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Liebe Europäer, wir geben euch einen heißen TTIP!

Von Christine Kammerer, Nürnberg – raum&zeit Ausgabe 188/2014

Ihr europäischen Verbraucher seid schon eine ziemlich lästige Plage. Total verwöhnt, furchtbar anspruchsvoll und außerdem viel zu mächtig. Euer Europa ist entsetzlich rückständig. Ihr habt doch tatsächlich noch so etwas wie demokratische Regierungen. Wozu auch immer das gut sein soll. Vermutlich liegt es am Wahlsystem. Das müsste dringend mal reformiert werden. Es kann doch nicht angehen, dass Politiker im 21. Jahrhundert immer noch das tun müssen, was unmündige Konsumenten in ihren popeligen Wahlkreisen sich so vorstellen! Obwohl dieses verkrustete alte System glücklicherweise durch die EU langsam etwas aufbricht. Das ist aber wirklich mehr als überfällig!

Europa der Regionen! Wisst ihr eigentlich, was das für uns bedeutet? Zum Beispiel, dass wir uns mit vollkommen überflüssigen Posten in der Buchhaltung herumschlagen müssen: Vorsorgeprinzip, Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz. Wo kommen wir denn da hin, wenn wir bei der Produktion jeden regionalen Pups berücksichtigen sollen? Natürlich sind wir auch für Gesundheit und all so was. Besonders gesunde Bilanzen liegen uns sehr am Herzen. Und bei uns gilt doch auch das Vorsorgeprinzip, das ist doch wohl selbstverständlich! Für unseren eigenen Profit zum Beispiel. Ihr Europäer meint das ja am Ende auch noch ernst und gebt sogar Geld dafür aus. Ökonomisch betrachtet ist das der reine Wahnsinn! Da sind wir doch so gut wie chancenlos. Wie sollen wir denn in so einen Markt den Fuß rein kriegen?

Aber wir haben euch jetzt lange genug studiert. Auch dank unserer lieben Freunde bei der NSA. Wir wissen jetzt, wo man euch packen muss. Bei eurer Harmoniesucht nämlich. Ihr Europäer möchtet alles harmonisieren? Dabei kommen wir euch gerne ein gutes Stück entgegen. Wir machen jetzt einfach einen auf Familie. Unser Obama kümmert sich doch jetzt schon um diese Merkel wie ein großer Bruder. Und wenn Angie erst im Boot sitzt, verschaukeln wir euch alle.

Denn was für die amerikanische Familie gut ist, muss endlich auch für die europäische Familie gut sein. Das fängt zum Beispiel schon bei der gemeinsamen Mahlzeit an. Warum seid ihr Europäer da bloß immer so misstrauisch? Jedes Mal, wenn wir an euer Vertrauen appellieren, gehen bei euch gleich alle Warnlampen an. Als ob wir euch was ins Essen tun würden!

Doch nicht etwa wegen der paar Hormone? Dem bisschen Klonfleisch? Oder vielleicht den gentechnisch veränderten Lebensmitteln? Es ist halt leider immer was dabei, was einem nicht so schmeckt. In jeder Familie beschwert sich mal einer übers Essen. Das ist doch noch lange kein Grund, uns so zu verteufeln! Wir meinen es doch nur gut mit uns. Aber bitte – wenn ihr Europäer so stur seid, dann kommen wir eben durch die Hintertür in eure Küchen.

Der Braten ist schon in der Röhre, das Rezept liegt auf dem Tisch. Jetzt müssen wir nur noch die EUKöche verhackstücken und dann bereiten wir einfach unsere eigenen Gerichte zu. Und wenn wir noch einmal Küchenverbot bekommen, klagen wir uns eben rein. So einfach ist das! Wie heißt es noch so schön bei euch? Die kochen auch nur mit Wasser? Mag sein. Aber das gehört dann auch uns.

Künftig wird gegessen, was auf den Tisch kommt! Widerstand ist zwecklos. Ihr werdet harmonisiert.

Eure amerikanischen Freunde

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