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Glyphosat – ein Rundumschlag

Von Christine Kammerer, Neumarkt – raum&zeit Ausgabe 212/2018

Wer war noch mal Christian Schmidt? Jener unscheinbare Hinterbänkler aus der bayerischen Provinz. Den bis vor kurzem keiner kannte. Der aber vier Jahre lang unser Bundesminister für gesunde Ernährung, sichere Lebensmittel und eine starke Landwirtschaft war. Jener Christian Schmidt, nach dem bald kein Hahn mehr kräht. Denn einen herausragenden Ruf hat er sich nun wirklich nicht gemacht. Er hatte also ohnehin nicht viel zu verlieren. Um genau zu sein, hatte er vermutlich sehr viel mehr zu gewinnen als zu verlieren. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Oder ist dieser Christian Schmidt etwa wirklich der Chef-Lobbyist des globalen Pharma-Riesen Monsanto? Vielleicht gar ein besonders gewiefter Fürsprecher des künftigen universalen Chemie-Giganten Bayer? Jenem berühmt-berüchtigten Dinosaurier, der jetzt schon eine ganze Weile mit geöffnetem Maul und scharrenden Hufen in den Startlöchern steht, um Monsanto endlich zu schlucken. Und sich damit die Monopolstellung für eine weltweite Monokultur zu sichern. Als größter Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln auf dem ganzen Planeten. Alles aus einer Hand sozusagen. Da möchte man doch auf einen so überaus erfolgreichen Verkaufsschlager wie Glyphosat nur ungern verzichten.

Monsanto also wieder einmal. Wir erinnern uns dunkel: Was war noch mal das erfolgreichste Patent von Monsanto? Ach ja. Agent Orange. 1965 bis 1970. Vietnam. Die Wirkung der dort eingesetzten Pflanzengifte war durchschlagend. Zerstörte Lebensgrundlagen, kranke Menschen. Und sie hält mancherorts bis heute an.

Nach dem Vietnam-Krieg war Agent Orange ein Ladenhüter. Monsanto suchte sich also neue Betätigungsfelder. Und sagte einem neuen Feind den Kampf an: dem Unkraut. Man produzierte also fortan tödliche Herbizide für Otto Normalverbraucher. Unter der wohlklingenden Bezeichnung „Roundup“. Was ja in etwa so viel bedeutet wie „Rundumschlag“. Wie treffend! Weil bei diesem Vernichtungsschlag langfristig wirklich alles auf der Strecke bleibt. Dank eines äußerst wirkungsvollen Inhaltsstoffs. Glyphosat. In Vietnam hinreichend erprobt und wie wir wissen schlicht und einfach tödlich.

Doch so lange man es nicht absolut eindeutig nachweisen kann, dass eine ganz bestimmte Dosis unmittelbar krebserzeugend wirkt, dürfen die Hersteller weiter ihr Unwesen treiben. Deswegen gibt es für jede wissenschaftliche Studie alsbald eine andere, die so ziemlich genau das Gegenteil belegt. Sofern sich überhaupt irgendjemand für die Fakten interessiert. Aber es gibt ja da auch noch so etwas wie den gesunden Menschenverstand. Und der folgt einer sehr einfachen Logik:

Was ist noch mal Glyphosat? Ein Herbizid? Und was macht man noch mal mit Herbiziden? Pflanzen tot. Das liegt in ihrer Natur. Dafür wurden sie geschaffen. Herbizide vernichten einfach alles, was grün ist. Alles. Nein, sie machen dabei keinen Unterschied zwischen dem, was stört und dem, was nützlich ist. Ja, und was ist, wenn die Pflanzen dann vernichtet sind? Na ja, dann leiden natürlich auch die Tiere darunter, die Insekten und die Mikroorganismen. Weil deren Lebensgrundlagen dadurch zerstört werden. Das macht sich ja heute schon ganz konkret bemerkbar. Zum Beispiel am Insekten-Sterben. Und dann am drastischen Rückgang der Vögel. Und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es auch den Menschen trifft …

Aber eines ist auf jeden Fall heute schon sicher: Glyphosat vernichtet nicht nur Unkraut.
Es vernichtet auch Vertrauen. Vor allem das Vertrauen in die Politik.

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