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Der narzisstische Stolz der Menschlichkeit

raum&zeit-Kolumne von Manfred Jelinski

Kolumne: Also, da hat eine Bamf-Leiterin Tausende von Asylbewerbungen positiv beschieden, die vielleicht kein Anrecht hatten. Oder vielleicht hat sie diese auch nur etwas freier ausgelegt. Sie soll sogar einzelne Personen zu einem Kaffee eingeladen haben. Dass sie Geld genommen hat, konnte bisher in keiner Weise bestätigt werden. Vielleicht hat sie das persönliche Schicksal der Person ergriffen. Vielleicht hat sie einfach nur Mitleid gehabt. Aber das geht ja gar nicht, die ganzen Verfahren werden jetzt zurückgenommen und geprüft. Denn man kann in Deutschland ja nur mit politischen Motiven Asyl bekommen.
Haben Sie schon mal überlegt, was unsere so wahnsinnig humanistische und fortschrittliche Asylgesetzgebung eigentlich bedeutet? Eigentlich wollen wir nur Menschen Asyl gewähren, die in der Heimat etwas gegen den jeweiligen Machthaber gesagt oder getan haben, und es danach noch geschafft haben, in unser inzwischen doch recht abgeschottetes Land zu kommen. Alles andere sind Wirtschaftsflüchtlinge und gehören abgewiesen.
Das bedeutet im Prinzip, dass man aufmüpfige junge Männer vorzieht, die auch hier Unruhe schaffen. Die sich bis hierher durchgekämpft haben und damit die Auseinandersetzung geübt und siegreich bestanden haben. Oftmals haben sie auch Lug und Trug und gefälschte Papiere eingesetzt. So, also die wollen wir haben, ohne Ansehen der Religion, der politischen Einstellung und der sonstigen kulturellen Gesinnung, das sind wir unserer demokratisch-freiheitlichen Grundordnung schuldig. Warum wundert man sich jetzt, dass das Probleme bereitet, weil die Ansicht dieser Leute meist nicht mit unseren gesetzlichen Vorlagen übereinstimmen muss und sie diese oft auch nicht akzeptieren? Haben sie in der Heimat ja auch nicht getan.
Ausgebombte, verletzte, vergewaltigte Kinder und Frauen, die es natürlich nicht hierher schaffen, bleiben aufgrund unserer Gesetze auch rechtlich draußen. Wir nennen das Menschlichkeit und fühlen uns sehr wohl mit der Nächstenliebe des Christentums, das ja unsere Leitkultur ist.
Soll man den Frauen in Syrien raten, sich heimlich mit einem T-Shirt „Assad ist Scheiße!“ fotografieren zu lassen, damit sie hier aufgenommen werden? Falls sie es hierher schaffen und nicht vorher vergewaltigt, umgebracht oder einfach nur ertrunken sind.
Und wenn die anerkannten aufrührerischen Männer tatsächlich beantragen, sie nachziehen zu lassen, dann kontingentieren wir das auch noch strikt.
Christliche Nächstenliebe und Nothilfe nur wenn’s passt und Wahlvolk bringt ... naja, Gesetze schaffen Gerechtigkeit, da muss man sich als aufrechter Bürger keinen Kopf mehr um die Betroffenen machen. Deshalb, weiter mit der abendländischen Denk-bloß-nicht-nach-Party.
Diese Scheinheiligkeit unserer Gesellschaft ist die wahre Katastrophe. Und da hilft es auch nicht, ein Kreuz überall aufzuhängen. Das ist die wirkliche Ketzerei in einem säkularen Staat. Käme Jesus tatsächlich wieder, ich weiß nicht, wen er zuerst zum jüngsten Gericht bitten würde. Gesetzgeber, die solche Gesetze machen und Pilatusse, die diese stur einhalten – die vielleicht zu allererst. Und vielleicht würde er alle diese Leute, die unbedingt überall ein Kreuz aufhängen wollen, sonst aber die harte Linie gegenüber dem wirklichen Leiden in der Welt fahren, damit erschlagen.
Ach nee, das nutzt ja alles nix, darüber zu schreiben.
Was wir brauchen, ist deutlich mehr Geld für den Verteidigungshaushalt. Damit wir in den Krisengebieten auch eingreifen können. Militärisch wohlgemerkt.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/bamf-affaere-in-bremen-tausende-asylentscheidungen-werden-ueberprueft-a-1204843.html

https://www.bmvg.de/de/aktuelles/bundeskabinett-plant-mehr-geld-fuerverteidigung-11176

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