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Das Erstarken der alten Macht

raum&zeit-Kolumne von Manfred Jelinski

Es hat durchaus etwas von einem monumentalen Sittengemälde, Titel: „Das Wiedererstarken der alten Mächte“. Kommt ein wenig herüber wie aus diesen neuen Fantasy-Epen entnommen, wobei man aufpassen muss, dass man die Parteien nicht in Gut und Böse einteilt, oder auch nur in schwarz und weiß.
Die Geschichte und die Evolution selbst kann mit diesen Begriffen nichts anfangen. Beim Schach ist Schwarz sogar am Anfang unterlegen, weil es nicht zuerst ziehen darf. Da ist Weiß der Angreifer.
Natürlich nimmt aber jeder, der sich einen emotionalen Vorteil verschaffen will, eine Farbe als Helferchen oder Leitmotiv.
Neuerdings ist Weiß, trotz aller hollywoodschen Bemühungen, im Nachteil. Weiß ist hilflos, sieht man doch.
Es kennzeichnet die derzeitige Situation sehr treffend, dass Rot wieder ganz vorn ist. Wobei man sich die Augen reibt: war rot nicht einmal die Signalfarbe der Unterdrückten, der Arbeiter, die ihr Blut für die Mächtigen gaben?
Und nun andersherum. Spätestens bei den Demonstrationen für Erdogan wird klar: Alte Zuordnungen funktionieren nicht mehr.
Und genauer besehen, sind diese Verknüpfungen überall gekapert – hijacked, wie man neudeutsch sagt. Rot ist Blut, und Blut ist das Leben. Vielleicht steht diese Farbe immer im Vordergrund, wenn es politisch unruhig wird. Putin ist fein raus. Er kann nichts dafür, dass rot die russische Welt repräsentiert. Er hat die Farbe nur übernommen.
Schwarz ist nur etwas für freiwillige Dissidenten. So gibt man sich höchstens als Darth Vader-Fan oder Terrorist. Obama wird auch lange der letzte sein, der durch Geburt eine solche Farbe in der Weltspitze präsentiert. Demnächst müssen Farbige wieder weiß wählen, um sich vertreten zu fühlen. Würden sie vielleicht auch lieber rot wählen?
Deutschland ist in seiner Ambivalenz lahmgelegt. Von hier aus kann man nach dem Niedergang der Grünen und Gelben auch keine neuen Impulse, nicht einmal in Mischfarben, erwarten. Blicken wir also auf die Weltmacht Nummer 1.
Trump zögert. Seine Partei hat keine moderne Farbe anzubieten. Rot, das sind ja in USA noch immer die Kommunisten, weshalb das moderne Hijacking der starken Männer dort besonders schmerzt. Dort kann er sich, trotz seines Selbstverständnisses, nicht einordnen.
Immerhin sind es die Feinde, die nun beim Wiedererstarken der alten Macht diese Farbe präsentieren. Wohin nun farblich? Gelb? Sieht doch irgendwie krank aus, und wenn man nach Indien blickt ... okay, abgehakt. Grün? Das geht ja gar nicht. Man betrachte nur die ganzen Kleinstaaten, die grün in der Fahne haben. Blau? Wäre eine Option, wenn diese Farbe nicht so sehr mit Wasser, Kühle und Zurückhaltung verknüpft wäre. Orange? Naja, so eine Verlegenheitsfarbe, die hierzulande die AfD gerade von den Piraten gehijacked hat.
Wir aus Deutschland, so sehr wir uns in der Weltpolitik auch zurückhalten möchten, können hier doch gute Tipps geben.
In unserer Geschichte gab es auch einmal diesen Zwiespalt. Gern hätte man für die emotionalen Blut-und-Boden-Mythen auch beim Erstarken der Alten Macht die Farbe rot verwendet. Leider war die aber schon besetzt, von den Fans von Marx, Engels und Konsorten.
Na gut, wenn das Blut vergeben war, dann wenden wir uns der Erde zu, sagte man sich, der Heimat, der fruchtbaren Krume, die der national Besorgte mit aller Gewalt aufbricht, um das Volk zu ernähren. Und Blut, wenn vergossen, düngt die Erde!
Braun, Herr Trump, nehmen Sie braun!
Das wäre doch ein kongenialer Ausweg! Den verstehen die Menschen tief im Herzen, glauben Sie mir. Mutter Erde.
Und falls hier jemand mit „gut oder böse“ kommen möchte: Aber bitte, in der Politik existieren solche Begriffe doch nicht. Da ist alles durchgemischt.
Ein Gleichnis: Haben Sie schon mal in einen Kindertuschkasten geschaut? Wo alles zusammengerührt wurde, was mal da war?
Man kann es sogar sehen: braun bleibt. Es ist die optimale Farbe, gerade für große, starke Staatsmänner.
Alles drin.

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