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Politik für Anfänger – der IWF

Von Christine Kammerer, Neumarkt – raum&zeit Ausgabe 197/2015

Sicher haben auch Sie sich schon einmal gefragt: Wer ist das eigentlich – dieser IWF? Nun, dieser IWF sorgt vor allem dafür, dass Wirtschaft und Handel in dieser unserer Welt reibungslos ablaufen und deswegen will er auch, dass die Währungen stabil bleiben. Und deshalb vergibt er großzügig Kredite an notleidende Mitglieder. Damit diese bald wieder reibungslosen Handel treiben können. An Mitglieder, die schlecht gewirtschaftet haben und für die ansonsten keine normale Bank mehr einstehen würde.

Aber der IWF knüpft die Vergabe der Kredite doch an Bedingungen, zum Beispiel „mehr Demokratie“. Das ist doch gut, oder? Nun ja, wenn man mal großzügig davon absieht, dass der IWF selbst alles andere als demokratisch ist. Oder wie würden Sie es nennen, wenn diejenigen am meisten zu sagen haben, die das meiste Geld haben? Und wer hat’s erfunden? Die USA natürlich. Deshalb haben die ja auch einen Stimmanteil von fast 17 Prozent.
Wie lautet denn nun das Gesundungsrezept des IWF? Radikale Einschnitte in die Staatshaushalte, Öffnung der Märkte, Privatisierungen. Damit war der IWF schon oft erfolgreich. Bei einigen Staaten ist es ihm sogar gelungen, die Schuldenkrise enorm zu verschärfen, die betreffenden Länder noch tiefer in die Rezession und die breite Bevölkerung noch tiefer ins Elend zu stürzen.
Ist der IWF denn nicht daran interessiert, die Armut in den betroffenen Ländern zu lindern? Nicht wirklich. Der IWF ist schließlich keine gemeinnützige Organisation. Ihn bewegt ausschließlich eine Frage, nämlich: Wie schaffen wir es, dass die Finanzinstitutionen so bald wie möglich wieder an ihr Geld kommen?
Aber was ist mit der Bevölkerung? Die Meinung des Volkes ist irrelevant. Und wem dienen dann die an die Kredite geknüpften Auflagen? Na, der Wirtschaft und dem Handel. Oder neudeutsch: der „Markterschließung“ durch die geldgebenden Industrieländer. Aber ist das nicht so eine Art Kolonialismus? Nun, äh… wenn man sich die Verteilung der Stimmrechte so ansieht, könnte man das fast annehmen.
Vielen geholfenen Ländern geht es also nachher schlechter als vorher – wie kann das sein? Ist doch auch irgendwie logisch: Wenn ein Land mit einer Finanzkrise ein Drittel seiner Erlöse für die Rückzahlung seiner Schulden aufwenden muss, fehlt das Geld halt anderswo. Zum Beispiel im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen. Meistens jedenfalls genau da, wo der Staat nachher für Wachstum sorgen soll.

Dann wird das Wasser privatisiert, die Energie und die Nahrungsmittelproduktion. Das führt zu Monopolpreisen. Die überwiegend mittellosen Einwohner können das jedenfalls nicht mehr bezahlen. Dann werden die Märkte geöffnet. Globale Konzerne, die meist zufällig aus den geldgebenden Industrienationen stammen, verdrängen die Unternehmen und Landwirte vor Ort durch Dumping-Importe vom Markt. Und sie erwirtschaften Gewinne, die wem nicht zugutekommen? Dem Volk.
Beispiel Asien: Die Währungen wurden abgewertet, das BIP schrumpfte um teilweise mehr als 40 Prozent, ganze Industrien kollabierten, die Arbeitslosigkeit schnellte in die Höhe, es kam zu sozialen Unruhen.

Und wie ist das nochmal mit Griechenland? Niemand geringeres als der IWF selbst räumte „bedeutsame Versäumnisse“ und Misserfolge beim Hilfspaket von 2010 ein. Die Wirtschaft stürzte viel tiefer als erwartet in die Rezession, die Arbeitslosigkeit schnellte in immense Höhen – von 11 in 2010 auf 27 Prozent heute.
Oops! Wie konnte das passieren? Vielleicht, weil die Voraussetzungen, von denen man damals ausging, einfach nur Luftbuchungen waren? Mit der Realität hat das alles jedenfalls längst nichts mehr zu tun. Aber wenn die IWF-Maschinerie erst einmal in Schwung ist, dann läuft sie eben unaufhaltsam weiter …

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