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Umweltschmützchen? Umweltschützchen!

Von Christine Kammerer, Nürnberg – raum&zeit Ausgabe 189/2014

Was hat die Menschheit in Sachen Nachhaltigkeit gelernt? Nun, sie ist sehr viel effizienter geworden. Jedenfalls bei der Zerstörung der Umwelt. Und sie tut immer noch so, als ob es eine Verniedlichungsform von Umweltschutz geben würde: Das Umweltschützchen als luxuriöse Freizeitbeschäftigung für gelangweilte Müßiggänger. Deswegen fragt sie sich auch folgerichtig: Wie machen wir die Umwelt ein kleines bisschen weniger kaputt?

Leider bekommt man selten die richtigen Antworten, wenn man die falschen Fragen stellt. Das Falsche wird nämlich nicht unbedingt besser, indem man es perfektioniert. Und das Schlechte wird kaum weniger schlecht, indem man den Schaden ein bisschen begrenzt. Wenn man dann allerdings auch noch die Fehler im System optimiert, werden sie nur umso gründlicher falsch. Aber da wir nun einmal eine so überaus intelligente Spezies sind, finden wir für jedes noch so komplexe Problem eine Lösung – einfach, einleuchtend und falsch.

Das Problem: Was tun gegen den Klimawandel? Die Lösung: Dann machen wir eben alles klimaneutral! Das ist wirklich konsequent. Die Logik liegt klar auf der Hand, ist für jedermann einleuchtend und absolut effizient: Wir neutralisieren uns einfach selbst. Im Idealfall so lange, bis wir überhaupt keine Spuren mehr hinterlassen. Keine Frage – unter dem Aspekt der Kosten-Nutzen-Relation ist die effizienteste Lösung für unsere Umwelt tatsächlich eine Menschheit, die gar nicht existiert. Am besten hinterlassen wir dann auch noch ein Schild mit der Aufschrift: „Dieser Planet wurde maximal klimaoptimiert“.

Es ist ein bisschen traurig, aber in Wirklichkeit ist die Krone der Schöpfung weitaus dümmer als jeder Baum vor unserer Haustür. Denn der kann von Natur aus gar nicht anders, als seiner Umwelt zu nützen. Wir sind zwar wirklich brillant bei der Erstellung beeindruckender Lebenszyklusanalysen, allerdings nur für Coca-Cola-Flaschen und nicht für Menschen. Und wir Deutschen sind sowieso längst weichgespült und grün gewaschen und beruhigen unser Gewissen mit sanften Ruhekissen. Aber immerhin trennt keiner den Müll so akribisch wie unsereiner. Allerdings fragt auch keiner so konsequent nicht danach, was letztendlich damit passiert. Wie man ihn zum Beispiel von vornherein vermeiden oder wenigstens rückstandsfrei recyceln könnte.

Wir sind geradezu unglaublich konsequent. Vor allem bei der Optimierung unserer Fehler. Warum wurde nochmal die Glühbirne verboten? Etwa weil uns endlich ein Licht aufgegangen ist und wir die geniale Lösung für ein neues Produkt, das sich nahtlos in den Wiederverwertungs-Kreislauf der Wirtschaft einfügt, gefunden haben? Nun ja, genau genommen wurde nur das alte optimiert. Durch konsequente Verschlimmbesserung. Die Energiesparlampe ist zwar effektiv eine ökologische Katastrophe, aber dafür erheblich effizienter.

Die bösen, alten Schadstoffe sind längst vom Markt. Da sind wir politisch korrekt! Asbest zum Beispiel. Das hat ja heutzutage einen ziemlich schlechten Ruf. Ein echtes Problem. Vor allem für das Image einiger Unternehmen in der Autobranche. Aber auch dafür gibt es endlich eine Lösung: Antimonsulfid! Das ist zwar noch ein bisschen krebserregender, aber bis sich das herumgesprochen hat, haben die sich doch bestimmt schon wieder optimiert!

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