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Trump – Die Realität gibt es wirklich

Von Christine Kammerer, Neumarkt – raum&zeit Ausgabe 205/2017

Die Amerikaner haben gewählt. Bei einer Wahl zwischen Pest und Cholera haben sie die Pest gewählt. Trump also. Da geht selbst einem versierten Glossen-Schreiberling mal ganz kurz der Popo auf Grundeis. Aber nur ganz kurz.
Nun ist das Kind also tatsächlich in den Brunnen gefallen. Und wieder hat es ein Populist und Rattenfänger geschafft, das Volk hinter sich zu versammeln. Das Volk? Nein. Die, die gegen das System Clinton stimmten. Und die, die immer und überall auf schlichte Botschaften ansprechen. Solche wie: „Macht Amerika wieder groß!“

Nun ist er also Präsident. Der mächtigste Mann der Welt. Und – machen wir uns nichts vor – seine populistischen Wahlkampf-Parolen würden auch in vielen anderen Ländern der Welt auf fruchtbaren Boden fallen. Auch in Deutschland.
Trump lebt tatsächlich in einer sehr einfachen Welt. Einer Welt aus gut und böse in schwarz und weiß und ohne Zwischentöne. Einer Welt, in der es für alles eine einfache Lösung gibt. Und diese Lösung heißt Trump.

Trump ist ein Alpha-Tierchen. Der Wolf, dem das Rudel gerne folgt, weil er alles erreicht hat, was dem gemeinen Menschen erstrebenswert scheint: Reichtum, Erfolg und nun auch noch das Amt des mächtigsten Mannes der Welt. Er ist die Inkarnation des Amerikanischen Traums. Ein vollendeter Narziss.

Der Narziss folgt einer prosaischen Logik: Gib ihm Macht und er wird sie missbrauchen. Romantisches Gedankengut wie „demokratische Werte“ kommt in seiner Welt nicht vor. Bestenfalls als Kampfbegriff. Denn Regeln, die er nicht selbst erlassen hat, sind ihm Schall und Rauch. Und die Regeln, die er selbst erlassen hat, sind wirr und unberechenbar. Von einer Logik, die sich niemandem erschließt, ja nicht einmal ihm selbst. Aber schließlich reicht es ihm vollkommen, wenn die anderen nach seiner Pfeife tanzen.

Trump hat eine moralische Mission. Er kämpft für eine bessere Welt. Dabei ist ihm jedes Mittel recht. Und was gerade an Moral angesagt ist, definiert er sowieso selbst. Trump ist ein Berufener. Sein Sendungsbewusstsein ist groß. Wenn er von etwas überzeugt ist, dann total. Wenn er fünf Minuten später vom absoluten Gegenteil überzeugt ist, dann absolut maximal. Das Christentum ist gut, aber 72 Jungfrauen sind schließlich auch nicht zu verachten.

Wir dürfen uns also auf einiges gefasst machen. Zum Beispiel auf diplomatische Fehltritte von einer Größenordnung, die den härtesten Knochen im Polit-Business das Blut in den Adern gefrieren lässt. Denn sein Unverständnis für die Welt, deren Geschicke er nun lenkt, ist fatal. Und daran wird er letztlich scheitern. Weil er sich beharrlich weigert, eine ebenso banale wie unabänderliche Tatsache anzuerkennen: Die Realität gibt es wirklich.

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