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Stanford Prison Experiment als Fake entlarvt 

Gefälschte Wissenschaft

Das sogenannte Stanford Prison Experiment, 1971 unter der Leitung des Psychologen Philip Zimbardo durchgeführt, ist ein Beispiel dafür, wie Fake-Wissenschaft in der Öffentlichkeit ein Eigenleben erlangen und dabei unser Denken maßgeblich prägen kann. An dem Experiment nahmen 24 Freiwillige teil, die zufällig durch Münzwurf in Gefängnisaufseher und Gefängnisinsassen aufgeteilt wurden. Die Aufseher – sonst unauffällige Bürger – entwickelten sich während des Rollenspiels zu sadistischen Folterknechten – angeblich. Nach bereits sechs Tagen (angesetzt waren zwei Wochen) wurde das Experiment, das außer Kontrolle zu geraten drohte, abgebrochen. Stanford Prison wird auch heute noch immer wieder zitiert um darauf hinzuweisen, dass in jedem von uns etwas abgrundtief Böses stecke, das nur auf entsprechende Umstände warte, um auszubrechen. Zeitschriftenartikel, Bücher („Black Box“ von Mario Giordano) und Filme, allen voran die deutsche Produktion „Das Experiment“ (2001), popularisierten das Gefängnis-Experiment – natürlich mit den branchenüblichen Übertreibungen – und prägten so unser Menschenbild. Allerdings weiß man heute, dass dieses psychologische Experiment massiv manipuliert wurde. Bereits 2001 reproduzierten die Psychologen Alexander Haslam und Stephen Reicher das Setup des Stanford Prison Experiments für die BBC – mit völlig unterschiedlichen Resultaten. Es kam dort zu keiner Konfliktsituation, sondern Wärter und Insassen solidarisierten sich. Anders als Zimbardo hatten Haslam und Reicher den Versuchsteilnehmern keinerlei Vorgaben gemacht. Im Jahr 2009 forderte der französische Soziologe Thibault LeTexier – als erster überhaupt – die Protokolle des Experiments aus den Archiven der Stanford University an. LeTexier war entsetzt ob der Menge an Manipulationen durch Zimbardo. So hatte dieser den Wärtern Anweisungen erteilt, was er aber verschwiegen hatte. Und einer der Wärter, ein Student Zimbardos, hatte die Aufgabe, sadistisches Verhalten an den Tag zu legen. Elf der 17 Regeln, angeblich von den Wärtern „frei“ ersonnen, um die Gefangenen zu kujonieren, stammten von diesem Studenten. LeTexier: „Da ist … rein gar nichts Wissenschaftliches an diesem Experiment. Meines Erachtens müsste es aus den Psychologiebüchern entfernt werden. Oder man behält es als Beispiel, wie schlechte Wissenschaft funktioniert.“ Als im Jahr 2019 das Buch „Im Grunde gut“ des niederländischen Historikers Rutger Bregman erschien, nahm die Entlarvung von Stanford Prison durch die systematische Darlegung der Fälschungen Zimbardos weiter an Fahrt auf. Zimbardo selber gab die Fälschungen zu, stilisierte sich jedoch als Opfer seiner eigenen Rolle als Gefängnisdirektor und damit als Opfer der menschlichen Natur. Damit nährte er das Narrativ vom sadistischen Nazi tief in uns allen. Die Geschichte vom Stanford Prison Experiment habe jetzt halt ein Eigenleben, so Zimbardo. Übrigens zeigt Rutger Bregman in dem o. g. Buch auf, dass auch das noch berühmtere Milgram-Experiment, in dem Probanden Schauspielern Stromstöße verabreichen, in ähnlicher Weise manipuliert wurde. (DS)

Quellen: www.youtube.com/watch?v=Ba3D4TR3xi8
www.deutschlandfunknova.de

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