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Wirtschaften fürs Gemeinwohl – nur eine Utopie?

Von Christine Kammerer, Neumarkt – raum&zeit Ausgabe 203/2016

Eine Wirtschaft, die schwarze Zahlen schreibt und erfolgreiches Unternehmertum mit dem Streben nach Gemeinwohl und einer menschenwürdigen Wirtschaftsmoral verbindet. Wie klingt das in Ihren Ohren? Wie romantisch verklärte Träumereien blauäugiger, rosa bebrillter Gutmenschen, die inmitten süßlicher Shisha-Nebelschwaden vor sich hin chillen?

90 Prozent der Deutschen wollen eine neue Wirtschaftsordnung, so die Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann-Stiftung. Sie wollen, dass Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit einen sehr viel höheren Stellenwert haben als bisher. Sie glauben, dass das machbar ist. Und sie haben recht.

Die Mainstream-Medien malen uns die Zukunft gerne in düsteren Farben aus: Krieg und Krisen, Tyrannen und Terror. Was sie eher selten erwähnen, sind die Ursachen dafür. Zum Beispiel die simple Tatsache, dass unser – ausschließlich am Profit orientiertes – Wirtschafts-System sterbenskrank ist. Und dass es uns alle mit in den Abgrund reißen wird. Weil es immer wieder zu Krieg und Krisen führt und die Tyrannen und den Terror regelrecht herauf beschwört.

Die Mainstream-Medien funktionieren ja selbst nach den Regeln des Systems: Sie sind ausschließlich am Profit orientiert. Und mit guten Nachrichten macht man halt keine Quote. Zum Beispiel mit der, dass es bereits ein neues Wirtschaftssystem gibt, in dem die Menschen nicht gegeneinander wirtschaften, sondern miteinander. Und eine ernstzunehmende Bewegung dahinter, die nicht nur schwadroniert, sondern anpackt.

Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) ist eine ethische Marktwirtschaft, die sich an den Grundwerten orientiert – der Menschenwürde, den Menschenrechten und der ökologischen Verantwortung. Sie zielt nicht in erster Linie auf Profit, sondern auf ein gutes Leben für alle ab. Klingt nach Utopie, werden Sie sagen. Denn wie um alles in der Welt soll man ein Unternehmen dazu bringen, sich sozial verantwortlich, ökologisch und demokratisch zu verhalten?

Nun, ganz einfach: Indem man es dafür belohnt. Zum Beispiel durch niedrigere Steuern und Zölle. Durch rechtliche Vorteile bei Steuern, Krediten, öffentlichen Aufträgen und im internationalen Handel. Seit dem Start im Oktober 2010 ist die GWÖ auf über 2 000 Unternehmen aus 40 Staaten angewachsen. Darunter sind inzwischen sogar Mainstream-Unternehmen wie die Münchner Sparda-Bank.

Toll, werden Sie jetzt sagen. Und sich entspannt zurück lehnen. Weil es ja immer recht bequem ist, Umweltschutz und soziales Wirtschaften gut zu finden.

Sind das alles nur Lippenbekenntnisse? Oder schlagen sich Ihre hehren Standpunkte auch auf Ihr Handeln nieder? Auch das wurde untersucht. Mit ernüchterndem Ergebnis: Die meisten Menschen befürworten zwar nachhaltiges Wirtschaften, doch sie handeln nicht entsprechend. 97 Prozent der Deutschen kaufen immer noch lieber billig als nachhaltig.

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