finanzminister der Münchener Räterepublik war. Gesell entwarf in seinem Hauptwerk „Die natürliche Wirtschaftsordnung“ die Vision eines Schwundgelds, das die zerstörerische Wirkung des Zinses aufheben und dafür sorgen sollte, dass Geld in Fluss bleibt. Vereinfacht, besagt seine Theorie: Im herkömmlichen System wird durch Zinsen belohnt, wer sein Geld hortet, es also dem Wirtschaftskreislauf entzieht. Würde man den Zins allerdings „abschaffen“, so bestünde für Vermögensbesitzer keinerlei Anreiz mehr, es zu investieren. Die Lösung: Man „bestraft“ das Zurückhalten von  Geld durch eine kleine Gebühr, die anfällt, wenn Geldscheine nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgegeben werden: einen „Negativzins“ bzw. eine „Umlaufsicherung“. Bekannt wurde Silvio Gesells Lehre auch als „Freigeldtheorie“.
In der Geschichte der Regionalgeldbewegung waren Theorie und Praxis in der Folgezeit eng verzahnt. Michael Unterguggenberger, Bürgermeister der österreichischen Gemeinde Wörgl, beschloss 1932, die Freigeldtheorie Gesells in die Praxis umzusetzen. Er gab eine Regionalwährung, den Wörgl-Schilling, heraus, für den innerhalb der Ortschaft Annahmezwang bestand. Mit durchschlagendem Erfolg, denn Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsflaute konnten in kurzer Zeit gelindert werden. Auf der ganzen Welt erschienen Artikel. Politiker aus ganz Europa besuchten den Ort und viele Gemeinden wollten nachfolgen. Das Freigeld wurde dann gerichtlich verboten, aber das Experiment von Wörgl inspirierte weiterhin fortschrittliche Denker.

Der Chiemgauer startet durch

Zum Beispiel Prof. Margrit Kennedy, die 1990 ihr Manifest „Geld ohne Zinsen und Inflation“ verfasste und „komplementäre“ Regionalwährungen vorschlug (also Geld, das zusätzlich zur D-Mark – heute zum Euro – in einer bestimmten Region gilt). Eines Tages kam aus dem Chiemgau ein junger Mann namens Christian Gelleri zu Kennedy und kündigte an, den Vorschlag in die Tat umsetzen zu wollen. Gelleri begründete die Regionalwährung „Chiemgauer“, die sich als ziemlich erfolgreich erwies und zum Vorläufer aller vergleichbaren Initiativen in Deutschland wurde. 2003 wurde die Regionalwährung im Rahmen eines Schülerprojekts der Waldorfschule Chiemgau in Prien eingeführt. Im Rahmen eines Konzepts des Wirtschaftslehrers Gelleri strömten Schülerinnen und Schüler aus, um die umliegenden Geschäfte zu überzeugen, zu Chiemgauer-Annahmestellen zu werden. Heute machen fast 600 Geschäfte und über 200 Vereine mit. Chiemgauer-Scheine im Wert von rund einer halben Million Euro sind im Umlauf. Das macht den Chiemgauer bis heute zur stärksten Komplementärwährung in Deutschland.
Auch Monika Herz beruft sich auf die Traditionslinie von Silvio Gesell, Margrit Kennedy und Christian Gelleri. Schon als junge Frau lernte sie ähnliche Gedanken in einem Buch der unbekannten Theoretikerin Brigitte Cornelius kennen: „Die zinsfreie Wirtschaftsordnung“. Lange hatte sie zuvor ein eher diffuses Gefühl mit sich herumgetragen, dass etwas an unserem Wirtschaftssystem nicht stimmen konnte. Als sie das Buch von Cornelius las, machte etwas in ihr „Klick“. Seither warb sie für die Idee – lange ohne nennenswerte Resonanz. Wie Marquis Posa in Schillers „Don Carlos“ hatte sie das Gefühl: „Das Jahrhundert ist meinem Ideal nicht reif.“ Bis sie im Kloster Benediktbeuern einen Vortrag von Rolf Merten hörte. Merten trieb damals die Einführung der Komplementärwährung „Der Regio“ im Bayerischen Oberland voran. „Da mache ich mit“, wusste sie sofort. Und engagierte sich für die Einführung des Regio in ihrer unmittelbaren Heimat: Peißenberg und Weilheim.

Frust und frische Ideen

Der erste Schwung ist leider inzwischen verflogen. Die Stagnation nagt an der Motivation der meist ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen des Regio-Vereins. So viel Zeit wurde schon investiert, mit so wenig Ergebnis! Immer gibt es in solchen Initiativen weit mehr Arbeit als Menschen, die bereit sind, sie umsonst zu verrichten. Dieser Druck führt manchmal dazu, dass sich Gleichgesinnte gegenseitig vorwerfen, zu wenig oder nicht effizient zu arbeiten. Auch Richtungsstreitigkeiten bleiben nicht aus. Die Nerven liegen blank, und manche denken ans Aufgeben. Einige Initiativen „sterben“ bereits, etwa der Regio im Ostallgäu. Es kann genügen, dass ein besonders aktives Mitglied, ein Vereinspatriarch, aus Gesundheitsgründen nicht weitermacht – schon bleibt die Arbeit liegen, und nichts geht mehr.
Dazu kommt: Nach einigen Jahren der Stagnation kommen Regionalwährungen in den Ruf, „Verliererprojekte“ zu sein. Die Heimatpresse, anfangs froh um das „frische“ Thema, ist nicht bereit, über dasselbe Projekt den zehnten Artikel zu schreiben. Eine Heilpraktikerin, seit Beginn „Fan“ des Regio im Oberland, hat resigniert. „Früher bin ich mit den Scheinen zum Bäcker gegangen und habe gefragt: Kennen Sie den schon? Was, noch nicht? Da müssen Sie unbedingt mitmachen! Jetzt sind drei Jahre vergangen, und noch immer habe ich Probleme, meine Regio-Scheine im Landkreis auszugeben.“ Auch die Tatsache, dass die Finanzkrise 2008 der Bewegung fast keinen Zulauf gebracht hat, frustrierte nicht wenige Aktive. Indoktriniert von einer einseitigen Mainstream-Presse lobten viele Bürger das Krisenmanagement von Angela Merkel und hatten keine Lust auf Geld-Experimente.
So entmutigend die Lage auch mancherorts sein mag – betrachtet man die Lage im Überblick, steht die Bewegung nicht schlecht da. Einige Klassiker wie der „Chiemgauer“ blühen und gedeihen noch immer. Immerhin 37 Initiativen sollen sich laut dem Dachverband Regiogeld e.V. im Status der „Vorbereitung“ befinden – es geht also noch was! Wo die alten Rezepte schlecht funktionieren, strecken kreative Köpfe die Fühler nach Neuem aus. Das Motto heißt nun offenbar: den Horizont erweitern, sich vernetzen, Variationen des Themas „Regionalgeld“ ausprobieren. Hierzu ein paar Beispiele:

Komplementärkredite

Unsere Gesellschaft muss die Kraft aufbringen, nicht nur über Zinsen zu klagen, sondern zinslose Kredite zu organisieren. Diese sollten herkömmliche Kredite (noch) nicht ersetzen, sondern ergänzen: Komplementärkredite. Die Genossenschaft Regios eG im Chiemgau, ein Projekt der Regionalwährung „Der Chiemgauer“, vergibt sowohl Kredite mit 8,9 Prozent Zinsen als auch zinslose Kredite. Letztere allerdings nur in Regionalgeld. Die Verwaltungs- und Personalkosten der Genossenschaft werden über das Mikro-Kredit-Programm der Regierung derzeit vom Steuerzahler getragen. „Wenn die Wirtschaft kaum mehr wächst und wir Ressourcen maßvoller nutzen, müssen wir das Geldsystem entsprechend nachhaltig gestalten“, sagt Organisator Christian Gelleri. „Vereinfacht gesagt erfordert ein reales Wachstum von Null einen realen Zinssatz von Null.“ Was wäre nun, wenn „jeder“ plötzlich zinslose Kredite erhalten würde? Wir hätten ein starkes Gegenmodell zum herkömmlichen Kreditsystem, das eine massive Umverteilung von unten nach oben begünstigt. Würde sich neben dem zinsgestützten Kreditsystem ein komplementäres, zinsfreies System etablieren, so würden Kunden abwandern. Auf Kreditgeber, die „noch“ Zinsen verlangen, entstünde ein Druck, diese drastisch zu senken.

Elektronisches Regiogeld

Seit 2010 gibt es im Chiemgau die Regiocard, mit der bargeldlos gezahlt werden kann. Im Inzeller Raiffeisenmarkt wurde sogar ein Terminal installiert, um den Zahlungsverkehr abzuwickeln. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die herkömmlichen Geldscheine müssen alle drei Monate mit Marken beklebt werden, um ihren Wert zu behalten. Ein Fünf-Regio-Schein muss zum Beispiel zum Quartalswechsel mit 10 Cent beklebt werden. Wer das vergisst, hält ein ungültiges Zahlungsmittel in Händen. Diese Wertminderung macht Sinn, denn das Geld soll ja schnell umlaufen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das Verfahren kann aber als umständliche Erbsenzählerei empfunden werden. Mit der elektronischen Zahlkarte wird der aktuelle Wertverlust automatisch berechnet. Das ist fair und macht für den Kunden keine Mühe.

Überregionales Regionalgeld

Rolf Merten, Vorsitzender des Regio e.V. im Oberland und in München, möchte expandieren. Seine Idee: Das Konstruktionsprinzip des Regio und das Design, das der Grafiker Gerd Schielein für die Geldscheine entwickelt hat, kann auch neuen Initiativen zur Verfügung gestellt werden. Nicht jeder müsste somit mit der Aufbauarbeit von vorn anfangen. Die Initiativen müssten sich aber dem Dachverein Regio e.V. anschließen und würden vom Stammsitz Wolfratshausen aus zentral verwaltet. Ungewöhnlich für eine Regionalwährung: Nach München und mehreren Landkreisen im Voralpenland hat sich auch eine Initiative aus Darmstadt unter das Dach von Rolf Mertens Verein gestellt. Nicht jeder im Kreis der Aktiven hielt das für eine gute Idee. Für die Unterweisung der Neulinge gehen Zeit und Energie drauf. Die Wege werden länger, persönliche Begegnungen schwieriger. Schließlich ist eine überregionale Regionalwährung irgendwie ein Widerspruch in sich. Vorerst einigten sich Gegner und Befürworter der Expansion auf einen Kompromiss. Aufgenommen werden sollen nur noch solche Initiativen, deren Startvoraussetzungen einen Erfolg wahrscheinlich machen.

Nationale Parallelwährungen für Not leidende Staaten

Kann ein Modell, das im Chiemgau funktioniert, auch in Griechenland helfen? Prinzipiell ja, meinen Christian Gelleri und Thomas Meyer in ihrer Studie „Expressgeld statt Euroaustritt“: „Die Bewältigung der Eurokrise ist möglich. Ein sehr effektiver Weg ist das Expressgeld: Durch die Einführung eines zusätzlichen staatlichen Regiogeldes können die Euro-Krisenstaaten den Geldfluss in ihren Volkswirtschaften beschleunigen (Liquiditätsoptimierung), was zu Wirtschaftswachstum, neuen Arbeitsplätzen, mehr Steuereinnahmen und mehr Unabhängigkeit vom Ausland führt.“ Werden Urlauber also bald wieder mit der Drachme zahlen – jedoch nicht anstatt des Euro, sondern zusätzlich zu ihm? Denkbar wäre es. Hier fragt sich natürlich, ob immer erst die ökonomische Katastrophe eintreten muss, bevor Politiker und Privatinitiativen ernsthaft nach Alternativen suchen.

Resümee

Es tut sich was in der Szene der Regionalwährungen Jetzt schon Nachrufe für eine Bewegung zu schreiben, die vor fast 10 Jahren voller Hoffnung startete, wäre es zu früh. Vielmehr scheint es, als ob die von vielen Aktivisten empfundene Krise nur das Ende vom Anfang markiere, keineswegs den Anfang vom Ende. Vielleicht werden großflächigere Modelle (Währungen auf Kreis-, Landes- oder nationaler Ebene) das Prinzip „Jedem Dorf seine eigene Währung“ ablösen. Vielleicht werden mehrere Reformmodelle zu einer umfassenderen Lösung verschmelzen. Denkbar wäre auch, dass eine Region oder ein Land es wagte, eine Parallelwährung mit „Annahmezwang“ einzuführen. Dies käme einer Wiederauflage des berühmten Geldexperiments von Wörgl gleich. Nur wenn jeder Kunde, jeder Ladenbesitzer, jede staatliche Institution mit dem neuen Parallelgeld arbeitet, kann man dessen positive Wirkung auf die Wirtschaftskraft im vollen Umfang würdigen.
Bestehende Experimente wie der Regio im Oberland oder der Chiemgauer sind zunächst Hoffnungszeichen. Sie realisieren wenigstens ansatzweise eine Alternative zur „Alten Welt“ mit ihrem auf Zinsen und Wachstum basierenden Geld. Sehr viele Menschen in den Regionen haben durch die „Propaganda“ der Aktivisten von den Geldalternativen erfahren. Man müsste also im Krisenfall nicht bei Null anfangen. Die schon bestehenden Regio-Initiativen (es gibt sie ja weltweit) könnten eine Rettungsbootfunktion übernehmen, wenn der entfesselte globale Kapitalismus wieder mal ein Land gegen einen Eisberg steuert. Um die Begeisterung aller Beteiligten langfristig frisch zu halten, müssen Zusammenhänge vermittelt werden. Denn „Wer ein Warum im Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“ Jede zinsfreie Regionalwährung ist eine Lücke in der Mauer des globalisierten Finazsystems, durch die etwas Licht dringt.

Der Autor

Roland Rottenfußer wurde 1963 in München geboren. Nach dem Germanistikstudium Tätigkeit als Buchlektor und Journalist für verschiedene Verlage. Von 2001 bis 2005 Redakteur beim spirituellen Magazin „connection“. Momentan u. a. für Konstantin Weckers Webmagazin www.hinter-den-schlagzeilen.de und für den Schweizer „Zeitpunkt“ tätig.

Literatur

Margrit Kennedy: „Geld ohne Zins und Inflation“, Goldmann Verlag, München 1991
Margrit Kennedy: „Occupy Money – damit wir zukünftig alle die Gewinner sind“, Kamphausen Verlag, Bielefeld 2012

www.regiogeld.de 
www.chiemgauer.info
www.der-regio.de

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