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Kolumne: Frauen in die Wirtschaft!?

raum&zeit-Kolumne von Manfred Jelinski

Es ist doch sehr erstaunlich, dass selbst aufgeklärte Menschen die Idee der eierlegenden Wollmilchsau einfach nicht aufgeben können und sogar per Statistik herzergreifend danach suchen. Seit einiger Zeit hat man nun als Zielobjekt wieder einmal die deutsche Frau im Fokus, denn sie könnte laut Erhebung „noch über 12 % mehr der Wirtschaft zur Verfügung stehen“.
Abgesehen davon, dass man sich fragt, wer wohl „die Wirtschaft“ sei, muss man feststellen, dass selbst die totalitärsten Herrscher zu allen Zeiten erkannt haben, dass irgendwo ihr Kanonenfutter herkommen muss und wegen biologischer Eigenart die Frauen den Job der Kinderherstellung am Hals haben. In der neuen Zeit gilt das als obsolet. Offensichtlich ist die Menschheit trotz aller Kriege und Massaker nicht untergegangen. Folglich ist man der Meinung, dass Frauen die Nachzucht praktisch so nebenbei erledigen. Wenn man aber objektiv für diese Arbeit 12 % der Lebenszeit veranschlagen würde, könnte man auf die Idee kommen, woher die Wirtschaft diese ominöse Zahl hat.
Da kommt einem doch der Verdacht, dass hier ein Lebensplan für Frauen erstellt wird, der einiges gemein hat mit einer Betriebsanweisung für deutsche Gerätenutzer, geschrieben mithilfe eines Übersetzungsprogramms von einem chinesischen Studenten.
Oder hat „die Wirtschaft“ sich historisch gebildet und neue Lösungen in alten Versuchen gefunden, sich Gleichberechtigung in die Tasche zu instrumentalisieren?
Wie weiland Walter Ulbricht, Staatsratsvorsitzender der DDR und Initiator des Mauerbaus, der schamlos schlitzohrig die Gleichberechtigung entdeckte: „Frauen müssen gleichberechtigt am Produktionsprozess teilhaben.“
Gleichberechtigt heißt 50 %; und aus Chance wird Verpflichtung.
Und für die Kinder, die für die Ideologen aufgrund rätselhafter biologischer Prozesse nun mal irgendwie da sind, hat man die staatliche Krippe erfunden, möglichst schon kurz nach der Geburt frequentiert, wenn die Frau gerade wieder normal laufen kann.
Der Westen merkte damals an, dass man hier die Kinder früh den Müttern entreißen würde, um sie politisch zu indoktrinieren.
Heute sollen Firmen das Gleiche anbieten: frühe Kinderverwahrung am Arbeitsplatz, nur damit die Frau „der Wirtschaft bald wieder zur Verfügung steht“. Und Mainstream-Meinungsmacher unterstützen das als politische Korrektheit.
Hat man die Frauen mal gefragt?
Aber was sollen die sagen? In den Frauen-, Eltern- und Modezeitschriften steht ja bereits alles, was sie unbedingt wissen, leisten und darstellen sollen! Im Zeitalter der bewirtschafteten Nachrichten hat man sich fein eingerichtet in der freiheitlichdemokratischen Möglichkeit, Dogmen zu verbreiten, die den Besitzern der Zeitschriften nutzen. Also „der Wirtschaft“. In Managermagazinen steht, dass Frau das schaffen kann.
Aber plötzlich kommt Störfeuer auf. Eine andere statistische Erhebung hat ergeben, dass Frauen bereits zu 150 % im Vergleich zu Männern produktiv tätig sind.
Wie das? Das sind ja viel mehr als 12 %!
Welches Potential versickert da, offenbar wirtschaftlich ungenutzt?
Es stellt sich heraus, dass es sich hierbei um den Aufwand für Hausarbeit und soziale Tätigkeiten handelt. Ohne „Wirtschaft“.
Und unbezahlt!
Fieberhaftes Überlegen.
Soziale Tätigkeiten? Gab es die noch? Unproduktiv, völlig uncool und konsumfeindlich? Leute, die sowas machen, braucht doch keiner!
Und nun kommen die auch noch mit politischer Korrektheit und meinen, unbezahlt gehe gar nicht. Das wäre auch gegen die Gleichberechtigung! Und zwar zu 100 %!
Aha, sagt „die Wirtschaft“. Also, wenn das Soziale doch so wichtig sei, nun, dann müssen eben die Männer ran. Wenn Frauen schon 150 % tätig sind, dann könnten Männer doch zu ihren 100 % Leistung nun 12 % drauflegen und ebenfalls soziale Rollen übernehmen. Oder mehr! Das wäre ja noch besser. Alle Menschen bei 150 %. Geht doch offenbar bei den Frauen.
In diesem Moment wird den um Argumente bemühten Spekulanten bewusst, dass man wohl einen Fehler gemacht hat, als man jahrzehntelang proklamiert hat, Sozialberufe seien etwas für Frauen, die auch keine Bildung brauchen und deshalb auch keinen adäquaten Lohn.
Wie kann man solch ein Rollenbild ganz schnell umgestalten und den Männern anbieten?
Jetzt wird es auch in einer demokratischen Industriediktatur schwierig. Denn die Bezahlung kann man in diesen Bereichen nicht einfach mal so erhöhen. Aber wie will man Männern 12 % Abstrich (oder mehr) schönreden?
Moment! Wo sind denn die Männer?
Denen hat man doch gerade diese virtuell realen Rollenspiele verkauft, wo sie in perfekten Videowelten ganz archaisch noch draufhauen können, wozu sie sonst real nur noch kommen, wenn sie sich dem IS anschließen. Wie die dort wieder rausholen?
Während der Argumentationskreisel beginnt, sich immer irrer zu drehen, steigt in mir eine verräterische Frage auf.
Hat jemand auch mal die Kinder gefragt?
Was, wenn die mal krank werden? Soll ja vorkommen! Dann bricht die ganze „on demand“-getaktete Tagesnutzung komplett zusammen.
Und die Großeltern leben ganz weit weg oder sind gerade auf Kreuzfahrt.
Meine jüngste Tochter, sieben Jahre alt, hat absolut keine Ahnung, was „die Wirtschaft“ ist und hält sie eher für eine üble Spelunke oder eine alte Hexe. Sie vergöttert ihre Mutter und möchte ganz oft mit ihr zusammen sein. Und ihren Vater liebt sie auch ganz doll, sagt sie. Und wir finden das schön und nehmen uns auch die Zeit für sie, wenn es irgendwie geht und sagen ihr, dass wir sie ebenfalls doll lieben. Mindestens bis zum Mond und zurück.
Plötzlich fällt mir ein, dass das unproduktiver Sozialkram ist und wir Eltern in dieser Zeit – es mögen durchaus 12 % des Tages sein – der Wirtschaft nicht zur Verfügung stehen.
Aber wissen Sie was? Das ist mir zu 150 % egal, weil ich mich nicht von einer politischen Korrektheit instrumentalisieren lasse, die sich nur Leute ausdenken können, die den ganzen Tag ums goldene Kalb tanzen, oder um den Bullen, das moderne Synonym dafür.
Und wir kaufen einfach jeder 12 % weniger von dem auf Teufel komm raus produzierten Schnickschnack, den keiner braucht. Das machen wir so lange, bis man uns wegen Konsumverbrechens einsperrt.

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