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Infopunkte Bewusstsein

raum&zeit-Ausgabe 231

Joseph Beuys und die Schamanen


Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt

Joseph Beuys, heute weltweit als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts angesehen, hegte tiefes Interesse für Schamanismus, Mythologie und der Anthroposophie Rudolf Steiners. Seine Kunst war zeitlebens umstritten und im besten Sinne Anstoß erregend, aber er wollte berühren und aus der Enge, der Begrenztheit führen. Er selbst sah sich als Schamane, der mit den Mitteln der Kunst zur Heilung der Gesellschaft beitragen wollte. In seinem Schaffen bediente er sich archaischer Figuren der Kulturgeschichte, revitalisierte und veränderte sie und brachte sie in die Gesellschaft.
Seine erste Berührung mit Schamanismus hatte er nach eigenen Angaben als er im Zweiten Weltkrieg in einem Flugzeug über der Krim abstürzte. Bewusstlos und schwerverletzt wurde er von nomadisierenden Tataren entdeckt, die seine Verbrennungen mit tierischem Fett salbten und den Körper in Filz einwickelten. Diese archaischen Stoffe Filz und Fett dienten ihm später auch als künstlerisches Ausdrucksmittel. 
Der Medizin- und Kunsthistoriker Axel H. Murken analysiert im Deutschen Ärzteblatt: „Die Aura eines mit magischen Kräften begabten Heilkundigen umgab Beuys vor allem in einigen Aktionen der frühen siebziger Jahre, in denen er rituelle Gesten von Medizinmännern mit Tranceübungen des nomadischen Schamanismus und mit eigentümlichen Gerätschaften verband.“ Insbesondere Beuys Aktion „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ weist den schamanischen Aspekt auf. Damit wollte er auf provokante Weise zeigen, „dass sogar ein toter Hase noch viel mehr von diesem Wirklichkeitszusammenhang weiß, also zum Beispiel die Bilder der modernen Kunst besser versteht als der Mensch mit seinem verkorksten, so genannt rationalistischen Intellekt“, erklärte Beuys. Mit seiner Arbeit wollte er ganz bewusst darauf abzielen, eine Veränderung der allgemeinen Lebensauffassung und Weltanschauung herbeizuführen. „Wenn ich was Schamanisches mache, nehme ich das schamanische Element – zweifellos eine Element der Vergangenheit – um über eine zukünftige Möglichkeit eine Aussage zu machen… Ich will ja diese Lebendigkeit, auch als Willenskraft, die ihre Begründung in der Notwendigkeit findet, daß das, was nicht in unserer Zeitkultur im Vordergrund steht, als Auseinandersetzung verlorengegangener Kräfte, die eben im Schamanismus vorhanden sind, heute auf eine andere Art und Weise wieder in unseren Bewusstseinszusammenhang hineingebracht werde“, konstatierte der Künstler in seinem Buch „Zeichnungen“. 

Joseph Beuys wäre im Mai diesen Jahres 100 Jahre alt geworden. Das Jubiläumsjahr wird mit zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen begangen, so auch das Museum Schloss Moyland in Nordrhein-Westfalen, das den weltweit größten Bestand an Werken von Joseph Beuys und das umfangreiche Joseph Beuys Archiv beherbergt. Von Mai bis Ende August kann man dort die Ausstellung „Joseph Beuys und die Schamanen“ besichtigen.

Weitere Informationen unter: https://moyland.de/ausstellungen/joseph-beuys-und-die-schamanen.html

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