Chinesen vermelden "Quantenüberlegenheit"

Angeblich zwei Durchbrüche

Es schwelt und brodelt in der Hexenküche der Quantencomputer. Seit Jahren verdichten sich die Meldungen über neue Rekorde im Hinblick auf Rechengeschwindigkeit, Komplexität des Problems oder Stabilität der Quantenzustände. Allein – wer geglaubt hat, die Quantenrechner würden nun locker von Rekord zu Rekord eilen und bald sogar für Privatanwender verfügbar sein, der muss sich weiterhin gedulden. Quantenrechner bieten bekanntlich den Vorteil, dass sie aufgrund des quantenmechanischen Superpositionsprinzips parallel arbeiten und daher – zumindest theoretisch – letztlich millionenfach schneller sind als herkömmliche Supercomputer, die nur linear rechnen können. Das große Problem heißt nach wie vor Stabilität und Kontrolle der Qubit genannten Quantenzustände, was nur mit erheblichem technischen Aufwand (meist extremer Kühlung und energetischer, thermischer Isolation von der Umgebung) erreichbar ist. Zwar sollen durchaus schon Quantenrechner im Einsatz sein – so führt etwa der Volkswagenkonzern ein öffentliches Verkehrsprojekt (Routen- und Fahrgast-optimierung) in Lissabon mithilfe eines Quantenrechners des kanadischen Unternehmens D-Wave sowie Google als weiterem Technologiepartner durch – allerdings wurden bislang kaum Resultate beziehungsweise Erfahrungen öffentlich kommuniziert. Es gibt Experten, die das D-Wave-Prinzip der Quantenannihilation nicht als „echtes“ Quantencomputing ansehen, weil der Anwendungsbereich eingeschränkt sei und eben damit niemals die sprichwörtliche „Quantenüberlegenheit“ erreicht werden könne. Nicht anders sieht das im experimentellen Bereich aus. Erst 2019 verkündete Google einen entsprechenden Durchbruch, der jedoch flugs von IBM-Entwicklern infrage gestellt wurde. Die Aufgabe, die der Google-Quantenrechner bewältigt habe, sei zu einseitig gewesen, gleichzeitig seien die Fähigkeiten klassischer Superrechner als untertrieben dargestellt worden. Allein daran lässt sich ermessen, dass man es nicht mit einer klassischen Technologie zu tun hat, deren Bewertung nach eindeutigen Standards geschieht. Entsprechend vorsichtig sollte man daher Meldungen wie die folgende bewerten, wonach gleich zwei chinesische Entwicklergruppen „Quantenüberlegenheit“ für ihre Quantenrechner proklamierten. Das auf tiefgekühlter Supraleitung basierende Projekt Zuchongzhi 2 bringt es auf 66 Qubits, was über eine Billiarde Zustände für die parallele Berechnung ermöglichen würde. Das andere chinesische Projekt ist der Photonenrechner Juizhang 2, der mit 113 Photonen operieren soll. Der kleine, aber entscheidende Pferdefuß: Die Photonen lassen sich nicht einzeln kontrollieren; allerdings habe man hier mithilfe optischer Prozessoren entscheidende Verbesserungen erzielt. Zuchongzhi 2 indessen – nun ja, auch er wartet noch auf sinnvolle Anwendungen seiner Quantenkunst. Es scheint, dass hier die Lösung zeitlich vor dem Problem vorhanden ist – mal wieder so ein verflixtes Quantenparadoxon. (DS)
Quelle: www.trendsderzukunft.de

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