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Der nächste Merkel, bitte ...

raum&zeit-Kolumne von Manfred Jelinski

Ich habe mich hier schon mal als Merkel-Fan geoutet. Nun, vielleicht nicht als Fan, eher als Versteher. Nach den Erkenntnissen aus unserem Politik-Remote-Viewing-Projekt mussten wir feststellen, dass die Merkel-Zeit zwar etwas bleiern war, zum Beispiel, was die Reaktion auf technische Entwicklungen anging, mit ihrer Person aber noch menschliche Züge erkennbar waren. Abwarten kann auch richtig sein, wie man an vielen täglichen innenpolitischen Hahnenkämpfen sieht, die morgen schon obsolet sind. Und sich andererseits die Frage erhebt, wer hätte es im Ganzen besser gemacht? Kein Chaos generiert?
Und damit sind wir in der Gegenwart angelangt. Nun hat sie selbst und offiziell ihre Nachfolge angestoßen. Und damit eine Diskussion ausgelöst, die einem besorgten Betrachter einen kalten Schauder über den Rücken jagt.
Wen möchten Sie als nächsten Kanzler?
Man könnte sagen, streitlustige Politiker zeigen wenigstens Energie – Durchsetzungsenergie zum Beispiel. Nun hat man bei den Partnern der Merkel-Allianz aber gespürt, dass diese Energie lediglich für die eigene Karriere benutzt wurde. Man muss sich natürlich fragen, wie das dann als Merkel-Nachfolger aussehen
würde.
Ich dachte ja erst an Frau Kramp-Karrenbauer als diskreteste Fortsetzung. Aber dann überraschte mich mein 15-jähriger Sohn mit der Frage: „Wie, meinst du, würde Trump diesen Namen aussprechen?“
Uh, dachte ich, das wäre tatsächlich eine weitere Belastung der transatlantischen Freundschaft.
Wäre da nicht der Herr Merz besser? Da weiß man wenigstens, dass die Amis seine Bemühungen, unsere Steuergelder in amerikanische, global agierende Interventionsanleger fließen zu lassen, mindestens in den USA mit Wohlgefallen zur Kenntnis genommen wird. Vielleicht müssen wir 2021 nach der nächsten Blase auch Black Rock „retten“, weil diese Firma zu groß ist?
Auch Jens Spahn würde gut passen, wenn er durchsetzt, dass die Deutschen generell zu Organlieferanten werden. Wer könnte schon einem größeren Anwaltsbüro widersprechen, dass der Herzstillstand der Tod war? Oder feststellen lassen, dass überhaupt ein Herzstillstand stattgefunden hat? Nach den Bemühungen eines Krankenpflegers aus Delmenhorst weiß man, dass alles möglich ist.
Und schauen wir doch mal über die Parteigrenze der CDU hinaus. Diese Bewerber sind ja zurzeit nur sehr innenpolitisch unterwegs.
Aber wie!
Andrea Nahles und Seehofer zeigen sich in der Persönlichkeitsanalyse derart von ihrem Ego getrieben, dass man politische Inhalte hier getrost als zweitrangig betrachten dürfte.
Ja, nehmen wir mal bezahlbares Wohnen, irgendwie. Irgendwie? Irgendwie wichtig um in der Aufmerksamkeit zu bleiben. Bewegen tut sich da trotz spezieller Finanzspritzen nichts. Außer, dass Baupreise und Grundstückswerte schon mal anstiegen. Allen gemein ist eine Sprache, die an Manager-Aktienanalysten-Moderatorendeutsch erinnert.
Und die kleineren Parteien, die langsam die größeren werden? Hier schauen sich die Hauptdarsteller natürlich auch nach eigenen Pfründen um. Allen voran die AFD, wenn man nach Stimmengewinnen urteilt.
Gut, nehmen wir mal an, die machen eine Regierung und schicken alle Migranten nach Hause. Alle. Kann man mal als Gedankenspiel durchführen.
Dann müssen aber alle smartphone-verseuchten Jugendlichen ins Lebensvorbereitungscamp, möglichst als Arbeits-Zeltlager. Und die Frauen kriegen wieder das Mutterkreuz verordnet. Ob das die Betreuungsdefizite aufarbeitet? Oder die Paketdienste rettet?
Ist die Rente dann sicher? Interessante offene Fragen.
Und die Grünen? Unser norddeutscher Shootingstar Habeck hat es auch schon erkannt: Eine völlig grüne Republik ist nicht möglich.
Auch nicht mit viel Betroffenheitskundgebungen. Und wie will man mit den Ego-Shootern der wirtschaftstragenden Industrie umgehen? Und wie den in der Herstellung der Technik völlig unökologischen Wind-, Sonnen- und Batteriestrom als Umwelt rettend belegen?
Mindestens haben beide von Trump gelernt. Direkte Sprache, einfache Worte. Syntax der Grundschule. Da versteht man wenigsten, was die wollen. Das können wir vielleicht als Plus in der Transatlantischen Freundschaft verbuchen.
Und die anderen? Nicht ohne Grund sind FDP und die Linke in ihrer Wählergunst begrenzt. Nicht alle interessieren sich für Bet and win mit Aktienpaketen und Aufkündigung von festen Arbeitsverträgen. Oder, andersherum, kann ein soziales Bondage-System, was vielleicht tatsächlich für alle ein Auskommen bringen könnte, für den Einzelnen, also den archaisch wie in vielen politisch konkurrierenden Vorprogrammierungen vorab festgezurrten Normalbürger, glücklich sein?
Da wünscht man sich fast schon Schulz zurück, der Menschliche, der sogar Sympathien eingefahren hat. Der aber eigentlich lieber mit dem Hund allein im Wald spazieren gehen würde, statt dauernd in dieser Profilierungs-Maschine eingespannt zu sein. Aber an ihm zeigt sich, dass offenbar nichts anderes in Deutschland gewünscht wird.
Meine Frau hat jetzt Hühner angeschafft. Interessante Parallelen zur Politik. Hahnenkämpfe sorgen nur für die Rangordnung. Für das Leben selbst sind die fleißigen Hühner zuständig. Wir werden sehen, wie das wird, und zwar bald, weil Angela Merkel wahrscheinlich nicht ihre Dienstzeit bis zum Ende durchziehen wird. Und die nächste Wirtschaftskrise 2021 bevorsteht. Just in time, sozusagen.

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