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Vererbte Narben 

Sich von der Loyalität zum Leid unserer Vorfahren verabschieden

Von Bianka Maria Seidl, Windberg

Unsere Ahnen vererben neben ihren Stärken und Talenten auch ihren Schmerz, ihre Nöte und ihre Krankheiten. Doch haben wir jetzt das Privileg, uns von den Lasten unserer Vorfahren zu befreien. Die Autorin und selbstständige Chitektin Bianka Maria Seidl hat einen Weg gefunden, wie wir uns die Verbundenheit mit unseren Ahnen wieder ins Bewusstsein bringen und das enorme Potenzial nutzen können, das in dieser Verbindung steckt.

Sirenen kreischen, Füße trampeln, große und kleine, schneller und schneller, bis sie ankommen im Untergrund der U-Bahn. In der Luft hängt das Keuchen der Menschen, dann bebt die Erde, ein Grollen, ein Rumpeln und Klirren fährt durch die Wände und den Menschen in Mark und Bein. Lautes Schreien, Kreischen und stilles Flehen. Danach kommt die Stille und erst als diese lange genug andauert, strecken auch die Kleinen ihre Köpfe wieder aus den engen Umarmungen ihrer Mütter. Einige dieser Kinder hier haben schon Leichenteile gesehen, Panikschreie gehört, lange bevor sie lesen und schreiben lernen. Aber immerhin leben sie. Vergessen, werden diese Kinder diese Erfahrungen nie. Und dem nicht genug. Sie werden diese Erfahrungen auch an die nächsten Generationen weitervererben. Neueste Erkenntnisse aus der Neuro- und Molekularbiologie lassen vermuten: Wir vererben unseren Kindern, Enkeln und sogar Urenkeln weit mehr als unsere Gene. Auch unsere Lebensbedingungen, unser Stress, unser Mangelbewusstsein, unsere Krankheiten und Nöte schlagen sich in ihrem Erbgut nieder. Was wir vor der Geburt unserer Kinder erleben, erreicht über molekularbiologische Prozesse in unseren Zellen am Ende auch sie. Es ist eine unglaubliche Entdeckung, die nicht nur Darwins Evolutionstheorie infrage stellt, sondern das Leben von uns allen verändern könnte.
Auch unsere Urgroßeltern, Großeltern und Eltern haben bereits vor unserer Zeugung beeinflusst, wie gesund, glücklich und erfolgreich wir und unsere Nachkommen später einmal im Leben sind. So kann das, was wir heute erleben, Jahrzehnte später eine Rolle spielen. Was wir sind, woran wir kranken, worunter wir leiden, erklärt sich also nicht nur aus unserem eigenen Leben, aus unseren Ernährungsgewohnheiten, unserem Stress, unseren Kindheitserlebnissen. Vielmehr beginnt unser Leben weit vor unserer Geburt, lange bevor an uns überhaupt zu denken war.

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