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Infopunkte Gesundheit

raum&zeit-Ausgabe 212

Neuer Trick von Nestle Coca Cola und Co

Alles auf grün – wunderbar – dann können wir uns Nutella und fettige Cracker ja hemmungslos einverleiben! So sieht der Plan großer Lebensmittelkonzerne wie Nestlé und Coca Cola aus. Sie wollen Ernährungsapostel nun mit den eigenen Waffen schlagen und setzen sich für eine Lebensmittelampel ein, die Verbrauchern grünes Licht gibt für ernährungsphysiologisch eher fragwürdige Produkte.
Das Problem mit der Lebensmittelampel war von Anfang an die Frage, woran sich die vereinfachenden Signale orientieren. Schon die Kriterien der herkömmlichen Ernährungswissenschaft sind stark umstritten. Zum Beispiel gelten hier gesättigte Fette als prinzipiell bedenklich und würden in einer Ampel als Risikoinhaltsstoff angeführt werden. Leser von raum&zeit wissen jedoch, dass die Studien zu den gesättigten Fetten höchst umstritten sind und dass Kokosöl, das vor allem aus gesättigten Fetten besteht, die Gesundheit fördert. Es steigert die Leistungsfähigkeit, unterstützt das Immunsystem, gibt Nervenzellen des Gehirns Energie und scheint sogar Morbus Alzheimer vorbeugen zu können. Demgegenüber wäre es sinnvoller, den potenziellen Käufer vor Transfetten zu warnen, die sich in frittierten Lebensmitteln, Blätterteig und Tütensuppen verstecken. Diese begünstigen Entzündungsprozesse und Gefäßerkrankungen und werden von daher in Zusammenhang mit Schlaganfall und Herzinfarkt gebracht. In Dänemark dürfen Lebensmittel schon seit Jahren nicht mehr als zwei Prozent Transfette enthalten.
Angesichts der Tatsache, dass Übergewicht und Zivilisationskrankheiten bei uns so verbreitet sind, spricht aber natürlich prinzipiell einiges für eine Einführung der Ampel, die hohe Zucker, Salz- und Fettgehalte plakativ sichtbar macht. Studien zeigen, dass solche Kennzeichnungen Menschen dabei unterstützen können, ernährungsbewusster einzukaufen. Ärzteverbände, Krankenkassen, Patienten- und Verbraucherorganisationen wollen sie haben. 2010 lehnte das EU-Parlament eine solche Verordnung zur Lebensmittelkennzeichnung allerdings ab. Laut der Nichtregierungsorganisation Foodwatch beugten sich damals die europäischen Politiker „dem massiven Lobbydruck der Lebensmittelindustrie“. In England gibt es die Ampel schon seit Jahren und seit Oktober 2017 auch in Frankreich. Bevor sie zu uns kommt, sollten auf jeden Fall die zugrunde liegenden ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse aktualisiert werden. (AF)

Quellen:
https://www.foodwatch.org
Peter Königs: „Kokos – das gesündeste Fett“, raum&zeit Nr. 174/2011
www.vzbv.de

Salz drosselt Blutversorgung im Gehirn

Der Verzehr von zu viel Salz kann nicht nur das Herz gefährden, sondern auch das Gehirn beeinträchtigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Forschern um Giuseppe Faraco von Weill Cornell Medicine in New York. Die Wissenschaftler stellten fest, dass salzreiche Kost die Durchblutung im Gehirn reduziert und die Gedächtnisleistung verschlechtert. Sie entdeckten dabei einen neuen Zusammenhang: Die Wirkung auf das Gehirn entstand nicht durch eine Aktivierung von Entzündungsreaktionen, wie dies bei der Wirkung auf das Herz bekannt ist. Vielmehr beobachteten die Forscher, dass eine höhere Salzzufuhr die Anzahl der Immunzellen im Darm ansteigen ließ, was mit einer verstärkten Ausschüttung des Botenstoffs Interleukin-17 einherging. Dieser Botenstoff wiederum zirkuliert im Blut und gelangt auf diesem Weg ins Gehirn, wo er die Gehirndurchblutung verschlechtert. In bestimmten Maßen ist Salz für unseren Körper zwar lebenswichtig, für Nerven, Muskeln und Wasserhaushalt zum Beispiel – zu viel des Guten sollte jedoch besser vermieden werden. (AF)

Quelle: www.wissenschaft.de

Deals statt medizinische Forschung

Eigentlich sind Phase IV-Studien dafür vorgesehen, die Sicherheit von Medikamenten in der ärztlichen Praxis zu überprüfen, nachdem die Mittel in Phase I bis III nur in kleinerem Umfang zuerst an Gesunden und dann an Kranken getestet wurden. In der Praxis ist es laut Angela Spelsberg leider so, dass dieses Ziel nicht erreicht wird: „Sowohl von ihrer methodischen Planung, als auch durch ihre Art und Weise, wie sie durchgeführt und nicht veröffentlicht werden, sind sie nicht dazu angezeigt, Erkenntnisse über Medikamente zu gewinnen und damit die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen.“
Gemeinsam mit ihren Kollegen hat die Ärztin, Epidemiologin und Leiterin der Arbeitsgruppe Gesundheit von Transparency International 558 Phase-IV-Studien untersucht. Den Zugriff auf die Daten erhielt die Forschergruppe vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung und – nachdem sie dies vor Gericht erstritten hatte (!) – von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Der erste Kritikpunkt ist, dass die Studien nicht zuverlässig in öffentlichen Studienregistern einsehbar sind. Der zweite, dass sie nicht ausreichend durch Qualitätskontrollen überprüft werden.
Und schließlich entdeckte die Forschungsgruppe in der Praxis illegale Übereinkünfte zwischen Konzernen und Ärzten. Spelsberg berichtet: „Ärzte werden dazu gebracht, Nebenwirkungen nicht den Behörden zu melden, sondern nur dem Sponsor. Stattdessen unterzeichnen sie Geheimhaltungsverträge und bekommen dafür ein Honorar. Dies widerspricht dem ärztlichen Berufsrecht.“ Durchschnittlich 2 000 Euro erhält ein Arzt, wenn er ein Medikament im Auftrag des Konzerns unter seine Patienten bringt und zu den Nebenwirkungen schweigt.
Selbst wenn die Konzerne Nebenwirkungen erforschen hätten wollen, haben sie im Durchschnitt viel zu wenig Patienten im Rahmen einer Phase IV-Studie untersucht, als dass sie seltene Nebenwirkungen ausreichend hätten beobachten können. Und die Patienten hätten meist gar nicht erfahren, dass sie als Probanden einer Studie eingestuft wurden. Spelsberg resümiert zu den Phase IV-Studien: „Anwendungsbeobachtungen sind reine Marketing-Instrumente und genügen den wissenschaftlichen Anforderungen nicht.“
Schon 2012 wollte Transparency International an diesen Missständen etwas ändern. Die Organisation erarbeitete eine Berliner Erklärung, in der über 3 000 Wissenschaftler, Ärzte und andere Fachleute fordern, dass Daten von Phase III als auch Phase IV-Studien prinzipiell offen gelegt werden müssen. Die Ergebnisse der neuen Studie bestätigen Spelsberg und ihre Mitarbeiter darin, an dieser Forderung dran zu bleiben: „Wir vertreten die Auffassung, dass Wissenschaft für die Arzneimittelsicherheit dann am meisten beiträgt, wenn Transparenz herrscht und wenn eine unabhängige Überprüfung von Studiendaten möglich ist.“ (AF)

Quelle: Alexandra Grossmann: „Phase IV: Die Einschleim-Studien“, news.doccheck.com

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