Infopunkte Naturwissenschaft

raum&zeit-Ausgabe 201

Wem gehören wissenschaftliche Erkenntnisse

Wem gehören wissenschaftliche Erkenntnisse: der Menschheit oder Wissenschaftsverlagen? Die kasachische Neurowissenschaftlerin Alexandra Elbakyan ärgerte sich 2011 über die hohen Preise (ca. 30 US-Dollar pro Download) für wissenschaftliche Artikel, die sie für ihre eigene Arbeit benötigte. Aus Frust darüber gründete sie das Guerilla Open Access Projekt Sci-hub, eine Schattenbibliothek mit freiem Zugang zu über 48 Millionen (!) wissenschaftlichen Artikeln – vermutlich die umfangreichste wissenschaftliche Bibliothek weltweit. Sci-hub verzeichnete bis zu 80 000 Besucher pro Tag. Es sind nun nicht Forscher, die gegen diese „Piraterie“ Sturm laufen, sondern Wissenschaftsverlage. Klar, denn die verdienen im Gegensatz zu den Forschern dran. Allen voran der niederländische Marktführer Elsevier. Er hat im Jahr 2015 vor einem US-amerikanischen Gericht eine einstweilige Verfügung wegen Verletzung des Urheberrechts gegen Frau Elbakayan erwirkt. Diese beruft sich dagegen auf Artikel 27 der UN-Menschenrechtscharta: „Jeder Mensch hat das Recht [...] am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Wohltaten teilzuhaben.“ Frau Elbakyan hofft, dass der Fall die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Problem der Wissensvereitelung in der Wissenschaft lenkt. Da sie in Russland lebt, dürfte es für die US-amerikanische Justiz schwer werden, die Strafandrohung durchzusetzen. (DS)

Quellen: www.nature.com; www.sciencealert.com

Beamen in der klassischen Welt

Beamen – der wissenschaftliche Terminus lautet Teleportation – meint den Transport von Materie jeglicher Art von A nach B, ohne dass der dazwischen liegende Raum dabei durchquert wird. Bislang ist das Beamen allerdings auf Science Fiction („Beam me up, Scotty“) und Quantenmechanik begrenzt. Die schon länger bekannte Quanten-Teleportation basiert darauf, dass Elementarteilchen und Photonen in einem räumlich nicht abgegrenzten Zustand existieren. Quantenobjekte können daher quasi an verschiedenen Orten zur selben Zeit sein, wodurch theoretisch eine Informationsübertragung ohne Zeitverlust möglich wird. Jetzt wollen Physiker um Prof. Dr. Alexander Szameit von der Friedrich-Schiller-Universität Jena experimentell demonstriert haben, dass die Teleportation auch in der klassischen Welt Bestand hat. Die Forscher nutzten eine besondere Form von Laserstrahlen, die sie miteinander verschränkten. Verschränkung meint, dass zwei oder mehr Teilchen nur als gemeinsamer Zustand beschrieben werden können. „Ähnlich wie die physikalischen Zustände in einem Elementarteilchen lassen sich auch die Eigenschaften von Lichtstrahlen miteinander verschränken“, erklärt Dr. Marco Ornigotti aus Szameits Team. „Man verknüpft die zu übertragende Information mit einer bestimmten Eigenschaft des Lichts.“ Die Physiker kodierten die Information in einer bestimmten Polarisationsrichtung des Laserlichts und übertrugen diese mittels Teleportation auf die Form des Laserstrahls. „Bei dieser Form der Teleportation können wir jedoch nicht beliebige Distanzen überspringen, im Gegenteil, die klassische Teleportation funktioniert ausschließlich lokal“, schränkt Szameit ein. Doch erfolge die Informationsübertragung vollständig und ohne jeglichen Zeitverlust. Das mache eine solche Informationsübertragung für mögliche Anwendungen etwa in der Telekommunikation hochinteressant. (DS)

Quelle: www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/

Gravitationswellennachweis durch LIGO

Mitte Februar 2016 wurde euphorisch die Meldung verbreitet, ein internationales Forscherteam habe endlich die lang gesuchten Gravitationswellen experimentell nachgewiesen und damit Einsteins Vorhersage aus dem Jahr 1916 bestätigt. Genau 100 Jahre später also. Zufall? Das 500 Millionen US-Dollar schwere LIGO-Projekt (Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory), an dem über 1000 Forscher beteiligt sind, besteht im Wesentlichen aus zwei gigantischen Observatorien in den USA. Sie sind etwa 3000 km voneinander entfernt und sollen sich gegenseitig überprüfen. Den Pressemeldungen zufolge erlauben die Aufzeichnungen der beiden Interferometer den Schluss, dass zwei schwarze Löcher – rein hypothetische Gebilde – vor rund 1,3 Milliarden Jahren kollidierten und dabei ein Äquivalent von drei Sonnenmassen in reine Energie verwandelten, eben in die Gravitationswellen. Welch ein Glück, dass die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitende Gravitationswelle nach 1,3 Milliarden Jahren just in dem Moment hier vorbeiflog, als unsere Forscher darauf warteten! Gravitationswellen sind „Verzerrungen der Raumzeit“: Der Raum selber (das Vakuum) und alles, was sich darin befindet, sollen in ihrer Ausdehnung für Sekundenbruchteile schwanken. Allein schon hier müsste sich der gesunde Menschenverstand kräuseln: Wenn die gesamte Metrik eines Raumausschnitts verändert wird, dann natürlich auch das Messgerät, mit der Folge, dass dann eben nichts gemessen wird. Es ist so, als wolle man mit einer Stoppuhr messen, ob die Zeit langsamer oder schneller vergeht – ein unmögliches Unterfangen. Was den angeblichen Nachweis zusätzlich zweifelhaft macht, sind so genannte Blind Injections. Um die beiden gigantischen LIGO-Messgeräte testen zu können, besitzen sie eine mechanische „Rüttel- Funktion“. Damit lassen sich Pseudo-Signale zu Testzwecken erzeugen, eben die Blind Injections. Nur insgesamt vier Projekt-Manager wissen, ob es sich um Blind Injections handelte. Alle anderen Mitarbeiter sind nicht im Bilde und analysieren das Signal wie geplant. Erst kurz vor der anvisierten Veröffentlichung werden sie informiert. Dieses Procedere soll dazu dienen, die Forscher „auf Zack“ zu halten. Im Jahr 2010 etwa war so ein falscher Alarm gegeben und erst in letzter Minute als Blind Injection enthüllt worden. Weil nun im September 2015 das angebliche Nachweis-Signal derartig perfekt war, dachte der „wach habende“ italienische Physiker Marco Drago zunächst, es handele sich um ein solches Test-Signal. Jedoch soll zu dieser Zeit die Injektionsvorrichtung der beiden Interferometer nach einem „Update“ der Anlagen für 205 Millionen Dollar noch nicht wieder in Betrieb gewesen sein. Das würde natürlich wieder für die Echtheit des Signals sprechen. Allerdings gibt es noch eine andere Möglichkeit für Blind Injections: per CBC Blind Injection Software. Sie „... eignet sich dafür, kohärente Injektionen in den LIGO ... Interferometern durchzuführen.“ Wenn man nun noch weiß, dass es um viele hundert Millionen US-Dollar Forschungsgelder sowie den Nobelpreis geht, sollte man einen Schwindel nicht ausschließen, zumal wenn er sich so einfach herbeiführen lässt. Und wer soll das Ergebnis bitte überprüfen? Diese Art von hermetischer Forschung lässt sich kaum kontrollieren. Es wäre nicht der erste gigantische Schwindel. Der theoretische Physiker Lawrence Krauss verglich den LIGO-Nachweis mit den Mondflügen. Er twitterte nach der Erfolgsmeldung: „Wir sind auf dem Mond gelandet.“ Damit mag er ganz nah an der Wahrheit liegen. (DS)

Quelle: www.sciencemag.org

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