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raum&zeit Ausgabe 204

November/Dezember 2016

Papst Franziskus
Der Schatten seiner Heiligkeit

Praxisnachweis Telekinese
Kraft der Gedanken

Gesund und ökologisch kochen
Töpfe und Pfannen im Vergleich

Überraschende Erkenntnis
Bornavirus verursacht Depression

Erleuchtung heute
Zwischen Alltag und Mythos

 

Das Inhaltsverzeichnis der raum&zeit Ausgabe 204 finden Sie hier

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Editorial: Heiligenschein oder heiliger Schein?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Erinnern Sie sich noch an all die Hoffnungen und Erwartungen, die mit der Wahl von Barack Obama als erstem afroamerikanischen US-Präsidenten seit dem Beginn seiner Präsidentschaft am 20. Januar 2009 verbunden waren? Schließung von Guantánamo, Krankenversicherung für alle, weltweite Abschaffung von Atomwaffen, Eindämmung der Staatsschulden (Rüstungsausgaben), Klimaschutz und Energiewende, Entspannung im Israel- Palästina-Konflikt und vieles mehr. Für all diese hehren Pläne bekam Heilsbringer Obama noch im selben Jahr gleich mal den Friedensnobelpreis verliehen. Das war eigentlich schon der Moment, in dem ich das erste Mal stutzig wurde. Ist uns mit Barack Obama vielleicht einfach nur ein Hoffnungsträger präsentiert worden, der die zutiefst menschlichen Wünsche nach Frieden, Gleichberechtigung und Sicherheit emotional bedienen sollte? Blicke ich jetzt auf die Entwicklung, die die USA in der Amtszeit Obamas nahm, wache ich ziemlich verkatert aus einem Traum voller Illusionen auf.

Wird es uns mit Papst Franziskus genauso ergehen? Ist er vielleicht nur ein Produkt aus der PR-Schmiede des katholischen Klerus, der inzwischen kapiert hat, dass der katholischen Kirche die Schäfchen weiterhin in Scharen davon laufen werden, wenn sie nicht endlich einen Hirten an ihre Spitze stellen, dem die Menschen wieder Vertrauen entgegen bringen? Das Bedürfnis nach guten Vorbildern, die auch authentisch vorleben, was sie verkünden, ist größer denn je. Doch wird Seine Heiligkeit den hohen Erwartungen gerecht? Prof. Hubertus Mynarek analysiert in seinem Zweiteiler „Franziskus – Revolutionär, Reformer oder Populist?“ schonungslos die Aussagen, Motive und Handlungen des neuen „Wohlfühl“-Papstes. Heiligenschein oder doch nur heiliger Schein?

Die Suche nach Vorbildern und der Wunsch nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft treibt heute auch viele junge Menschen in die Arme des Islamischen Staates, dem es offenbar gelingt menschliche Grundbedürfnisse einer immer größer werdenden Zahl orientierungsloser Jugendlicher für sich zu operationalisieren. Als aufgeklärter Mensch unserer Zeit stehe ich fassungslos vor dieser Entwicklung, die ich einfach nicht begreifen kann. Wie erst muss es den Eltern ergehen, die ihr Kind an den Dschihad verlieren? Doch was kann unsere Gesellschaft dafür tun, dass es radikalen Gruppierungen nicht gelingt, immer noch mehr junge Menschen zu verführen und für ihre verdrehten Ideen zu opfern? In Österreich ist die Keimzelle einer neuen Organisation verortet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, allerorten die Mütter zu schulen, Radikalisierungstendenzen bei ihren Kindern rechtzeitig zu erkennen und ihre Kinder vor den Fängen des IS zu bewahren. Lesen Sie dazu „Faszination IS. Mütter vernetzen sich für den Frieden“ von Doris Neubauer. Ein Artikel, der der Fassungslosigkeit konkrete Hilfen entgegen stellt.

Im Außen zu suchen, was wir uns zutiefst wünschen, ist menschlich. Ob wir dort fündig werden, bleibt offen. Wenn wir uns jedoch auf uns selbst besinnen und nach innen schauen, dann kommen wir dem, was wir suchen eventuell viel näher. In „Mythos Erleuchtung. Wenn da keiner mehr ist, der es genießen könnte“ geht Thomas Schmelzer den Fragen nach: „Was ist Erleuchtung überhaupt? Woran erkenne ich einen Erleuchteten? Was sagen spirituelle Lehren darüber und was berichten spirituelle Lehrer heute über ihre Erleuchtungserfahrungen? Wie verändern Erleuchtungserfahrungen das weitere Leben und das Sein des Menschen?“

Brauchen wir denn überhaupt einen Guru und müssen wir einem speziellen spirituellen Lehrer folgen, um Erleuchtung zu erfahren? Oder sollen wir besser unserer inneren Stimme folgen, um unseren ganz persönlichen, eigenen Weg zu finden? Und kann ich nicht auch ohne Streben nach Erleuchtung ein glückliches, erfülltes Sein erfahren? Wie immer ihr persönlicher Weg ist – ich wünsche Ihnen viele helle, lichtvolle Stunden, Tage, Wochen …

Herzlichst
Ihre

Susanne Ehlers

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