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Bedingungsloses Mindesthirn für alle

Von Robert Stein, Ismaning – raum&zeit Ausgabe 222/2019

Martin Sonneborn, Kabarettist und EU-Parlamentarier, forderte kürzlich ein bedingungsloses Mindesthirn für alle. Zweifelsohne hat sein Vorschlag das Potenzial, bedingungslos von der Bühne in den Showroom der EU-Politik zu diffundieren und alle, die es sich bequem im EU-Wohlfühlzoo zu Brüssel eingerichtet haben, zu alarmieren.

Die politische Klasse in unserem Land schreckt auf, die ersten Arbeitsgruppen zur Umsetzung werden umgehend gegründet. Das Max-Planck-Institut bekommt von höchster Regierungsebene den Auftrag, ein klimaneutrales Intelligenzometer zu erfinden, mit dem in Zukunft jede öffentliche Äußerung zuvor getestet werden soll, damit die sich immer weiter ausbreitende und äußerst ansteckende geistige Diarrhoe, eine seltene Form des Sprechdurchfalls, nicht noch weiteren Schaden anrichten kann.

Ersten Widerstand gegen ein bedingungsloses Mindesthirn gibt es, wie nicht anders zu erwarten, aus dem bayerischen Landtag, da eine solche gewaltige Steigerung der dortigen Hirnkapazitäten mit dem jetzigen Haushalt nicht umzusetzen sei. Große Unterstützung bekommt der Vorschlag jedoch auf Seiten der Grün*Innen, nachdem selbst führende Fraktionsspitzen die deutlichen Indikationen bei sich selbst nicht mehr leugnen können. Obwohl geeignete Therapieplätze in Spezialkliniken nur in geringer Zahl zur Verfügung standen, kann der gesamte Führungskader mittlerweile mit der Behandlung beginnen und erste Meldungen lassen auf eine baldige Genesung schließen. Eine Nachricht, die gerade bei den Stammwählern mit großer Erleichterung aufgenommen wird.

Die Regierung lässt durch den Bundesversprecher verlautbaren, dass ein ganzes Mindesthirnpaket geschnürt werden soll, sobald genügend Zwirn für diesen komplexen und äußerst anspruchsvollen Vorgang zur Verfügung stehen wird. Wie weiter bekannt wird, rechnet man mit der Umsetzung schon ab 2030, um die von der UNO geforderte Richtlinie von 65 IQ-Punkten erfüllen zu können. Warum Deutschland die Mindestanforderungen bisher nicht umsetzen konnte, ist derzeit Gegenstand von 94 Untersuchungsausschüssen, die alle in geheimer Sitzung tagen.

Führende Wissenschaftler haben zwischenzeitlich einen Konsens erarbeitet und sind sich sicher, dass nach Implementierung sämtlicher Mindesthirnmaßnahmen eine zunehmende und spürbare Erleichterung in der Bevölkerung eintreten wird. Die ersten Auswirkungen werden auf Seiten der Massenmedien vermutet, da sämtliche Journalisten eine bevorzugte Behandlung mit Hirnstammzellen erfahren.
Der erste Tweet des Chefredakteurs aller Chefredaktionen gibt schon einmal Anlass zur Freude: „Jetzt da ich weiß, wie es sich mit einem Mindesthirn anfühlt, kommt es mir vor als wäre ich aus dem Tal der Ahnungslosen ins Licht aufgestiegen. Was für eine Befreiung, was für eine Erleichterung!“
Das Bundeskabinett selbst will noch vor der Weihnachtspause sämtliche Vorgaben erfüllen und soviel ist sicher:
Ein besseres Weihnachtsgeschenk würde es wohl kaum geben.

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