Atemwegserkrankungen lenken unsere Aufmerksamkeit auf einen großen Heiler in uns: den Atem. Welche heilsamen Erfahrungen wir machen können, wenn wir uns auf die Verbindung mit dieser rhythmischen Urbewegung in uns einlassen, beschreibt die Atemtherapeutin Christine Meyne.
Berta S. sitzt in ihrem Lehnsessel und keucht. Sie ist sehr dünn und ihre Muskeln und Adern am Hals treten stark hervor. Beim Einatmen zieht sie die Schultern hoch und schaut mich mit weit offenen Augen an. Sie hat Angst, nicht genug Luft zu bekommen. COPD (chronic obstructive pulmonary disease) ist ihre Diagnose, eine chronisch fortschreitende Erkrankung der Lunge mit dauerhaft entzündeten, verengten Atemwegen. Sie fragt hilfesuchend, „Was kann ich nur tun?“ und wird schon wieder von einem Hustenanfall unterbrochen. Sie spuckt Schleim in das bereits nasse und zerknüllte Taschentuch in ihren zittrigen Händen. Ich setze mich neben sie auf einen Stuhl und lege meine Hand leicht auf ihre Schulter. Ich spüre sofort die Anstrengung, die es sie kostet, Luft durch ihre verengten Bronchien zu saugen. Ihre Atemmuskulatur im Nacken und Brustkorb ist angespannt und überstrapaziert. Ich frage sie, ob ich meine andere Hand auf ihren Bauch legen darf. Sie nickt. Das Zwerchfell ist fest und ihr Atem geht flach und schnell. Ich bleibe, eine Hand leicht auf der Schulter, die andere deutlicher auf dem Bauch, jetzt ungefähr in Höhe des Nabels. Ich warte ab, bis die Berührung selbstverständlich wird und gebe eine Zeitlang jeweils beim Ausatmen einen leichten Druck auf die Bauchdecke, den ich beim Einatmen wieder löse. Die Aufmerksamkeit verlagert sich etwas weg von Brustkorb und Schultern, hin zum Bauch, der sich jetzt von alleine im Rhythmus ihres Atems etwas mehr als vorher hebt und senkt. Die Anspannung im Gesicht lässt nach. Es tritt insgesamt eine leichte Entspannung ein. Die sogenannte Bauchatmung verbraucht weniger Energie und ist weniger anstrengend als die Brustatmung. Das Zwerchfell, unser Hauptatemmuskel schwingt mehr mit und das Herz bekommt mehr Raum. Außerdem fördert die Bauchatmung die Verdauung und den venösen Rückstrom des Blutes zum Herzen, in den rechten Vorhof. Berta S. atmet jetzt ruhiger und tiefer und der angstvoll angestrengte Blick hat sich in ein neugieriges Schauen gewandelt. „Kann ich das auch selber machen?“ fragt sie. „Ja“, sage ich. „Legen Sie Ihre Hände auf den Bauch, sanft und freundlich, und warten Sie ab. Der Atem will eingeladen sein wie ein guter Freund.“
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