© igOrZh; kreatik – Fotolia.com; Collage raum&zeit

Infopunkte Gesellschaft

raum&zeit-Ausgabe 212

Krieg im Jemen

Der blutige Konflikt in dem uralten Kulturland Jemen ist historisch wie geografisch äußerst verworren und vielschichtig. Stark vereinfacht könnte man die Kriegsgegner wie folgt benennen: Auf der einen Seite sind die Huthis, der politisch-militärische Arm der schiitischen Zaiditen, die bis 1962 weite Teile des damaligen Königreichs Jemen beherrschten und dann durch eine von Ägypten angezettelte Revolution gestürzt wurden. Sie werden heute angeblich vom schiitischen Iran unterstützt. Auf der anderen Seite kämpfen regierungstreue Stämme, denen eine sunnitische Allianz von Jordanien, Marokko, Pakistan und den USA (als Waffenlieferant) unter Führung Saudi-Arabiens zur Seite steht. Dazwischen tummeln sich verfeindete Stämme und Terrororganisationen wie Al Quaida und Islamischer Staat auf dem Schlachtfeld. Fakt ist, dass das wahhabitische (sunnitische) Saudi-Arabien seit März 2015 im Jemen militärisch mit Luftschlägen auch gegen zivile Ziele wie Schulen, Krankenhäuser und Versorgungsinfrastruktur interveniert, nachdem die Huthi-Milizen offiziell die Macht im Jemen übernommen und das Parlament aufgelöst hatten. Es geht in diesem Konflikt also einerseits um die Vormachtstellung im Nahen Osten, andererseits um religiöse Dominanz. Dem leidenden Volk dürfte das indes egal sein. Zehntausende verletzte, verstümmelte und getötete Menschen, darunter viele Kinder, sind bislang zu beklagen, Seuchen wie Cholera und Hungersnöte durch Blockaden breiten sich aus. An diesem Elend ist auch die Bundesregierung indirekt beteiligt. Regierungssprecher Steffen Seibert rechtfertigte Waffenlieferungen an Saudi-Arabien wie folgt: „Ein wichtiger Akteur, wenn es um die Stabilität in dieser Region geht.“ Die westlichen Medien berichten indessen nur am Rande über den Krieg im Jemen und reduzieren ihn mehrheitlich auf einen „Bürgerkrieg“. Der frühere Tagesschau-Redakteur Volker Bräutigam und der ehemalige NDR-Manager Friedhelm Klinkhammer haben sogar eine Programmbeschwerde gegen die ARD-Tagesschau eingereicht. Ihr Vorwurf: systematische Irreführung über den Krieg in Jemen. Wohl aus Rücksichtnahme auf den „schwierigen Partner“ (so das offizielle Wording) Saudi-Arabien. Monika Bolliger, Korrespondentin der Neuen Zürcher Zeitung im Nahen Osten, schrieb im Herbst 2016 aus Beirut, dass „Saudi-Arabien keine Zeugen im Jemen-Krieg“ wolle und deshalb den Zugang für Journalisten blockiere. (DS)

Quellen: Wikipedia; https://deutsch.rt.com/inland/51254-programmbeschwerde-gegen-ardtagesschau-systematische, www.infosperber.ch/

Soziales Punktesystem in China

Die kommunistische Partei Chinas führt derzeit ein soziales Punktesystem ein, das „korrektes Sozialverhalten“ der 1,4 Milliarden chinesischen Bürger erzwingen soll. Besucht ein Chinese beispielsweise seine Eltern auf dem Land oder spendet Blut, wächst sein Punktestand. Wird er dagegen etwa beim Schwarzfahren erwischt oder fällt betrunken unangenehm auf, gibt es Punkteabzug. Also so eine Art Sozial-Schufa: Mit hohem Punktestand erhält der Bürger bestimmte Vorzüge, zum Beispiel bei der Wohnungssuche; zu wenig Punkte könnten etwa Flug- bzw. Reiseverbote nach sich ziehen. Derzeit ist noch unklar, wie die sozialen „Transaktionen“ im Detail erfasst und verwaltet werden sollen, vermutlich stammen die Daten aus amtlichen Quellen wie Schuldnerregistern und Gerichtsdatenbanken sowie geschäftlichen Transaktionen. Ein solches System hat natürlich ein enormes Kontroll- und Androhungspotenzial, nicht nur für regierungskritische Zeitgenossen. Soll hier eine Blaupause für die Kybernetik moderner Massengesellschaften bis in die feinsten sozialen Verästelungen hinein geschaffen werden? Etwa zeitparallel (Oktober 2016) wird in der dritten Staffel der englischen Science Fiction Serie Black Mirror ein ähnliches Zwangssystem thematisiert. Die Menschen bewerten sich darin gegenseitig mit Punkten und heucheln entsprechend, um sozial aufzusteigen. Das Ganze ist natürlich als Dystopie (pessimistisches Zukunftsszenario) konzipiert. Der Zuschauer soll sich gruseln, ähnlich wie in „1984“ (George Orwell) und „Schöne neue Welt“ (Aldous Huxley). (DS)

Quelle: www.br.de/puls/themen/welt

Exportweltmeister Deutschland

Hurra, wir sind „Export-Weltmeister“! Doch ist das wirklich ein Grund, stolz zu sein? Nein, denn dieser „Titel“ kommt mithilfe eines Systems zustande, das als Target2 bekannt ist. Stellen Sie sich einen Supermarktbesitzer vor, der die Kunden dadurch anlockt, dass er ihnen vorher das Geld schenkt, das sie dann in seinem Laden wieder ausgeben. Und der ist dann stolz auf seine gigantischen Umsätze. So ähnlich funktioniert Target2. Mal angenommen, ein deutscher Exporteur möchte eine Maschine für 1 000 Euro nach Spanien exportieren. Der spanische Importeur hat aber kein Geld. Er geht zu seiner Hausbank, die sich an die spanische Notenbank wendet. Diese fordert gemäß Target2 bei der Europäischen Zentralbank 1 000 Euro für die Bundesrepublik Deutschland an. Die EZB weist die Bundesbank an, 1 000 Euro an die Hausbank des deutschen Exporteurs auszuzahlen, die ihm das Geld dann auf seinem Konto gutschreibt. Damit ist die Maschine also bezahlt. Doch woher stammen die 1 000 Euro? Steht eine reale Leistung dahinter? Nein, denn der Betrag wird von der Bundesbank als Forderung an die spanische Notenbank „geschöpft“. Forderungen und Verbindlichkeiten werden jedem EU-Mitglied auf Target-Konten der EZB am Ende eines jeden Tages überschrieben. Nun kann die Maschine also ausgeliefert werden. Der Target2-Saldo Deutschlands bei der EZB steigt nun kontinuierlich an. Im November 2017 lag er bei 855 Milliarden Euro. Diese Forderung der Bundesbank ist mit keinerlei Sicherheiten hinterlegt. Die Bundesbank hat nicht etwa die Möglichkeit, die Auszahlung zu verweigern, sie ist dazu verpflichtet. Sie kann die ausgezahlten Beträge auch nicht später zurückfordern. Somit sind die gigantischen deutschen Exporte in die Euro-Länder also praktisch eigenfinanziert. Der frühere Chef des ifo-Instituts Hans Werner Sinn kommentierte das Target2-System wie folgt: „Die EZB ist zu einem Selbstbedienungsladen der südlichen Länder geworden.“ Hier ein paar Negativ-Salden (Stand: November 2017): Italien (436 Mrd. Euro); Spanien (367 Mrd. Euro); Portugal (84 Mrd. Euro); Griechenland (61 Mrd). Da den Verbindlichkeiten keine Sicherheiten entgegenstehen, sind bei einem Euro-Austritt oder Staatsbankrott eines verschuldeten Target2-Landes die Forderungen abzuschreiben, das heißt, dann ist der deutsche Steuerzahler der Dumme. Ursprünglich war Target2 als kurzfristiges, länderübergreifendes Verrechnungssystem mit zeitlich beschränkten Innertageskrediten gedacht. De facto dient es aber heute dazu, Handelsungleichgewichte und gigantische Kapitalströme aus den Euro-Südländern zu kaschieren. (DS)

Quellen: Wikipedia; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/233148/umfrage/target2-salden-der-euro-laender/

zur Startseite