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Infopunkte Natur

raum&zeit-Ausgabe 233

Membran filtert radioaktive Abfälle aus Wasser

Bei dem Gedanken läuft es manch einem eiskalt über den Rücken: Japans Regierung will bis zum Jahr 2022 über eine Million Liter radioaktiv verseuchtes Wasser, das sich derzeit in Spezialtanks befindet, im Meer entsorgen. Doch es gibt Hoffnung. Denn zwei Forscher von der ETH Zürich haben vor einiger Zeit eine preisgünstige Filtermembran präsentiert, die mit Schwermetallen kontaminiertes Wasser reinigen kann. In ihrer jüngeren Studie „Amyloid hybrid membranes for removal of clinical and nuclear radioactive wastewater“ (deutsch etwa: Amyloid-Hybrid-Membran für die Reinigung von radioaktiven Abwässern aus Krankenhäusern und Nuklearanlagen) konnten die ETH-Forscher Raffaele Mezzenga und Sreenath Bolisetty nun zeigen, dass ihre Entwicklung radioaktive Nuklide wie wie Iod-​131, Iod-123, Gallium-68, Lutetium-​177 und Technetium-99 fast vollständig aus verseuchtem Wasser filtert. „Die Filtermembran eliminiert radioaktive Isotope auf breiter Basis“, so Mezzenga. Grundsätzlich sollen alle radioaktiven Isotope, die im Periodensystem zwischen den getesteten Extremen Technetium und Uran liegen, an die Membran binden. Dazu zählen auch radioaktives Cäsium, Silber und Kobalt, die im Abwasser von Fukushima vorhanden sind. Einzig Tritium, das dort in hohen Mengen vorkommt, bindet wahrscheinlich nicht an die Membran, weil es zu klein ist. „Bestätigt sich unsere Vermutung, könnte mithilfe der Filtermembran das Abwasservolumen in Fukushima massiv reduziert werden, sodass kein radioaktives Wasser im Pazifik verklappt werden müsste“, betont Bolisetty. Die mit den stark strahlenden Elementen gesättigten Filter könnten als Feststoffe dort aufbewahrt werden, wo beispielsweise auch abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken lagerten. Die Herstellung der Filtermembran ist nicht besonders aufwändig. Das verwendete Molkeprotein ist ein Abfallprodukt der Milchwirtschaft, günstig und überall verfügbar. Auch die Aktivkohlekomponente ist einfach erhältlich. „Ich bin schon jetzt davon überzeugt, dass Japan die Filtermembran sofort einsetzen und damit ein ernstes Umweltproblem lösen könnte“, sagt Boli-setty. (DS) 

Quelle: https://ethz.ch/de/

Sanft zu Haut und Natur

So fein und zart Seide auf der Haut ist, so brutal sind die Bedingungen konventioneller Herstellung. Herkömmlicher Weise züchten extrem schlecht bezahlte Seidenbauern in Ländern wie Indien oder China Seidenspinner. Aus den Eiern des grau-gelben Nachtschmetterlings schlüpfen Raupen, die sich erstmal mit Maulbeerblättern groß und dick fressen und sich dann mit einem ungefähr 3 000 Meter langen Faden einspinnen. Normalerweise würde die Raupe nach 18 Tagen den Kokon mit ihrem Sekret aufweichen und dann durchbeißen. Weil aber dann der Seidenfaden nicht mehr abgewickelt werden könnte, tötet der Züchter die Raupe vorher mit Wasserdampf, Mikrowelle oder heißem Wasser.

Doch es geht auch anders: Der Modedesigner Chandra Prakash übernahm 2011 eine konventionelle Seidenfarm in seiner Heimat Jharkhand, einem indischen Bundesstaat, der weltberühmt ist für seine Kokons. Prakash machte alles anders: Keine Pestizide, Nutzung traditioneller Handwerkstechniken, faire Bedingungen für die Mitarbeiter und keine Raupenmorde. Die Kokons werden jetzt in Handarbeit angeritzt, sodass die Raupen genug Zeit haben, sich in einen Schmetterling zu verwandeln und den Kokon zu verlassen. Erst dann wird der Kokon zu Seidengarn versponnen.

2012 gründete Chandra Prakash sein Label COCCCON – creativity can care. Im Dezember 2020 erhielt er mit seiner bio-zertifizierten Peace Silk einen Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP). Seine Seide ist auch bei Luxus-Labels wie Chloé und Vivienne Westwood beliebt. (AF)

Quelle: www.cocccon.com

Ein Laborversuch den Lebensraum Land attraktiv zu gestalten

Der ganze Zauber begann damit, dass der Österreicher Heini Staudinger 1980 nach seinem Medizinstudium per Autostop nach Dänemark fährt und für 300 000 Schilling hochwertige Schuhe kauft. Da er kein Geld hat, borgt er es sich von Freunden und Bekannten und eröffnet einen Schuhladen in Wien, der ganz gut läuft. Später gibt er seinen Läden den Namen GEA nach der griechischen Göttin der Mutter Erde. 

Wie der Zufall es will, kann er in seinem Schuhladen zusätzlich Balans-Stühle verkaufen. Diese Stühle begünstigen die aufrechte Haltung der Wirbelsäule, so ähnlich wie der Minusabsatz der Schuhe. Für den Möbelhandel war es eine Riesenüberraschung, dass der kleine Schuhhändler Tausende von diesen Stühlen verkaufen konnte. Der Verkaufserfolg der Balans-Stühle machte einen Wiener Architekten aufmerksam, der Futons (Matratzen nach japanischem Vorbild) vertrieb. Als sich dann herausstellte, dass die Lieferanten der Futons die erwünschte Qualität nicht mehr liefern konnten, startete Staudinger Hals über Kopf eine eigene Produktion, die GEA Möbelwerkstatt für hochwertige Futon und Naturmatratzen. Nach und nach kamen Betten und Möbel dazu.

1984 wurde dann die Schuhwerkstatt im Waldviertel gegründet unter dem Motto: „Weil so viele Schuhfabriken zusperren, ist es Zeit eine zu gründen.“ Ihr erstes und wichtigstes Ziel war von Anfang an, Arbeitsplätze in der Krisenregion Waldviertel zu schaffen. Als die Waldviertler Schuhwerkstätte ein paar Jahre später vor dem Ruin steht, kommt Heini Staudinger als Eigentümer ins Boot und kämpft mit den Mitarbeitern ums Überleben der Werkstätte. 

Nach vielen, vielen Kämpfen ist mittlerweile ein kleines GEA Universum entstanden, das er mit vielen anderen aufgebaut hat. Neben der Produktion von hochwertigen Schuhen, Taschen und Möbeln betreiben sie eine Akademie, ein Hotel und ein Restaurant und bringen eine eigene Zeitschrift heraus. 

Damit konnten sie in einem Dorf die ländlichen Strukturen wieder aufleben lassen und sich in einer Region wirtschaftlich unabhängig machen, in die niemand investieren wollte. „Und jetzt, wo die Ortsstrukturen weitgehend kaputt sind, wollen wir Verantwortung übernehmen, unseren Lebensraum selbst zu gestalten. So gesehen ist das, was wir hier treiben, ein Laborversuch, den Lebensraum Land attraktiv zu gestalten. Diesen Versuch halten wir für wertvoll, da das Land ohne Zweifel eine viel höhere Krisenfestigkeit hat als die Stadt. Und außerdem ist es oft schön und beglückend, der Natur so nahe zu sein.“ (HM)

Quellen: https://gea-waldviertler.de/

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