Das stille Sterben

Warum geben Bienen nach 40 Millionen Jahren auf?

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© M. Tilley

Plötzlich verschwinden die Bienen. Sie verlassen ihre Stöcke und sind nicht mehr auffindbar.Imker und Wissenschaftler stehen vor einem Rätsel und können nicht erklären, was mit den Bienen passiert ist.Welchen Einfluss hat der Mensch? #TAB#Suche nach den Ursac...
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Das stille Sterben
Von Melita Tilley, Nürnberg – raum&zeit Ausgabe 148/2007

Plötzlich verschwinden die Bienen. Sie verlassen ihre Stöcke und sind nicht mehr auffindbar.
Imker und Wissenschaftler stehen vor einem Rätsel und können nicht erklären, was mit den Bienen passiert ist.
Welchen Einfluss hat der Mensch?

Suche nach den Ursachen

Viele Völker, darunter der Stamm der Hopi-Indianer im Südwesten Amerikas, überlieferten durch Erzählungen, Gesänge und Rituale, wie ihre Vorfahren das Überleben großer Naturkatastrophen der Beobachtung von Tieren verdankten.
Heute ist die Menschheit über das gestörte Verhalten und Aussterben von immer mehr Tierarten alarmiert. Besonders das Thema „Bienensterben“ schlägt zurzeit weltweit hohe Wellen (siehe auch „Rettung der Bienen“, raum&zeit Nr. 124). Die Suche nach möglichen Ursachen ist in vollem Gange. Der Streit über die Ergebnisse, deren Veröffentlichung nicht selten durch wirtschaftliche Interessen erschwert wird, auch. Warum kollabiert die Art der Honigbiene, die durch ihre Anpassung über 40 Millionen Jahre auf der Erde zu überleben vermochte – der Mensch dagegen erst 10 Millionen Jahre – gerade jetzt?
In Deutschland sterben seit einigen Jahren überdurchschnittlich viele Bienenvölker, in den USA findet derzeit ein dramatisches Massensterben statt. Wo liegt die Ursache? Liegt es an der Varroa Milbe oder an den Pestiziden? Einige machen die Monokulturen oder die Gentechnik in der Landwirtschaft für das Sterben der Bienen verantwortlich. Auch Mobilfunk rückt verstärkt in den Mittelpunkt der Diskussion.

Bienensterben in Nordafrika

In Tunesien stieß ich im Winter 2006/07 auf zwei entgegensetzte Phänomene: Drastisches Bienensterben auf einer 100 Hektar großen Farm mit domestizierten Bienen auf der einen, und gesunde Völker von Wildbienen auf einem 400 ha umfassenden Anwesen mit biologischem Oliven-Anbau, auf der anderen Seite.
In diesem Bericht sollen unter anderem die unterschiedlichen Ergebnisse aus den zwei Apikulturen zur Diskussion gestellt werden, ist doch unsere einheimische Biene, die Apis mellifica, ursprünglich aus Marokko und Tunesien über Spanien und Sizilien nach Europa eingewandert.
Unweit von Tunis erzählte ein kräuterkundiger alter Herr mit Besorgnis vom Sterben der Bienen. Viele Menschen in Tunesien würden dabei nur an den kostbaren und sehr teuren Honig denken, nicht aber an die Bestäubung ihrer Obstbäume und des Gemüses. Er sah die Ursache für das Bienensterben darin, dass immer mehr fruchtbare Flächen, wo früher Oliven-, Orangen-, Zitronen-, Granatapfel- und Mandelbäume wuchsen, nun zugebaut waren. Große grüne Landstriche im Norden (im Süden des Landes erstreckt sich die Wüste) mussten dem Bau von neuen Häusern und Hotels weichen. In den verbliebenen Gärten wachsen – wie bei uns in Europa – oft Ziersträucher, die weder Bienen noch Schmetterlingen Nahrung bieten. Wurden früher die Obstbäume gegen den Parasitenbefall mit natürlichem Kalk oder mit Kohle behandelt, werden sie jetzt größtenteils mit Chemikalien gespritzt, erklärte er.
Hinzu käme, dass sich die meisten Landwirte in Tunesien erst gar nicht die Mühe machten, die Gebrauchsanweisung zu lesen. Je mehr, desto besser – so die Devise. Neuerdings sei die Tropfen-Bewässerung weit verbreitet. Kilometerlange, gleichmäßig perforierte Gummi-Schläuche werden durch die Agrokulturen geleitet. Dem Wasser werden Pestizide und chemische Düngemittel bereits beigemischt. Während solch „aufbereitetes“ Wasser durch die Schläuche gejagt wird, erfolgt die Bewässerung der Pflanzen tropfenweise ohne unterwegs in der Hitze zu verdunsten. Alles in allem sehr praktisch und effizient. Doch Vögel und Insekten, darunter auch Bienen, aber sicher auch Käfer, Mäuse, Ratten und andere Tiere, trinken davon. Die Zahl der Vögel hat in den letzten Jahren jedenfalls auch deutlich abgenommen.

Plötzliches Sterben

Die Farm von Anni und Ezzedine Attia liegt inmitten eines landwirtschaftlichen Gebiets auf der Halbinsel Cap Bon, südlich von Tunis. Die Halbinsel, deren Landspitze etwa 140 km von Sizilien entfernt ist, war schon zu Zeiten Karthagos für ihre Fruchtbarkeit berühmt. Dort treffe ich auf die Familie Attia inmitten ihres Gartens Eden. Anni ist Deutsche und stammt aus dem Allgäu. Ezzedine ist Tunesier. Er hat in Kaufbeuren die Bienenzucht gelernt, bevor er 1982 mit seiner Frau nach Tunesien übersiedelte.Im Inneren der Halbinsel pflanzte Ezzedine auf 100 Hektar Fläche (die
er zuerst roden musste) 165 000 Eukalyptus Bäume. Er wählte 160 Sorten so aus, dass zwischen Frühjahr und Spätherbst stets eine Art in Blüte steht. Zwischen den Bäumen wachsen Rosmarin und Thymian sowie eine Vielfalt wilder Blumen, die von Bienen und Schmetterlingen angeflogen werden.
Mit 500 Bienenvölkern erwirtschaftete er bis vor kurzem einen durchschnittlichen Ertrag von elf Tonnen Honig pro Jahr. Seine Wirtschaftsgebäude sind vorbildlich organisiert. Über die Blüte der Bäume und Pflanzen, über den Flug der Bienen, führt er auf einer Tabelle genauestens Buch. Für die maschinell vormodelierten Waben nimmt er das Wachs seiner eigenen Bienen. Das Ökosystem scheint intakt zu sein und bis vor einigen Jahren ging auch alles gut.
Die Varroa Milbe sorgt auch hier immer wieder für schwankende Verluste. Ezzedine teilt mit den deutschen Imkern die Meinung, dass sie zwar die Bienen schwäche und ihre Immunabwehr gegen andere Krankheiten wie Viren- und Pilzbefall beeinträchtige; jedoch könne die Varroa Milbe bisher mit ameisensäure- und pyrethroidhaltigen Präparaten unter Kontrolle gehalten werden. Dass die Bienen zusätzlich oft mit Antibiotika behandelt werden müssen, könnte allerdings mit der Zeit ihr Immunsystem schwächen.
Jedenfalls stehen heute 400 seiner selbstgebauten Bienenstöcke leer: Das Sterben der Völker ist nicht aufzuhalten. 2006 betrug die Ernte nur noch zwei Tonnen Honig statt der früheren elf!
Ezzedine, der die Bienenzucht mit wissenschaftlicher Akribie betreibt und für seine Pionierarbeit in Tunesien von Sidi Zine Abedine Ben Ali, dem Präsidenten der Republik, höchstpersönlich mit einer Verdienstmedaille dekoriert wurde, steht vor dem AUS.

Die Varroa-Milbe nistet sich in die Bienen ein – sogar in die Larven.

Wildbienen auf einer Biofarm

Die 400 Hektar große Bio-Olivenfarm von Viktoria und Lassad Hassouna befindet sich im nördlichen Teil des Landes, südwestlich von Zaghouan, einem Ausläufer des Atlasgebirges. Das Areal mit den bisher 32 000 Olivenbäumen grenzt an einen Wald mit Aleppo Kiefern. Dazwischen erstrecken sich Flächen mit Rosmarinsträuchern, Wildkräutern und Blumen in allen Farben.
Viktoria und Lassad überlassen ihre Bienen den Naturgesetzen. Die „Bienenhaltung“ erinnert hier an die Zeidlerei (das gewerbsmäßige Sammeln des Honigs wilder oder halbwilder Bienenvölker) in Deutschland im frühen 16. Jahrhundert. Auf der Böschung entlang eines Bachbettes liegen – in Abständen von je zwei und zwei – gut ein Meter lange Röhren von etwa 30 Zentimeter Durchmesser. Sie sind aus einem Geflecht von Oleanderzweigen gefertigt und innen mit Lehm abgedichtet. Die vordere und hintere Öffnung ist mit je einer runden Scheibe aus geflochtenem Stroh verdeckt (sieheFotos). Die mit langen Gräsern umwickelten Röhren passen sich dank ihrer „Tarnung“ ideal der Umgebung an. Die Bienenvölker, die sich in diesen Röhren aus Zweigen, Lehm und Stroh ansiedeln, werden vom Menschen in keiner Weise gestört oder gesteuert, sie müssen aus eigener Kraft überleben. Dazu gehört auch, dass im Winter nicht zugefüttert wird: Sie ernähren sich von ihrem eigenen Honig. Statt 11 Kilo Honig entnimmt Lassad pro Stock nur zwei Kilogramm für Freunde und die eigene Familie. Die Hauptaufgabe „seiner“ Bienen liegt in der Bestäubung der Olivenbäume, deren Bepflanzung bis 2010 die Zahl 100 000 erreichen soll.
Seine Bienen vermehren sich auf natürliche Art und Weise. Sie dürfen ausschwärmen, wann und wie es ihnen passt und sie werden nicht ihrer natürlichen Produkte, wie Propolis, Honig, Gelee Royal, Blütenpollen und Wachs, beraubt. Da sie sich ihre Waben selbst bauen müssen, haben sie eine größere Selektion an Drohnen. Die Königin kann sich die Stärksten unter ihnen aussuchen. Den Bienen bleiben somit alle für ihre Nahrung und ihr Immunsystem wichtige Substanzen erhalten. Sie werden nicht gezwungen, mit Ersatzstoffen und Medikamenten wie Antibiotika und anderen zu überleben. Das ist auch nicht nötig, da sie weder am Befall mit der Varroa Milbe noch sonstigen Krankheiten leiden. Jedes Frühjahr schwärmen sie aus und bauen neue Völker in den für sie bereit gestellten Röhren aus Naturmaterialien auf.
Der alte Spruch der Homöopathen, wo das Milieu stimmt, hat die Krankheit keine Chance, scheint auch hier seine Richtigkeit zu haben.
Doch gibt es inzwischen kaum noch Wildbienen bei uns. Vielleicht sollte man in der Apikultur ein Experiment wagen: Kann man das angeschlagene Immunsystem der Bienen stärken, indem man ihnen die Zeit zur Selbstheilung, zur Reorganisation lässt und vorübergehend die Ausbeute ihrer Produkte auf ein Minimum beschränkt?

Zwei Bienenröhren – eine mit und die andere ohne Deckelverschluss

Domestizierte Bienenvölker heute

In der domestizierten Imkerei versucht man, sowohl das Schwärmen zu verhindern, wie durch vorgegebene künstliche Waben auch die Anzahl der Drohnen stark zu reduzieren oder ganz zu unterbinden.
Ihrer natürlichen, mit wertvollen Enzymen, Vitaminen, Mineralien und natürlichen Antibiotika angereicherten Produkte beraubt, werden die Bienen über den Winter mit Ersatzstoffen und Medikamenten am Leben gehalten. (Siehe Abschnitt „Medizin von Bienen“ weiter unten) Das für uns Menschen zu Heilzwecken benötigte Bienengift wird ihnen seit einigen Jahren durch Elektrostimulation entzogen, die sie – im Gegensatz zu früheren Methoden – überleben. Und immer öfter werden sie von den Imkern gezwungen, den Stress mit der künstlichen Befruchtung und Verschickung per Post auf sich zu nehmen. Trotz einer immer größeren Ausbeute ihrer Stöcke durch den Menschen versucht die Biene alles, um die Brutpflege aufrecht zu erhalten.
Es ist verständlich, dass der Imker für seine Arbeit und das Geld, das er in die Bienenhaltung investiert, einen Gewinn erwartet. Bisher funktionierte das ja auch mehr oder weniger. Die meisten Imker hierzulande sehen in ihrer Arbeit aber eher ein Hobby mit Zubrot, denn reich wird man dabei wirklich nicht.
Unbestritten bleibt: Dass die friedliche Symbiose zwischen dem Imker und seinen Bienen aus dem Gleichgewicht geraten ist, bedeutet Alarm für das Überleben aller Lebewesen. Wir Menschen sind nur das Endglied in einer langen Nahrungskette.

Historischer Überblick

Die Nutzung der Bienen durch den Menschen kann aufgrund einer Felszeichnung im spanischen Valencia auf etwa 12 000 Jahre zurück datiert werden. Die Beschäftigung mit Bienen und ihren Produkten verbreitete sich von Mesopotamien über das Alte Ägypten und Griechenland nach Rom. Von den Ägyptern und Babyloniern, Persern, Griechen und Römern, Kelten und Germanen wurden die Bienenprodukte wie Honig und Propolis als Tee, Salben, Asche aus verbrannten Bienen (bei Haarausfall), oder Honigkuren bei Augenkrankheiten, Magenverstimmung, Gallenerkrankungen, Menstruationsstörungen, Zahnschmerzen und natürlich auch zur Desinfektion und Heilung von Wunden bereits damals hergenommen. Sowohl bei den Germanen wie etwas später bei den Slawen stand Met, ein Getränk aus vergorenem Honig, hoch im Kurs.
Die alten Ägypter verehrten die Biene als heiliges Tier. Davon zeugt unter anderem in alten Papyri die Hieroglyphe für das Wort „König“, das eine stilisierte Biene darstellt. Dringt eine Maus oder eine Ratte in einen Bienenstock ein, wird sie von den Arbeiterinnen zwar schnell durch Stiche getötet, kann wegen ihrer Größe und Gewicht aber nicht aus dem Stock abtransportiert werden. Die Bienen schützen sich vor Sepsis, indem sie den Kadaver mit Propolis, dem Kittharz, überziehen. Das Propolis mit ihren antiseptischen und regenerativen Eigenschaften und Bienenwachs wurden auch von den Alten Ägyptern zur Mumifizierung ihrer toten Könige und Priester verwendet. Honig als Grabbeigabe galt als äußerst kostbar, entsprach ein Topf Honigs damals etwa dem Wert eines ausgewachsenen Ochsen!
In Griechenland standen sowohl die Bienen wie der Honig unter dem Schutz der Göttin Demeter. Ihre Priesterinnen wurden „Melissai“ genannt, die Bienen. Von den Spartanern weiß man, dass sie bedeutende Tote in Honig konserviert begruben. Die Leiche Alexanders des Großen wurde von Asien nach Griechenland in einem Sarg mit Honig transportiert.
(Quellen: Potschinkova, Pavlina: „Bienenprodukte in der Medizin“, Ehrenwirth Verlag: München 1992 oder „Apitherapie“: Ehrenwirth Verlag 1999 (dasselbe Buch, 2. Auflage))

Medizin von den Bienen

Zu den Bienenprodukten mit Nähr- und Heilwert zählen der Honig, der Pollen und der Weiselfuttersaft. Neben Kohlenhydraten, Fetten, Eiweißen und Mineralsalzen liegt ihr biologischer Wert vor allem in ihrem Reichtum an Vitalstoffen: Vitaminen, Enzymen, Aminosäuren, Hormonen, Antibiotika u. a.
Seit geraumer Zeit widmen immer mehr Wissenschaftliche Institute, Fakultäten und Kliniken ihre Forschung den Bienen und ihren Produkten, darunter in Gießen, London, Moskau, Bure-Surlvette (Frankreich), Sofia (Bulgarien) und New York.
Honig, Propolis und Weiselfuttersaft finden Anwendung in der Prophylaxe und Therapie von Hautkrankheiten, schwer heilbaren Wunden, Verbrennungen und anderen Hauterscheinungen.
Außerdem in der Therapie von Herz-, Lungen-, Magen-, Darmund Lebererkrankungen, in der Gynäkologie und Urologie, in der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, bei degenerativen Gelenkerkrankungen mit Entzündungscharakter, in der Zahnheilkunde, in der Geriatrie und in der Prävention und Behandlung von radioaktiven Strahlungsschäden. Versuche an Tieren und Menschen haben gezeigt, dass die Einnahme einer Kombination von Honig und Propolis vor Strahlenschäden schützt und einer damit einhergehenden Verschlechterung der Blutwerte vorbeugt.
Bienengift und Bienenwachs können in der Medizin und Kosmetik ebenfalls vielseitig genutzt werden. Bienengift besitzt entgiftende, schmerzstillende, entzündungs- und blutgerinnungshemmende sowie allgemein stimulierende Eigenschaften. Daher wird es bei Erkrankungen des Bewegungsapparates (Arthrosen), des zentralen Nervensystems, bei infektiösen Leberleiden und Tumoren eingesetzt.
Bienenwachs findet sich in Salben und Cremes zur Behandlung von kleinen Einrissen der Haut der Brustdrüsen, rissigen Fersen, etc. Als „Kaugummi“ wirkt es Entzündungsprozessen in der Mundhöhle und des Zahnfleisches entgegen. Die Wärmebehandlung mit „Wachspflastern“ hilft bei Erkältungen und Entzündungen der Muskeln und Nerven, bei Sehnenscheidentzündungen und anderen Erkrankungen der Gelenke. Man nimmt an, dass Bienenwachs die Eigenschaft besitzt, Abfallprodukte – wie Toxine – der Haut zu entziehen. Fest steht: es verbessert die Elastizität der Haut und verleiht ihr ein frisches Aussehen.
Bei Hippokrates galt ein Honiggetränk mit Essig als Fieber senkend und Blut verdünnend. Der berühmte Arzt Asklepiades wandte den Honig gegen Depressionen und Melancholie an.
Doch erst seit Marcus Terentius Varro (116–27 v. Chr.) in seinem Werk „De Rerum Rusticarum“ einen großen Teil der Bienenzucht widmete, gehören Landwirtschaft und Bienenzucht zusammen.
Die Römer setzten Honig auch häufig bei Vergiftungen als erfolgreiches Gegengift ein. Heute weiß man, dass der hohe Glucosegehalt im Honig die Entgiftungsfunktion der Leber unterstützt.
(Quelle: Potschinkova, Pavlina: „Bienenprodukte in der Medizin“, Ehrenwirth Verlag: München 1992 und „Apitherapie“: Ehrenwirth Verlag 1999
Neuhold, Manfred: „Die Hausapotheke”, Leopold Stocker Verlag: Graz-Stuttgart: 2006)

Propolis

Der Kollaps der Bienenvölker

In Imkerkreisen nimmt man an, dass das Verschwinden der Bienen auf einer Summe von Faktoren beruhen müsse. In Deutschland sind bereits 30 Prozent der Insekten gestorben, Tendenz rapide steigend, vor allem in Südbaden (50 Prozent).
In den USA, vor allem in den Nordstaaten und Kanada, aber auch in Texas und an der Ost- und Westküste Amerikas hat das Bienensterben dramatische Ausmaße angenommen, hier sollen zwischen 60 und 80 Prozent der Bienenvölker ihre Brut verlassen haben und nicht in ihre Stöcke zurückgekehrt sein. Da in den USA die Bienenzucht schon lange industriell betrieben wird, verwundert der hohe Prozentsatz nicht weiter. Damit die Bienen möglichst viel Obst und Gemüse bestäuben, werden sie von Imkerei-Firmen in riesigen Tiefkühl-Trucks zu den Obstplantagen im ganzen Land gekarrt. Um Krankheiten vorzubeugen, werden die Bienen in vielen Fällen auch mit Antibiotika behandelt und erhalten künstliche Nahrungsergänzungsmittel.
Nach anfänglich schnellem Gewinn folgen dort besonders drastische Verluste. So bewegen sich die wirtschaftlichen Verluste in Milliardenhöhe. Die Cornell Universität schätzt den für die amerikanische Landwirtschaft von Bienen erwirtschafteten Wert (durch Bestäubung) auf mehr als 14 Milliarden Dollar.
Vielleicht wird sich das Problem notgedrungen ganz von alleine regulieren. Wäre es möglich, dass die Bienenvölker instinktiv dem, was sie krank macht, entfliehen: ihren Zuchtstöcken und den Menschen, um sich einen Platz in der freien Natur zu suchen, wo sie sich regenerieren oder – wenn sie keine intakte Natur vorfinden – sterben können?
Millionen Bienen sind einfach verschwunden. In ihren Stöcken finden die Imker meist nur noch die dem Tod geweihte Brut. Doch tote Bienen sind nirgends zu finden. Bei den wenigen überlebenden Bienen lassen sich jedoch oftmals nahezu alle bekannten Bienenviren auf einmal nachweisen – für die Experten ein Hinweis, dass das Immunsystem zusammengebrochen sein könnte.
In Imkerkreisen wird unter anderem gerätselt, warum die Invasion der Wachsmotten, die sich normalerweise sofort über einen verlassenen Stock hermacht, neuerdings erst nach etwa 14 Tagen erfolgt. Einige Imker vermuten, dass „etwas Giftiges in den Kolonien ist, das die anderen fernhält.“ 1
Dieses rätselhafte Phänomen wird nun das „Colony Collapse Disorder“ genannt, kurz CCD. Es ist umso bedenklicher als alle Aktivität der Bienen im Verlauf ihres kurzen Lebens (eine Sommerbiene lebt 6–8 Wochen, eine Winterbiene etwa 6 Monate) einzig der Brutpflege gilt, die sie nun aufgibt.
Die Anpassungsfähigkeit der Bienen an eine veränderte Umwelt reicht sogar bis in den Weltraum, wo man ihre beispiellos präzise und komplexe Arbeitsorganisation unter Schwerelosigkeit getestet hat. Auch dort bauten sie nach kurzer Umorientierung die nötigen Strukturen auf, um die Königin und den Nachwuchs zu versorgen, Luftventilation und konstante Temperatur von 34° bis 35° C zu gewährleisten und das Leben des Volkes zu sichern.
Umso mehr verwundert die Aussage von May Berenbaum, Insektenkundlerin an der University of Illinois, die Biene würde über keine besonders gute genetische Ausstattung verfügen, um Giften oder Krankheiten zu widerstehen. Kann man mit einem „schwachen Gen“ tatsächlich 40 Millionen Jahre als Spezies überleben?
Das Verschwinden der Bienen bedeutet nicht nur den Verlust von Honig und der Bestäubung der Pflanzen: Ein Drittel unserer Nahrung hängt von einer erfolgreichen Bestäubung durch Insekten ab. Zwischen 80 und 90 Prozent des Obstes und Gemüse wie Brokkoli, Paprika, Sellerie, Gurken und Kürbisse werden von Zuchtbienen bestäubt. Dazu gehört auch Viehfutter wie Klee und das in den USA vielfach angebaute Alfalfa.2

Wenn es den Bienen gut geht, sammeln sie Pollen.

Mögliche Ursachen für das Sterben der Bienenvölker

Der Bienenforscher und Soziobiologe Jürgen Tautz vom Biozentrum der Universität Würzburg spricht vom wachsenden Stress für die Bienen, der sie in den letzten zehn Jahren immer mehr schwächte. Dazu gehören unter anderem die Monokulturen, die Flurbereinigungen und eine Forstwirtschaft, die jeden hohlen Baumstumpf aus dem Wald entfernen würde, in dem die wilden Schwärme sich einst ansiedelten. Auch die intensive Bienenzucht und der damit verbundene Verlust genetischer Vielfalt unter den Insekten sind seiner Ansicht nach eine der Hauptursachen des Bienensterbens.

Pestizide sind vermutlich ein Grund für das Bienensterben.

Pestizide

Die Komplexität möglicher Ursachen sorgt für Verunsicherung und Spekulationen auf der Seite der Imker und Landwirte und für eine heftige Gegenwehr auf der Seite der Chemiekonzerne wie BASF, Syngenta von DuPont, DowAgrar, vor allem aber der Giganten Bayer und Monsanto. Allein in Deutschland werden jährlich in derLandwirtschaft 30 000 Tonnen Pestizide eingesetzt.
In Europa machen Imkerverbände die Wirkstoffe Imidacloprid, Thiaclopid und Clothianidin für den Kollaps Hunderttausender von Bienenvölkern verantwortlich. Imidachloprid wird von der Firma Bayer in Leverkusen hergestellt und hierzulande unter den Namen Gaucho und Chinook vorwiegend im Anbau von Mais, Raps, Zuckerrüben, Gemüse und Obst verwendet.
Das Comité Scientifique et Technique (CST) in Frankreich stellte dagegen fest, dass die Verwendung von Gaucho für den Tod Hundertausender Bienenvölker mitverantwortlich ist. Die Substanzen Fipronil und Imidachloprid wurden daher im April 2004 in Frankreich verboten. In Deutschland dagegen brachten die Untersuchungen keinerlei bedenkliche Ergebnisse. Seitdem jedoch bekannt wurde, dass die Forschungs-Institute von den Chemie-Konzernen finanziell unterstützt werden, sind diese Ergebnisse nicht überraschend.
Nach einem Treffen und Informationsaustausch mit dem CST sollen nun auch die deutschen Imkerverbände bereit sein, ihre Forschungsergebnisse zu überdenken. Die Diskussion mit ihren Kollegen von CST ergab, dass die von ihnen in Auftrag gegebenen Studien formale Fehler enthielten.

Genmanipulation in der Landwirtschaft

Bei den synthetischen Toxinen im Saatgut könnten die von den genmanipulierten Pflanzen neu entwickelten und noch unerforschten Eiweiße eine große Rolle spielen. Sie finden vor allem im Anbau von Mais, Zuckerrüben und Raps Anwendung. Imker füttern die Bienen im Winter mit Fruktose, die auch von solchen Pflanzen stammen kann.
Testfütterungen von Ratten mit MON863, einer für die Tierfütterung und den menschlichen Verzehr zugelassenen genmanipulierten Maissorte, hat alarmierende Ergebnisse zutage gefördert. Die Forschergruppe Commitee for Independent Research and Genetic Engineering (GRIRGEN) fand heraus, dass es nach Fütterungsversuchen bei Ratten zu Leber- und Nierenschädigungen, sowie Gewichtsveränderungen der Tiere gekommen war. Dabei ist der in Kanada und den USA produzierte Gen-Mais schon seit 2006 in der EU für den Import zugelassen!3 Andere Studien mit Pestiziden und gentechnisch verändertem Saatgut hätten ergeben, dass Insekten wie Fruchtfliegen nach dem Verzehr starben, während größere Tiere wie Ratten und Mäuse krank wurden. Bei ihrem Nachwuchs habe man eine Rückbildung innerer Organe wie Lunge und Leber festgestellt, die ihre Lebenserwartung und Fortpflanzungsfähigkeit reduzierten.
Bei einem Forschungsprojekt der Universität Jena wurden die Bienen mit genmanipuliertem Bt-Mais gefüttert. Als diese Bienen dann zufällig von einem Parasiten befallen wurden, stellten die Wissenschaftler eine „signifikant stärkere Abnahme der Zahl an Bienen“ fest. Die Forscher vermuten, dass das Bakteriengift im Gen-Mais „die Darmoberfläche der Bienen verändert und die Bienen dadurch so geschwächt habe, dass der Weg der Parasiten frei war.“ Gerne hätten sie weiter nach den Ursachen geforscht, doch mangelte es an der Finanzierung.

Nicht mehr alltäglich: ein Bienenstock voller gesunder Bienen

Elektrosmog

Antennen sind zwar örtlich begrenzt, die elektromagnetische Strahlung, die unterschiedlichen Frequenzen in unserer Atmosphäre, jedoch kaum. Auch können wir nur das messen, was uns allgemein bekannt ist. Über die weltweiten Versuche der Militärs mit neuen Technologien, die sich auf dem Gebiet von Sonar-, Micro- und elektromagnetischen Wellen sowie den von uns nicht unmittelbar wahrnehmbaren Frequenzen bewegen, werden wir nicht in Kenntnis gesetzt. Spielen doch nicht nur die Bienen verrückt, auch Wale und Delphine fallen immer öfter der Orientierungslosigkeit zum Opfer. Von den Bienen wissen wir, dass sich ihr Raum- und Zeitgefühl nach dem Licht der Sonne und dem Magnetfeld der Erde richtet.
Hermann Stever und Jochen Kuhn von der Arbeitsgruppe Bildungsinformatik der Universität Koblenz-Landau haben 2005 in einer Studie herausgefunden, dass sich unter elektromagnetischer Strahlung von DECT-Basis-Stationen das Verhalten der Bienen verändert. Die Bienen so bestrahlter Völker kehrten wesentlich seltener zum Stock zurück, und diejenigen, die zurückfanden, brauchten um einiges länger dazu.
Bienen teilen interessante Futterplätze über zwei Tänze mit: Den Rundtanz (Information über Nahrung in der Nähe) und den weitaus komplizierteren Achtertanz, bei dem sie gleichzeitig mit den Bewegungen auch Laute von sich geben. So können auch die im Stock weiter entfernten Arbeiterinnen über die Frequenz der Lautschwingungen die Informationen aufnehmen. Diese Frequenz bewegt sich zwischen 200 und 300 Hz. GSM-Handys, die ihre Information gepulst ausstrahlen, müssen laut Wissenschaftlern neben den reinen Sendefrequenzen von etwa 900 MHz beziehungsweise 1800 MHz auch die Pulsfrequenz von 217 Hz berücksichtigen. Dies könnte den Tanzbereich der Bienen resonant erregen und entsprechend beeinflussen.4
Und was wissen wir bisher darüber, ob und wie die zahlreichen Atomtests über und unter der Meeres- und Erdoberfläche unser Erdmagnetfeld beeinflussen? Oder der Ausbruch von Vulkanen, die Verschiebung von Erdplatten, die Ausbeutung von Rohstoffen wie diversen Metallen und Erdöl? Welche Frequenzen gehen von den Satelliten im Weltall aus? Welche von der Radar- und Antiradar-Technologie oder gar des geplanten Raketenabwehrprogramms, das von den Amerikanern getestet wird? Von diversen Versuchen in der Tiefe der Ozeane ganz zu schweigen.
Fragen, Vermutungen, Theorien: Die Hoffnung auf eine zuverlässige Antwort setzt eine global vernetzte und ehrliche Forschungsarbeit voraus, sowie eine ungehinderte Publikation der Ergebnisse.

Wenn Sonar- und elektromagnetische Wellen zur tödlichen Desorientierung von Walen führen, welche Auswirkungen haben Sie dann auf die Bienen?

Fußnoten

1 Gunther Lasch: „Aids im Bienenstock“, Der Spiegel, 12/2007
2 SZ vom 13.3.2007
3 http://www.flegel-g.de/bienensterben.html
4 Florian Rötzer: „TELEPOLIS“, 16.4.2007 unter: http://www.heise.de

Die Autorin

Melita Tilley, Übersetzerin und Dolmetscherin. Publikationen auf dem Gebiet der Alternativen Heilmittel und -methoden. Auch Gebräuche, Tradition und Kultur anderer Völker sind Teil ihres breit gefächerten Interessengebietes.

Copyright der Fotos dieses Artikels: M. Tilley

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