Feminismuskurse für muslimische Frauen

„Es gäbe sehr einfache Wege zur Integration”

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Es läuft einiges schief bei der Integration muslimischer Einwanderer. Fast die Hälfte der Zugewanderten aus der Türkei geben in einer Umfrage an, die Gebote ihrer Religion seien für sie wichtiger als das deutsche Recht. Prediger rufen in deutschen Moscheen zum Gottesstaat auf, Vergewal...
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Feminismuskurse für muslimische Frauen
Interview mit Zana Ramadani, Berlin, von Angelika Fischer, Wolfratshausen – raum&zeit Newsletter 210/2017

Es läuft einiges schief bei der Integration muslimischer Einwanderer. Fast die Hälfte der Zugewanderten aus der Türkei geben in einer Umfrage an, die Gebote ihrer Religion seien für sie wichtiger als das deutsche Recht. Prediger rufen in deutschen Moscheen zum Gottesstaat auf, Vergewaltigungen von muslimischen Frauen werden unter der Hand geregelt. Zana Ramadani will muslimische Frauen ins Boot holen. Wenn diese ihren Kindern unsere Grundwerte beibringen, sind die Parolen aus dem Mittelalter Geschichte.

Integrationspolitik

raum&zeit: Während viele Deutsche, die keinen Migrationshintergrund haben, sich für die Rechte von Muslimen stark machen, werfen Sie, die Sie aus einer muslimischen Familie kommen, der deutschen Politik vor, Muslimen gegenüber viel zu tolerant zu sein. Warum verteidigen Sie das Deutsche mehr als dies viele Deutsche deutscher Abstammung tun?
Zana Ramadani: Vielleicht liegt es daran, dass ich beide Welten sehr gut kenne und sehr deutlich die Gefahren sehe, die muslimische Zuwanderer nach Deutschland bringen. Die Toleranz und Hilfsbereitschaft der Deutschen ist etwas sehr Wertvolles. Aber die Deutschen versäumen es, sich und ihre Werte zu schützen. Leider bringt ein Großteil der muslimischen Einwanderer politisch-ideologisches Gedankengut mit. Dieses geht weit über den Bereich der Religion, den ich als Privatsache ansehe, hinaus. Es ist vielmehr größtenteils sehr politisch und daher inakzeptabel. Wenn diese Religion einfach nur als Religion in der Mehrheit gelebt werden würde, dann hätte, glaube ich, keiner ein Problem damit. Aber das wird es nicht. Hier geht es um Menschenrechte und jedes Recht hat seine Grenzen, nämlich da, wo das Recht eines anderen beginnt.

r&z: Gut fünf Prozent der Deutschen sind Muslime. Sie wandern seit circa 50 Jahren bei uns ein, zuerst vor allem aus der Türkei, seit einiger Zeit auch verstärkt aus arabischen Ländern. Im letzten Jahr kamen circa 550 000 muslimische Flüchtlinge nach Deutschland. Haben Sie den Eindruck, dass diese Menschen sich bei uns gut integrieren? Gibt es Unterschiede zwischen Eingewanderten der ersten, zweiten und dritten Generation?
Z. R.: Einmal sind es die zweite und dritte Generation, die hier leben, die eigentlich eine deutsche Identität entwickelt haben müssten, so wie ich. Die haben aber eine ganz neue Identität entwickelt und zwar dieses Moslemsein. Sie definieren sich nicht als Deutsche, sondern als Moslems. Aber das ist absurd, denn eine Religion alleine ist ja keine Identität. Sie gehört dazu, ist aber nicht alles. Dann haben wir die Flüchtlinge, die hierher kommen, um Sicherheit zu bekommen. Natürlich sind das nicht alles Flüchtlinge, die vor Krieg flüchten, sondern auch Wirtschaftsflüchtlinge. Sie kommen hierher, um ein besseres Leben zu haben, aber bringen ihre alten Grundwerte mit, ihre Kultur, die natürlich die Religion beinhaltet. Und diese ist sehr politisch, sehr patriarchalisch, sehr archaisch. Und natürlich noch sehr weit weg von unserer weiterentwickelten Kultur, von Gleichberechtigung, und Säkularisierung. Diesen Menschen wenden wir uns im Moment aber nicht zu bzw. drängen sie nicht, sich unserer Kultur anzupassen. Die Integrationspolitik versagt im Moment mal wieder und wird auch von den falschen Leuten gemacht. Wenn man sich ansieht, wer Integrationsprogramme leitet, beeinflusst und durchführt und wer richtig viel Geld vom Staat dafür bekommt, dann sind das die islamischen beziehungsweise meiner Meinung nach islamistischen Verbände.

r&z: Heißt das, der deutsche Staat bezahlt islamische Verbände, damit diese die zugewanderten Menschen in die deutsche Gesellschaft integrieren?
Z. R.: Ja, es wurde nachgewiesen, dass unsere Regierung in den letzten Jahren Hunderttausende Euros an islamische Verbände wie Ditib, eine Dachorganisation für türkische Einwanderer, gezahlt hat. Die Regierung verlässt sich bei der Integrationspolitik sehr stark auf diese Verbände. Man will ja tolerant sein. Die Verbände holen die Einwanderer ab und integrieren sie – nicht aber in die Mehrheitsgesellschaft, sondern in eine Parallelgesellschaft. So werden auch die zweite und dritte Generation in ihrer islamischen politischen Ausrichtung bestätigt. Wir dagegen verlieren diese Menschen, und zwar an die Leute, vor denen sie eigentlich geflohen sind. Denn sie haben ja bewusst diese islamischen Länder verlassen und wollten in den Westen, wo‘s ja eigentlich besser ist.
Integration muss losgelöst von Religion sein. Die Integrationspolitik gehört nur in staatliche Hand. Es kann ja nicht sein, dass unsere Integrationsmaßnahmen genau diese Glaskästen aufrecht erhalten, die eigentlich gegen Integration an sich sind.

Welche Basis legt der Koran

r&z: Hat es Ihrer Meinung nach etwas mit dem Glaubenssystem an sich zu tun, dass Muslime die Tendenz haben, eine Parallelgesellschaft zu errichten anstatt sich zu integrieren? Lässt sich der Koran mit Demokratie vereinbaren?
Z. R.: Es gibt einiges im Koran, was demokratiefeindlich ist. Es gibt einen Teil, der sehr spirituell, herzlich, positiv ist. Dann gibt es sehr vieles, was sehr politisch ist und in die Richtung einer intoleranten Gesellschaftsordnung geht. Hierzu gehört die klare Trennung zwischen Muslimen und Ungläubigen, Juden und allen anderen. Auch die Geschlechterapartheid ist hier ganz tief verwurzelt. Der Koran ist dabei nur ein Teil des Islams. Bei Fragen, auf die der Koran keine hundertprozentige Antwort gibt, sucht man in den Hadithen weiter, die sehr groß und sehr vielseitig sind. Und die dritte Grundlage des Islam ist die Sunna, die Biografie von Mohammed. Jeder Moslem ist verpflichtet, Mohammeds Leben nachzueifern, im Prinzip so zu leben und zu handeln wie er. Wenn man sich Mohammeds Leben ansieht, dann war er am Anfang ein sehr barmherziger, spiritueller Prophet, später aber wurde er zum Feldherrn und hatte mehrere Frauen. Er hat selbst nicht gemordet, aber er hat zum Mord aufgerufen. Und das ist es, womit die Terroristen ihr Töten begründen. Deshalb kann man nicht sagen, der Terrorismus hat mit dem Glauben nichts zu tun. Natürlich hat er etwas damit zu tun. Und das muss man anerkennen. Man muss sagen, ja, das ist ein Teil der Geschichte des Islam. Das dürfen und leben wir heute nicht mehr.
So wie die Christen sagen, ja, das Kreuzrittertum war ein Teil der Geschichte, von dem wir uns aber befreit haben. So lange man diese dunklen Kapitel verheimlicht und ignoriert, kann man sich nicht davon loslösen.

r&z: Wenn man die überlieferte Biografie Mohammeds mit der von Jesus vergleicht, vermittelt Jesus‘ Leben sehr viel überzeugender Werte wie Liebe, Toleranz und Frieden. Korrespondiert dieser Vergleich mit der prinzipiellen Ausrichtung der beiden Glaubenssysteme?
Z. R.: Ja, die Lehren sind komplett unterschiedlich. Jesus hat gelehrt, die andere Backe hinzuhalten, und nicht zurückzuschlagen. Das Alte Testament ist zwar sehr düster und gewalttätig, aber mit dem Neuen Testament, mit Jesus‘ Lehren kam der Humanismus dazu. Das humanistische Menschenbild basiert ja eigentlich auf Jesus‘ Lehren, die hoch humanistisch sind. Im Islam ist das leider umgekehrt. Der Koran besteht aus zwei großen Teilen. Der erste Teil behandelt Mohammeds Leben in Mekka, der zweite sein Leben in Medina. Mekka ist barmherzig und spirituell, Medina ist düster, auf Eroberung von anderen, Bekehrung der Ungläubigen, der Juden und Christen angelegt. Deshalb muss diese Religion wieder zurück zum Ursprung finden, vom Prinzip her.

Scharia und deutsches Recht

r&z: Es scheint also im Islam eine ganz andere Auffassung von Recht und Unrecht zu geben als in unserer modernen westlichen Gesellschaft üblich. Dies spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Rechtssystemen. Absurder Weise wird bei uns ja eine Scharia-Paralleljustiz gezüchtet. Wo sind die Unterschiede zwischen der Scharia und deutschem Recht?
Z. R.: Wir haben ein klares Gesetz – wenn man dagegen verstößt, wird man bestraft. In der Scharia ist das anders. Bei uns ist es so: Für Ehebruch wird keiner bestraft, gepeitscht oder getötet. Vergewaltigungen aber werden bestraft. Nach Scharia-Recht ist es so, dass die Dinge untereinander geregelt werden, unter Ausschluss von anderen, unter Ausschluss unserer Justiz. Wenn eine Frau vergewaltigt wird, einigen sich die Familien mit oder ohne Hilfe eines selbsternannten Friedensrichters untereinander, da wird nur Bußgeld bezahlt. Die Frau ist sich selbst überlassen. Der Täter, wenn er reich ist, kann soviel vergewaltigen wie er will in dieser Community. Vom Prinzip her passiert ihm nicht viel. So viel ist da halt 'ne Frau wert.

r&z: Von Gleichberechtigung der Geschlechter kann da dann wohl keine Rede sein?
Z. R.: Nein, während die Deutschen tagtäglich für eine Gleichstellung der Geschlechter kämpfen, sind in muslimischen Familien Frauen schlechter gestellt und werden immer stärker auch aggressiv in die Schranken gewiesen, weil in den Köpfen der Eltern und der Community die Gefahren sind, die hier über sie hereinbrechen könnten: Die Familienehre könnte verletzt werden. Es sind ja immer die Frauen, die die Familienehre verletzen.

r&z: Ah ja?
Z. R.: Ja, die Familienehre befindet sich ja im heutigen, real gelebten Islam zwischen den Beinen der Töchter. Es geht immer nur um die Sexualität, um nicht mehr und nicht weniger. Deshalb sollen die Geschlechter nicht frei miteinander leben. Kopftücher und getrennte Gebetsräume sollen der Anziehungskraft zwischen Mann und Frau entgegenwirken, damit beide sich besser auf die Religion konzentrieren können. Westliche Frauen kämpfen hier immer noch dafür, dass wir 100 Prozent gleichberechtigt werden und dann sollen wir Geschlechtertrennung tolerieren, nur weil sie mit Religion begründet wird.

r&z: Es gibt ja im Islam sehr unterschiedliche Richtungen, von radikal fundamentalistisch bis völlig liberal. Umfragen zeigen, dass über die Hälfte muslimischer Jugendliche in Deutschland eine sehr konservative Ausrichtung des Islam befürwortet. Können Sie sich vorstellen, dass sich das ändert und der überwiegende Teil der Muslime in Deutschland eher einen gemäßigten Glauben lebt und sich gut integriert in unsere Gesellschaft?
Z. R.: Ich begrenze das nicht auf den Islam. Sondern für mich gilt, dass jede Religion, die reine Spiritualität, reiner Glaube und vom Prinzip her Privatsache ist, in jede Gesellschaft hineinpasst. Aber eine Religion, die politisch ist und in die Religionsfreiheit anderer eingreift, und die auch in die Religionsfreiheit der eigenen Kinder, die diese ja auch haben, eingreift, die passt nicht zu uns. Und Tatsache ist, dass in Deutschland und im Westen nicht irgendwelche Buddhisten oder Hinduisten auf die Straße gehen und sich radikal verhalten, sondern es ist ein fundamentalistischer Islam, der extreme Probleme in der Gesellschaft auslöst. Und der auch die Kinder massiv in ihren Freiheiten einschränkt und in ihrer Entwicklung hindert. Da muss man fragen, wie geht man damit um und was tut man, damit dies aufgehoben wird?

Radikalisierung vorbeugen

r&z: Was müsste Ihrer Meinung nach getan werden, um Radikalisierung entgegenzuwirken? Sehen Sie auch, wie Florian Endres, der Leiter der Beratungsstelle Radikalisierung, die drei Ansatzpunkte Person, Umfeld und Ideologie?
Z. R.: Ja, auf all diesen Ebenen kann Radikalisierung erfolgen. Die psychische Konstitution einer Person spielt natürlich eine große Rolle bei der Frage, wie anfällig sie für eine Radikalisierung ist. Und dann die Grundwerte, die durch Familie und Community anerzogen werden und nach denen gelebt wird. Ein Punkt, auf den wir bei unseren Integrationsbemühungen achten sollten, ist eine sinnvolle Ansiedelung. Ich glaube, wenn ich in einer Stadt aufgewachsen wäre und nicht hier in einem konservativen deutschen Dorf, dann wäre ich wahrscheinlich jetzt mit einem muslimischen Albaner verheiratet und hätte drei Kinder. Man bleibt unter sich, weil man das andere gar nicht kennt. Deshalb darf man Familien meiner Meinung nach nicht in den Großstädten lassen, wo es diese Parallelgesellschaften gibt, sondern in Kleinstädten oder sogar in Dörfern. Ich hatte das Glück, damals in einem kleinen Dorf gelandet zu sein, wo die Berührungsängste nicht so groß waren und wo wir Kinder ganz unbefangen in das deutsche soziale Leben aufgenommen wurden.

r&z: Welche Vorschläge haben Sie noch für eine bessere Integrationspolitik?
Z. R.: Ein Dreh- und Angelpunkt ist für mich, den Fokus auf die Frauen zu richten. Sie sind Opfer, aber auch Täter ab dem Punkt, ab dem sie erziehen. Eine Mutter, die in ihrer alten Wertewelt lebt, obwohl sie seit 20 Jahren hier lebt, wird ihre Kinder nach alten Mustern erziehen, die Mädchen zu Bediensteten und die Jungs zu größenwahnsinnigen Machos. Väter haben hier eine geringere Bedeutung, weil sie meist erst sehr spät in die Erziehung eingreifen, meist in strafender und belehrender Form, erst dann wenn frühere Belehrungen und Strafen nichts gebracht haben. Mein Ansatz ist, Frauen durch gute Integrationsprogramme Bildung und ein Handwerkszeug zu vermitteln, so dass sie sich innerlich gleichwertig fühlen. Mithilfe dieser Feminismuskurse, wie ich sie nenne, werden sie sich dann automatisch auf irgendeine Art und Weise emanzipieren und erkennen, welche Chance die westliche Welt gerade ihnen und ihrem Kind zu bieten hat. Sie verstehen dann, dass die westliche Frau keine Schlampe ist, sondern nur selbstständig über ihr Leben bestimmt.

r&z: Sie würden den muslimischen Frauen diese Kurse anbieten oder sie zu ihnen verpflichten?
Z. R.: Die müssen verpflichtend sein. Da soll den Frauen sehr eingehend die Gesetzeslage erklärt werden, damit sie keine Angst haben, sich gegen Übergriffe zur Wehr zu setzen. Viele Frauen bleiben in Gewaltbeziehungen, aus Angst davor, dass ihnen die Kinder weggenommen werden oder dass sie noch mehr Gewalt erfahren. Deshalb ist es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass der Staat sie schützt. Dann gäbe es Sexualkunde, in der man jungen Frauen erklärt, was in ihrem Körper passiert, dass man ihnen die Mythen nimmt über die Jungfräulichkeit und so weiter. Damit endlich dieser Jungfrauenwahn aufhört.
Sightseeing wäre auch in dem Paket, damit die Frauen die Umgebung kennenlernen, in der sie leben und auch andere Frauen kennenlernen.
Und das alles muss verpflichtend sein, denn es würde die Frauen viel Überwindung kosten, so etwas von sich aus zu wagen. Zumal sie von ihren Ehemännern, den Schwiegereltern und der Community auch an der Teilnahme gehindert werden würden. Sicher bekämen sie teilweise zu Hause von ihren Männern zu hören: Du bleibst jetzt hier und kümmerst Dich um die Kinder. Ich geh‘ mit meinen Kumpels in die Kneipe und rauche Shisha.

r&z: Die Männer haben ja vielleicht auch Angst, dass sich die Erneuerung gegen sie wenden könnte?
Z. R.: Ja, deshalb sollte es verpflichtend sein und nicht nur an die Harz IV-Leistung, sondern auch an die Aufenthaltserlaubnis gekoppelt werden. Wer keine Integrationsbemühungen zeigt und die Kurse nicht besucht, erhält auch keine Aufenthaltsgenehmigung.

r&z: Würden Sie auch Männern Integrationskurse vermitteln wollen?
Z. R.: Auf jeden Fall. Dies kann Männer unterstützen, sich in die Arbeitswelt zu integrieren. Und Männer sollen hier auch erfahren, dass wir tagtäglich um Gleichberechtigung kämpfen und keinen Rückschritt dulden. Dass sie, wenn sie ein Teil unserer Welt werden wollen, sich da einfügen müssen. Das können sie dann gleich üben, wenn es um die Umsetzung der Teilnahme geht. Oft kommt nämlich das Argument, die Frauen könnten leider nicht kommen, weil sonst niemand auf die Kinder aufpasst. Deshalb ist es optimal, die Kurse getrennt für Frauen und Männer stattfinden zu lassen. Vormittags können die Männer kommen, nachmittags die Frauen und währenddessen passen die Männer dann auf die Kinder auf ...

r&z: Da hat man dann gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, also Theorie und Praxis in einem!
Z. R.: Ja, weil die Frauen Probleme haben, das von ihren Männern zu fordern. Auch in westlichen Partnerschaften fällt es Frauen ja nicht ganz leicht, ihre Männer zu klassischer Frauenarbeit wie Wickeln, Kochen, etc. hinzuführen. Muslimische Frauen tun sich da noch schwerer. Es hört sich alles vielleicht sehr einfach an, nicht hochphilosophisch, aber manchmal ist das Einfache das Beste. Trotzdem ist es so schwer, so etwas Naheliegendes im großen Stil umzusetzen. Vielleicht ist es den Politikern zu einfach?

Mauern in der Politik

r&z: Haben Sie versucht, das in die Politik einzubringen? Sie sind ja aktiv in der CDU tätig?
Z. R.: Ich versuche schon sehr lange, dies einzubringen. Es ist immer das Gleiche. Zuerst bekomme ich das Feedback: Das ist ja echt ein guter Ansatz – ich kenne viele Politiker persönlich, auch von anderen Parteien, und die reden mir gut zu. Und dann kommt ein islamischer Verein daher und präsentiert ein Toleranzintegrationsprogramm und dann wird das gemacht, weil wir wollen ja alle tolerant und nicht rassistisch sein. Und da stehen wir dann nicht zu unseren Werten und Gesetzen. Das ist sehr schwierig.

r&z: Ist es vielleicht auch zu wenig bekannt, dass es mitten in Deutschland äußerst extremistische Auswüchse gibt, dass Prediger Hassreden auf die ungläubigen Deutschen halten und mitten in Deutschland zum Gottesstaat aufrufen und dass Vergewaltiger vor Scharia-Richtern in Deutschland sanfte Bußstrafen erhalten?
Z. R.: Nein, ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass die Regierenden diesen ganzen Dreck, der tagtäglich passiert, kennen. Es wird relativiert, ausgesessen, man beschäftigt sich als Politiker erst damit, wenn man unter Druck gerät. Da ist viel Angst. Wenn man die Route ändern würde, müsste man ja zugeben, dass man einen Fehler gemacht hat, so viel Geld den Falschen zu geben. Und Fehler zugeben ist für Politiker etwas ganz Schwieriges.

Begegnungen mit Frauen aus dem islamischen Kulturkreis

r&z: Sie haben in Ihrem Buch ja auch von Ihrer Mutter erzählt und ein Bild von ihr gezeichnet, das sie als eher sehr verhaftet in muslimischen Vorstellungen zeigt. Sie schien auch nur schwer damit klar gekommen zu sein, als Sie sich zunehmend an westlichen Wertvorstellungen orientiert haben. Dies spitzte sich so zu, dass Sie sogar Hals über Kopf aus Ihrem Zuhause fliehen mussten, damit Sie nicht zurück nach Mazedonien verfrachtet werden konnten. Haben Sie wieder Kontakt zu Ihrer Mutter?
Z. R.: Also ja, schon lange, ich habe von meiner Mutter erzählt, nicht um meine Traumata zu verarbeiten, sondern um anhand meines Beispiels die Integrationssituation deutlich zu machen. Wir haben mittlerweile eine gute Beziehung. Also aus westlicher Sicht würde man sagen: Oh Gott, das soll eine Beziehung sein? Ihr sprecht ja gar nicht miteinander! - Aber (lacht) nach unseren Maßstäben ist es so, je weniger man redet, desto weniger streitet man.

r&z: ... Das ist auch eine Einstellung ... Hat sich Ihre Mutter in der Zwischenzeit der westlichen Welt gegenüber etwas mehr geöffnet?
Z. R.: Sie hat sich schon sehr weiterentwickelt. Ich weiß von meiner Schwester, dass sie es immer verfolgt, wenn ich im Fernsehen bin und dass sie nicht mehr denkt, ich will sie oder ihre Werte verraten. Sie hat verstanden, dass es mir um eine politische Sichtweise geht und jetzt, wo ich schwanger bin, auch maßgeblich um die Rechte ihrer Enkelin. Ich will, dass meine Tochter später nicht unterdrückt leben muss.

r&z: Wie ist es, wenn Sie mit anderen muslimischen Frauen in Kontakt sind. Wenn biologisch deutsche Frauen auf streng muslimische Frauen treffen, hat man das Gefühl, man kommt gar nicht an die ran. Wie ist das bei Ihnen?
Z. R.: Nun bei mir läuft das unter ganz anderen Vorzeichen, weil ich aus dem gleichen Kulturkreis komme. Eine muslimische Frau – mit diesen Barrieren im Kopf – würde nie so mit einer Deutschen sprechen, wie sie mit mir spricht. Mich verachtet sie vielleicht, mich sieht sie als Hure oder findet, dass ich mich wie eine Schlampe benehme. Aber sie weiß ganz genau, dass ich ganz genau weiß, wie es in unserem Kulturkreis läuft und dass sie mir nicht irgendwelche Geschichten erzählen kann. Und das ist auch ein Grund dafür, dass sich diese Kopftuchlobbyistinnen mit mir in keine Talkshow setzen. Weil diese ganze Argumentation und vor allem auch diese Rassismus-Vorurteile bei mir nicht funktionieren.

r&z: Deswegen ist es auch so wichtig, dass Frauen wie Sie diese Positionen vertreten!
Z. R.: Mich bezeichnen sie als Nestbeschmutzerin, aber ich bin trotzdem eine von ihnen, und sie reden trotzdem mit mir anders. Sie fragen, warum ergreifst Du Partei für die anderen? Ich sage dann: Welche anderen meinst Du? Wir leben alle gemeinsam hier.

r&z: Diese Frauen scheinen Sie zu traditionellen Werten zurückholen zu wollen, aber haben Sie auch den Eindruck, dass Sie auch ein bisschen Vorbild für sie sein können?
Z. R.: Ich bekomme viel Post von Frauen mit islamischem Migrationshintergrund aus der Türkei, aus Albanien, Mazedonien, die genau das bestätigen. Nachrichten von Jüngeren, die schreiben, danke dass Du das machst. Hast Du einen Tipp für mich, wie ich mich aus den engen Vorgaben meiner Familie befreie? Ich sage dann, ich kann Dich nicht aus Deiner Familie befreien, das musst Du selbst machen, aber Du hast ganz viel Schutz in Deutschland. Ich gebe ihnen Adressen von Hilfsorganisationen wie Terre des Femmes, örtlichen Hilfsorganisationen, Behörden oder Jugendämtern und rate ihnen, dort anzurufen. Dort können sie sich eine persönliche, auch heimliche Beratung holen. Ich freue mich über jede Frau, der ich ein bisschen Mut geben kann, dafür mache ich das.

Zana Ramadani

Zana Ramadani wurde 1984 im ehemaligen Jugoslawien, heute Mazedonien, in eine muslimische Familie hineingeboren und auf muslimische Art in der Community sozialisiert. Schon als Kind hat sie alles hinterfragt, auch Allah. Sie konnte nicht verstehen, warum sie ständig bestraft wurde, obwohl sie gar nichts getan hatte, nur weil sie ein Mädchen war. Sie verstand nicht, warum dies mit Allah und der Religion begründet wurde. Mit sieben Jahren siedelte sie mit ihrer Familie nach Deutschland in ein kleines Dorf, in dessen Struktur sie sich gut aufgenommen gefühlt hat. Während ihr Vater gebildet und liberal war, vollzog die Mutter einen sehr konservativ-repressiven Erziehungsstil. Mit 18 Jahren floh Zana Ramadani in ein Frauenhaus, sie machte eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten. 2009 heiratete sie einen Deutschen, ließ sich 2014 aber wieder scheiden. Sie war eine Zeit lang Mitglied der feministischen Gruppe Femen, die mit provokativen Aktionen Aufsehen erregte. Ihre Kritik am Islam und falscher Integration brachte sie auch als Parteimitglied in die CDU ein. Weiterhin verbreitet sie ihre Standpunkte in ihrem Buch „Die verschleierte Gefahr. Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen“. Zum Zeitpunkt des Interviews war sie schwanger. Mittlerweile ist sie glückliche Mutter und ihre Eltern glückliche Großeltern.

Die Autorin

Angelika Fischer (M. A.), geb. 1969, Redakteurin bei raum&zeit, hat in München Neuere Deutsche Literaturwissenschaft studiert, ist Physiotherapeutin und Heilpraktikerin (Psychotherapie).

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