© sellingpix – Fotolia.com

Infopunkte Ökologie

raum&zeit-Ausgabe 223

Brief über 5G setzt Bürgermeister unter Druck

Der neue Mobilfunkstandard 5G ist nicht nur eng mit der Wirkung von Mikrowellenstrahlung beziehungsweise von hochfrequenten elektromagnetischen Wellen auf Mensch und Natur verknüpft, sondern stellt ein bislang ungekanntes technisches Potenzial einer flächendeckenden und lückenlosen Überwachung aller Menschen und Objekte zur Verfügung. Dies könnte das Ende unserer Freiheit bedeuten. Nicht vergessen werden sollte überdies, dass 5G-Sender auch als Strahlenwaffe eingesetzt werden könnten. Es gibt also gute Gründe, 5G zu verhindern. In ganz Deutschland und vielen anderen Ländern bilden sich bereits Bürgerinitiativen, um den Widerstand zu organisieren. Als besonders perfide erweist sich die nebulöse Rechtslage. Keine Versicherung ist bereit, für mögliche gesundheitliche Schäden durch Mobilfunk aufzukommen. Das Risiko ist schlicht nicht kalkulierbar. Allein dieser Umstand sollte jeden Politiker, dem das Gemeinwohl etwas bedeutet,  dazu veranlassen, sich für eine Technikfolgenabschätzung von 5G einzusetzen. Doch darauf warten wir wohl vergebens. Nun versucht die Bürgerinitiative 5Gfrei einen anderen Weg, den Druck auf die untätigen Politiker zu erhöhen. Sie will den jeweils zuständigen Bürgermeister mit einem ausführlichen Brief über die Gefahren durch 5G in Kenntnis setzen, und dann kommt das Entscheidende: Der Bürgermeister wird verbindlich mit Fristsetzung aufgefordert,
1. zu klären, wer für die Schäden, die durch 5G in seinem Verwaltungsbezirk entstehen, haftet und
2. mitzuteilen, ob und bis wann er die Umsetzung von 5G verbieten oder stoppen wird. Dass er durch den Brief in Kenntnis gesetzt wurde, wird auf https://5gfrei.de/ veröffentlicht. Damit ist dokumentiert, dass er – unabhängig von der aktuellen (Un-)Rechtsprechung und der verlogenen Grenzwertregelung – über die realen Gefahren informiert wurde und damit in der Verantwortung steht, sie abzuwehren. Denn das ist schließlich seine oberste Pflicht. Sollte er trotzdem nichts dagegen tun oder 5G (auch durch Duldung) in Verkehr bringen, könnte er später zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Initiative bietet diesen Brief jeder Einzelperson und jeder Organisation zur freien Verwendung an. Sämtliche relevanten Aussagen darin sind durch überprüfbare Quellenangaben belegt. Es dürfte spannend werden, die Reaktionen der Lokalpolitik auf diese Vorgehensweise zu beobachten. Einfach nicht zur Kenntnis nehmen, zieht jedenfalls nicht, ebenso wenig wie beschwichtigen. Möglicherweise wird nun endlich mal Tacheles zu 5G geredet.
Auftrieb erhalten die 5G-Kritiker indessen dadurch, dass immer mehr Gemeinden die Gefolgschaft verweigern. So hat Bad Wiessees Bürgermeister Peter Höß eine vorbehaltlose Unterstützung dieser Technologie, wie von Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger gefordert, verweigert. (DS)

Quelle: https://5gfrei.de/brief-download

Der ganze Cocktail eines Pflanzenschutzmittels sollte unbedenklich sein

Ist die Verordnung zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Vorsorgeprinzip vereinbar? Diese Anfrage bearbeitete kürzlich der Europäische Gerichtshof (EuGH). Das Urteil lautet „Ja.“ Gemäß EuGH gibt der Verordnungstext vor, „dass ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen werden kann, wenn nachgewiesen ist, dass es keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen hat.“ 1 Interessant sind aber die Details. Der Gerichtshof erläutert in seinen weiteren Ausführungen, wie der bestehende Verordnungstext konkret zu verstehen ist: Demnach müssen die Zulassungsverfahren „zwingend eine Beurteilung nicht nur der eigenen Effekte der in diesem Mittel enthaltenen Wirkstoffe, sondern auch der Kumulationseffekte dieser Stoffe sowie ihrer kumulierten Effekte mit anderen Bestandteilen dieses Pflanzenschutzmittels umfassen.“ Schon seit vielen Jahren weist Professor Gilles-Eric Séralini in wissenschaftlichen Arbeiten immer wieder darauf hin, dass Pflanzenschutzmittel oft nur anhand eines Hauptwirkstoffes untersucht und zugelassen werden, dass aber das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten ihre Schädlichkeit stark verstärkt.
Der mit dem kürzlichen Fall des EuGH befasste Anwalt Guillaume Tumerelle folgert aus dem Urteil des Gerichtshofes, dass es einen eklatanten Graben zwischen Verordnung und Zulassungspraxis gibt. Bisher werden bei Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln in der EU zunächst auf EU-Ebene lediglich die Wirkstoffe geprüft. Die Zulassungen der fertig gestellten Pestizide liegen dann bei den Mitgliedsstaaten. Diese sollten dann entsprechende Studien zu dem Gesamtcocktail der Pflanzenschutzmittel anfordern und prüfen. Guillaume Tumerelle erklärt jedoch, dass dies in vielen Fällen nicht geschieht. „Die Zulassungen für das Inverkehrbringen werden ohne langfristige Toxizitäts-und Karzinogenitätsanalyse der in Verkehr gebrachten Fertigprodukte erteilt.“ 2 Ihm zufolge müssten nach der Klarstellung des EuGH nun viele Zulassungen für Pestizide unverzüglich entzogen werden. Man darf gespannt sein!
Anlass für das Urteil war ein Verfahren gegen Umweltaktivisten, denen zur Last gelegt wurde, dass sie Bestände der Chemikalie Glyphosat beschädigt hätten. Das zuständige französische Strafgericht Foix hielt es für möglich, dass die Tatbestandsmerkmale gegebenenfalls neutralisiert werden könnten, wenn die bestehende Pflanzenschutzmittelverordnung sich nicht mit dem Vorsorgeprinzip vereinbaren ließe. Deshalb fragte es beim EuGH nach und bekam die beschriebene Antwort, die nun auf jeden Fall eine über diesen Fall hinausgehende Relevanz hat. (AF)

1) Gerichtshof der EuropКischen Union, Pressemitteilung Nr. 126/19

2) www.keine-gentechnik.de

Keine Patente auf Pflanzen und Tiere

Obwohl das Europäische Patentrecht die Patentierung von konventioneller Tier- und Pflanzenzucht verbietet, hat das Europäische Patentamt (EPA) in den vergangenen Jahren wiederholt derartige Patente erteilt – unter anderem auf bestimmte Sorten von Brokkoli, Tomaten, Braugerste, Paprika und Melonen. Besonders kurios: Sogar Fische, beispielsweise Forellen und Lachse, gelten beim EPA als „Erfindung“, nur weil sie mit ausgewählten Pflanzen gefüttert werden. „Die ‚Erfindung‘ besteht darin, Fische mit Pflanzen zu füttern, von denen bereits bekannt war, dass sie dafür besonders geeignet sind. Eine echte erfinderische Leistung liegt nicht vor. Vielmehr muss man von einer reinen Fake-Erfindung sprechen“, sagt Ruth Tippe von der Organisation „Keine Patente auf Saatgut!“ „Hier werden natürliche und biologische Verfahren zur Produktion von Tieren beansprucht, deren Patentierung sogar ausdrücklich verboten ist.“
Um dieser gefährlichen Entwicklung entgegenzutreten, hatten sich bis 1. Oktober 2019 rund 25 000 Einzelpersonen sowie 50 Organisationen an einer Sammelaktion von Stellungnahmen an das Europäische Patentamt (EPA) beteiligt, die sich gegen Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung richten. Unterstützt wird die Aktion unter anderem von der Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam und den Dachverbänden der europäischen Landwirte (COPA/COGECA und IFOAM). Auch das Europäische Parlament hat dazu jüngst eine Resolution veröffentlicht und einen Stopp derartiger Patente verlangt.
Klar äußert sich auch Verena Schmitt, Referentin für Ökolandbau beim Umweltinstitut München, das die meisten der Stellungnahmen gesammelt hat, zu diesem Thema: „Es darf keine Patentmonopole auf die herkömmliche Züchtung von Pflanzen und Tieren geben. Sonst droht der Ausverkauf unserer Lebensgrundlagen  an Bayer & Monsanto, Dow-Dupont und Syngenta. Das EPA darf deshalb nicht länger nur die Interessen der Industrie und Patentanwälte bedienen. Beschlüsse der Politik und gesetzliche Verbote müssen endlich berücksichtigt werden.“
Die 38 Mitgliedsländer des EPA hatten bereits 2017 einen Stopp der Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren beschlossen. Aus diesem Grund hatte das EPA im März 2019 ein Verfahren vor seiner höchsten Instanz, der „Großen Beschwerdekammer“, eröffnet, um zu prüfen, ob dieser Beschluss in Übereinstimmung mit den Regeln und Statuten des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) ist. Die jetzt eingereichten Stellungnahmen und die Resolution des EU-Parlamentes müssen im Rahmen des Verfahrens berücksichtigt werden. Mit einer Entscheidung ist vermutlich im Laufe des Jahres 2020 zu rechnen. (BE)

Quelle: https://www.no-patents-on-seeds.org/de

zur Startseite