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Wenn Anpassung krank macht

Wie wir die Normopathie von innen heraus überwinden

Von Christian Salvesen, Bad Steben

Ist Anpassung nicht das, was uns von Kindheitsbeinen an abverlangt wird und der wir uns auch im Erwachsenenalter nur schwer entziehen können? Der Journalist und Buchautor Christian Salvesen erklärt das pathologische Mitläufersyndrom, die Normopathie, auch oder gerade in Zeiten der Pandemie – und zeigt uns einen Weg auf, wie man dieses Syndrom überwinden und als Chance zur Wandlung ergreifen kann.

Jede Gesellschaft war und ist überzeugt, sie sei die bestmögliche. Erst später oder von außen betrachtet fallen die soziopsychologischen Auswirkungen destruktiver Ideologien und schwerwiegender Fehleinschätzungen auf. Worauf sollten wir heute in diesem Zusammenhang achten? Wie gewinnen wir einen besseren Über- und Durchblick?

Eine Geschichte

Seit dem zehnten Lebensjahr fuhr er zur See, hatte sich über viele harte Jahre zum Kapitän hochgearbeitet und beförderte nun eine Fracht, die sein Land zur Nummer eins der Weltwirtschaftsmächte machte: Sklaven aus Afrika. John Newton (1725–1807) hatte bisher keine Skrupel gehabt, diese „Untermenschen“ unter den damals üblichen Bedingungen zu transportieren. Oft starb die Hälfte der Männer, Frauen und Kinder, die als Sklaven in den „Neuen Kolonien“ Englands arbeiten sollten, bereits während der Überfahrt. Doch nun, in diesem fürchterlichen Sturm, erkennt Newton – wohl selbst in Todesangst – auf einmal, was er diesen Menschen im Schiffsrumpf antut. Er macht einen Wandel durch, wird zu einem Vorkämpfer gegen den Sklavenhandel. Und damit zu jemand, der eine gesellschaftliche Situation, die als normal gilt, für unerträglich und dringend veränderungsbedürftig erklärt.

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