Bestseller-Autor Marc Friedrich im Interview

Ist Bitcoin das Geld der Zukunft ?

Das Geldsystem ist der entscheidende Faktor für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Wohlstand. Unser derzeitiges Fiat-Geld scheint aber eher in eine entgegengesetzte Richtung zu führen. Der Finanzexperte Marc Friedrich legt dar, warum er den Bitcoin (BTC) für „[d]ie größte Revolution aller Zeiten“ hält.

Von Dipl.-Phys. Detlef Scholz, Wolfratshausen

raum&zeit: Angesichts des drohenden Finanzkollaps und drohender Enteignungen durch den Staat. Was sind Ihre drei bevorzugten Assets/Vermögenswerte?
Marc Friedrich: Bitcoin, Edelmetalle und Aktien.

r&z: Also Bitcoin nennen Sie an erster Stelle.
M. F.: Die Reihenfolge ist meine Prio. Bitcoin ist das Best Performance Asset und das rarste Asset. Es ist das erste Asset, von dem wir wissen, wie viel es davon gibt bzw. noch geben wird. Wir wissen nicht, wie viel Geld die EZB noch drucken wird. Wir wissen nicht, wie viel Gold noch in der Erde schlummert. Bei Bitcoin haben wir eine mathematische Limitierung auf knapp 21 Millionen Einheiten. Somit hat die Menschheit zum allerersten Mal ein limitiertes Gut erschaffen. Deswegen ist es das schnellste Pferd im Stall gegen Kaufkraftverlust und Inflation.

r&z: Die Entwicklung scheint Ihnen recht zu geben, denn der Bitcoin gehört ja derzeit (Stand Februar 2024) wieder zu den zehn wertvollsten Assets, gemeinsam mit Apple, Microsoft, Amazon, Google und so weiter. Seine Marktkapitalisierung liegt bei etwa einer Billion Euro.
M. F.: Bitcoin ist auch das erfolgreichste Asset, was die Menschheit jemals gesehen hat seit seiner Einführung vor 15 Jahren. Er hat letztes Jahr den Markt bei weitem geschlagen. Er ist zwar volatil, aber 2023 war er zum Beispiel mit 164 Prozent wieder der Spitzenreiter.

Geschürte Panik

r&z: Aber viele Menschen misstrauen der Kryptotechnik. Sie ist ihnen zu kompliziert. Was läuft da im Hintergrund ab, gibt es da nicht doch Überwachung? Ist es vielleicht eine Falle?
M. F.: Deswegen habe ich das Buch (s. Buchtipp) ja auch geschrieben. Ich habe diese ganzen Mythen und Vorurteile, diese Panik und Angstmache um den Bitcoin adressiert. Was ist, wenn BTC ein trojanisches Pferd ist von der CIA? Was passiert bei einem Stromausfall usw. Meine Nachricht an all die, die Angst davor haben, ist biblisch: Fürchtet euch nicht. Ich habe in dem Buch 2 000 Jahre Geldgeschichte untersucht. Ergebnis: Die Geldsys-teme scheitern immer am schwächsten Glied in der Kette, nämlich dem Menschen. Stets kommt ein verrückter Kaiser, ein irrer Diktator oder ein korrupter Politiker daher und hebelt das Geldsystem aus, egal ob Goldstandard oder irgendein anderes Geldsystem. Und was Satoshi Nakamoto, der anonyme Erfinder von Bitcoin, erkannt hat, war, dass er das schwächste Glied der Kette, nämlich den Menschen, herausnehmen muss. Hinter Bitcoin steht keine Firma, keine Partei, keine Zentralbank, keine Politik und natürlich auch kein Mensch. Und dementsprechend ist er eigentlich nicht manipulierbar und zensurfrei. Das ist der Riesenvorteil. Und er ist limitiert. Aus dem Grund kann ich nur jedem raten, sich mit Bitcoin zu beschäftigen. Jeder Mensch sollte mindestens 1 Prozent seines Vermögens in Bitcoin investieren. Es wird gravierende Auswirkungen auf das Leben eines jeden Einzelnen haben. BTC wird das erfolgreichste Asset bleiben und die Menschen werden sich für das bessere Geldsystem sowieso entscheiden. Die letzten Wochen und Monate haben es ja bewiesen. Selbst die Finanzwelt gibt klein bei und umarmt jetzt Bitcoin. Bitcoin ist gekommen, um zu bleiben.

Hinter Bitcoin steht keine Firma, keine Partei, keine Zentralbank, keine Politik und natürlich auch kein Mensch.

r&z: Sie meinen die ETFs 1. Besteht aber dadurch nicht auch die Gefahr, dass da wieder so etwas wie Zertifikate in Umlauf gebracht werden können und folglich mehr verkauft wird, als tatsächlich an Bitcoin vorhanden ist? Also Blasenbildung … 

M. F.: Die ETFs, die jetzt implementiert worden sind, müssen natürlich hinterlegt sein, eins zu eins mit Bitcoin. Das heißt, es sind keine synthetischen ETFs, sondern die sind wirklich. Wenn Blackrock 5 000 ETFs verkaufen möchte, brauchen sie auch 5 000 Bitcoins. Also ein ETF ist auch mit einem Bitcoin hinterlegt. Das lässt sich überprüfen. Fakt ist, dass die Finanzwelt Bitcoin jahrelang erst ignoriert, dann belächelt und schließlich bekämpft hat, und dann hatte BTC schließlich gewonnen – um es mit Gandhi zu sagen. BTC wird immer noch angegriffen oder diskreditiert durch Falschbehauptungen in den Medien, Diffamierungsversuche durch Politiker usw. Aber all das sollte Ihre Leserschaft darin bestärken, genau das Gegenteil von dem machen, was Brüssel, Berlin und andere Regierungen eigentlich sagen. Nämlich in Bitcoin zu sparen. Denn wenn die Politiker Angst vor etwas haben, ist das ein gutes Zeichen, dann spricht es für Freiheit und Demokratie.

BTC verschwendet keine Energie, er nutzt bislang unerschlossene Energiequellen.

Grüner Engel Bitcoin

r&z: Verbraucht Bitcoin nicht zu viel Energie?

M. F.: Darüber habe ich auch ein ganzes Kapitel geschrieben. Ich habe es „Bitcoin ist der grüne Engel und rettet das Klima“ genannt. Erstens verschwendet unser jetziges Geldsystem viel mehr Energie und zwar wirklich schädliche. Ein Fiatgeldsystem wie das unsrige führt zu einer Fehlzuweisung von Vermögen oder Kapitalflüssen. Nur in einem Fiatgeldsys-
tem sind Kriege möglich. Nur das Fiat-Geldsystem ermöglicht unsere totale Konsum- und Überflussgesellschaft mit ihren ökologischen Verwerfungen. Eigentlich müssten sich die Klimakleber nicht auf der Straße festkleben, sondern an der EZB in Frankfurt. In einem gedeckten Geldsystem oder in einem Bitcoinstandard wären auch die umweltschädlichen, sozialistisch grünen Projekte der Berliner Hampelregierung gar nicht finanzierbar. Deswegen möchte man dieses ungedeckte Papiergeldsystem beibehalten. Die Notenbanken wollen daher das digitale Zentralbankgeld CBDC 2 implementieren, um dieses Fiat-Betrugssystem auf die nächste Stufe zu hieven. Und zwar in die digitale Ebene, um die Bürger zu überwachen, zu drangsalieren, zu besteuern und zu enteignen. Bitcoin ist nachweislich zu 56 Prozent aus erneuerbaren Energien generiert. Die Miner 3 wollen natürlich möglichst billig Bitcoin produzieren, daher nutzen sie die günstigste Energiequelle. Beispielsweise Wasserfälle oder Geothermie in Island, Lavaenergie aus Vulkanen und natürlich auch Sonne und Wind. Oder das Flaring, also das Abfackeln von Methangas aus Öl und Gasfeldern. Diese Energie verpufft normalerweise, wird durch BTC jedoch plötzlich nutzbar. In einigen afrikanischen Ländern gibt es sogenannte „stranded Energy“, also Energie, die weit weg ist von der Zivilisation. Da würde sich der Leitungsbau nicht lohnen. Man stellt da einfach in einem Container Bitcoin-Miner auf, beispielsweise an einem Wasserfall tief im Dschungel. Mit den generierten BTC kann der Miner dann in der weit entfernten Stadt Strom oder auch andere Güter kaufen. BTC verschwendet keine Energie, er nutzt bislang unerschlossene Energiequellen.

Kaum Geldwäsche mit Bitcoin

r&z: Nächster Einwand: Bitcoin wird bevorzugt von Kriminellen für die Geldwäsche genutzt. 

M. F.: Etwa ein Prozent der kriminellen Geschäfte weltweit werden mit Kryptowährungen gemacht. Soviel ich weiß, hat die Mafia lieber Cash, weil das doch noch anonymer ist. Denn die Blockchain ist ja komplett transparent. Man kann die Blockchain bis zur ersten Transaktion im Jahr 2009 nachvollziehen. Sie wissen zwar nicht, wem welche Wallet gehört, aber Sie können jede einzelne Transaktion nachvollziehen. 

r&z: Aber wird dadurch dann nicht auch die Anonymität aufgehoben?

M. F.: Man kann auf der Blockchain zwar sehen, von welcher Wallet (digitaleGeldbörse) Geld abgegangen ist und wo es hingegangen ist. Aber man weiß nicht, wer hinter dieser einzelnen Wallet steht. Überdies können Sie Bitcoin anonymisieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel die sogenannten Coinmixer. Dieser wirft Ihre Coins in einen Topf mit anderen Transaktionen und mixt sie durch, sodass keiner sie mehr zuordnen kann. Also auch da arbeiten die Bitcoin-Entwickler an weiteren Lösungen, um diesem übergriffigen Überwachungsstaat ein Schnippchen zu schlagen. 

Altcoins sind keine Alternative

r&z: Wie bewerten Sie alternative Kryptowährungen, die sogenannten Altcoins wie Ethereum, Monero oder Dash?

M. F.: Hinter jedem der Altcoins stecken Stiftungen oder Privatpersonen. Dadurch besteht immer die Gefahr eines Scheiterns oder bestohlen zu werden, wenn der Eigentümer pleitegeht oder sich mit dem Geld absetzt. Bitcoin ist das einzige dezentrale Netzwerk, hinter dem keine Partei steht, keine Notenbank, kein Politiker. 2 000 Jahre Geldgeschichte zeigen einfach, dass das schwächste Glied in der Kette immer der Mensch ist und zwar egal, in welcher Regierungsform. In Bitcoin sind 2 000 Jahre Erfahrung mit Geldsystemen hineingeflossen. Satoshi Nakamoto erkannte, dass der Mensch korrumpierbar, emotional, anfällig, fehlbar ist und zu Korruption oder Kriminalität neigt, wenn er am Futtertrog sitzt. Gelegenheit macht Diebe. Deswegen hat er den Menschen rausgenommen aus der ganzen Geschichte und damit meiner Ansicht nach das perfekte Geldsystem entwickelt. Das zeigen auch 60 Millionen Prozent Rendite in den 15 Jahren, seit Bitcoin in die Welt kam.

r&z: Könnte es nicht sein, dass der BTC technische Innovationen dadurch ausbremst, dass dann Investitionen lieber in BTC statt in innovative junge Firmen gesteckt werden?

M. F.: Der Mensch ist seit jeher lösungsorientiert und neugierig und investiert immer in neue Innovationen. Unternehmer sein ist auch eine Leidenschaft. Wenn jemand eine Idee hat oder unternehmerisch tätig ist, dann will er nicht nur zugucken, wie das Vermögen steigt, sondern er wird aktiv werden. Wenn ich mit einem bedingungslosen Grundeinkommen mein Leben finanzieren könnte, würde ich ja auch nicht den ganzen Tag auf dem Balkon sitzen und Caipirinha trinken, sondern ich bin jemand, der nach drei Tagen Strandurlaub einfach gelangweilt ist. Deswegen schreibe ich Bücher oder mache Videos. Die wenigsten Menschen sind faul, jeder hat irgendeinen Antrieb. Die meisten Menschen wollen doch was erreichen im Leben. Deswegen mache ich mir da keine Gedanken. Es gibt Unternehmen, die inves-
tieren in Bitcoin, aber da sage ich als Honorarberater ganz klar: Das macht keinen Sinn! Als Unternehmer in Deutschland müssen Sie ja auch, wenn Sie in Bitcoin investieren, 25 Prozent Abgeltungssteuer oder 30 Prozent Unternehmenssteuer zahlen. Aus dem Grund lohnt sich eine BTC-Investition eigentlich nur für Privatperson. Noch sind Gewinne auf Bitcoin nach einem Jahr Haltefrist steuerfrei.

Wenn die Politiker Angst vor etwas haben, ist das ein gutes Zeichen, dann spricht es für Freiheit und Demokratie.

Was passiert bei Freier Energie?

r&z: Was würde passieren, wenn wir Raumenergie, also Energie quasi zum Nulltarif zur Verfügung hätten? Dann würde das Mining kein Geld mehr kosten.

M. F.: Sie kennen wahrscheinlich die Kardaschow Skala. Sie beschreibt das Energielevel, das eine Zivilisation erreicht hat. Auf der dreistufigen Kardaschow-Skala haben wir momentan Typ eins erreicht, also noch ziemlich primitiv. Freie Energie hätte unglaubliche Effekte auf die technologische Entwicklung der Menschheit. Ich sehe Bitcoin als den Weg Richtung Typ zwei auf der Kardaschow-Skala. Das ist eine Zivilisation, die in der Lage wäre, die Gesamtleistung ihres kompletten Planeten zu nutzen. Freie Energie ist ein Thema und wird kommen. Aber Bitcoin wird trotzdem seinen Wert aufrechterhalten.

r&z: Was ist bei einem Blackout? Dann ist der Bitcoin nicht mehr verfügbar.

M. F.: In dem dezentralen Bitcoin-Netzwerk sind weltweit mittlerweile 100 000 Knotenpunkte 4 aktiv. Solange irgendwo auf der Welt auch nur ein einziger Knotenpunkt aktiv ist, wird BTC weiterlaufen. Wenn wir weltweit global einen Stromausfall hätten, dann hätten wir ganz andere Probleme. Die Welt würde im Chaos versinken, alles würde zum Erliegen kommen. Es würde wahrscheinlich Milliarden Tote geben, dann brauchen Sie auch kein Bitcoin mehr. 

r&z: Was passiert, wenn der letzte Bitcoin erzeugt sein wird?

M. F.: Etwa 2140 wird der letzte Bitcoin erzeugt. Dann haben wir die knapp 21 Millionen Einheiten erreicht und es wird kein Mining mehr geben.

r&z: Aber der Bitcoin ist dann natürlich weiter im Umlauf.

M. F.: Genau. So Gott will, wird BTC dann eine führende Währung oder sogar die Weltwährung sein. Es wird weiterhin Transaktionen geben, aber es werden keine neuen Bitcoins mehr hinzu kommen. Zudem wurden schon schätzungsweise zwischen ein und drei Millionen Bitcoins verloren. Das heißt, wir haben eigentlich nur 17 oder 18 Millionen Bitcoin, die im Umlauf sind. Es gibt auf der Welt mehr Millionäre als Bitcoins.

Der Bitcoin-Standard

r&z: Wie sollen Menschen, die heute noch keinen Bitcoin haben und sich voraussichtlich auch keinen kaufen werden, dann an ihr Geld kommen?

M. F.: Ähnlich wie damals beim Goldstandard. Der Dollar war gekoppelt an das Gold. Für 35 Dollar gab es eine Goldunze. Und so wird es wahrscheinlich auch im Bitcoin-Standard laufen. Das heißt, Bitcoin ist das Fundament und dann wird darüber eine Ebene gelegt: andere Coins, Tokens oder vielleicht sogar wieder Papier- oder Plastikgeld. Sie haben dann einfach ein gedecktes Geldsystem, in dem die Einheiten an den fixen Wert von Bitcoin gekoppelt sind. Und um zu Geld zukommen, macht man dasselbe wie heute: Man geht arbeiten.

r&z: Klingt einleuchtend.

M. F.: Da müssen wir das Rad nicht neu erfinden, es ist alles schon gegeben. Zudem ist jeder Bitcoin auch unterteilbar in 100 000 000 Untereinheiten, die sogenannten Satoshi. Das heißt, Sie müssen heute nicht 50 000 Euro haben, um an BTC kommen. Bei einem BTC-Preis wie derzeit von gut 50 000 Euro entspricht 1 Euro-Cent 2 000 Satoshi. Das ist also eine sehr feine Unterteilung.

r&z: Wie sollte man sein Geldvermögen anteilsmäßig aufteilen?

M. F.: Das ist natürlich immer nur individuell zu betrachten. Wie viel Geld hat jemand? Wie ist die Lebenssituation, wie alt ist man et cetera? Aber Pi mal Daumen würde ich sagen: nie mehr als 30 Prozent in eine Assetklasse, denn sonst haben Sie immer ein Klumpenrisiko. Ich würde also 30 Prozent in Aktien investieren, und hier vor allem in fossile Energieträger wie Öl, Gas, Kohle, Uran – alles Dinge, die die Hampelregierung hasst. Das sind meine favorisierten Werte, die werden gut laufen. Außerdem Rohstoffe generell, also Metalle, Nickel, Gold, Silber etc. als Aktienwerte und dann physisches Gold. Da erwarte ich auch hohe Wertsteigerungen, weil wir uns in einer inflationären Welt befinden. In einer solchen brauchen Sie limitierte Werte. Alles was limitiert ist, wird im Preis weiter steigen. Was lediglich zeigt, dass das Papiergeld an Kaufkraft verliert. Der Euro hat seit Einführung vor 25 Jahren offiziell jetzt schon 40 Prozent an Kaufkraft verloren. Wenn Sie allerdings einen in Waren limitierten Wert dagegen setzen – egal ob Immobilie, Aktien oder Gold – sind wir bei über 90 Prozent, gegenüber Bitcoin sogar 99,99 Prozent.

r&z: Die Inflation schreitet voran…

M. F.: Wir sind bereits in der Hyperinflation. Wenn Sie vor 20 Jahren eine Immobilie gekauft haben, dann hat sich diese im Preis durchschnittlich verdoppelt in Deutschland. Aber ist jetzt Ihre Immobilie doppelt so groß oder hat sich der Garten um das Doppelte vergrößert? Nein, Sie müssen lediglich jetzt doppelt so viel Papierscheine der EZB auf den Tisch legen für die gleiche Immobilie, die Sie vielleicht nicht einmal in Schuss gehalten haben. Sie sehen einen ganz klaren Kaufkraftverlust. Der Euro hat sich eigentlich im Wert halbiert. Und damit wird uns das Wertvollste genommen, was wir eigentlich besitzen: Zeit. Denn Sie, ich und Ihre Leser investieren ja das Wertvollste und Rarste, was wir haben, nämlich unsere Lebenszeit, in Arbeit, um Geld zu verdienen. Wenn uns dieses Geld dann durch Steuern und Abgaben genommen wird, ist das bitter. Aber wenn dann auch noch eine Inflation dazukommt, dann ist es Diebstahl. Dann müssen Sie auf jeden Fall Zwischenspeicher suchen, um diese gespeicherte Lebenszeit zu sichern, um Kaufkraftverlust zu vermeiden. Und da ist natürlich Bitcoin momentan das schnellste Pferd im Stall. 

Schwundgeld als Alternative?

r&z: Was halten Sie eigentlich von dem Schwundgeld-Modell 5 des Sozialreformers Silvio Gesell? Wäre das nicht eine handfestere Alternative?

M. F.: Wir haben ja schon Schwundgeld, weil es inflationsbedingt immer weniger wert ist. Spaß beiseite. Eine Art Schwundgeld hat gerade die EZB mit dem CBDC im Kopf. Das heißt, es wird eine Art Mindesthaltbarkeitsdatum auf das Geld einprogrammiert, sodass man genötigt ist, es auszugeben. Wenn Sie das Geld nicht innerhalb von 30 Tagen ausgeben, dann wird es einfach um 50 Prozent entwertet und danach ist es ganz weg. Oder Sie dürfen es nur noch für bestimmte Kategorien ausgeben. Nur darf das nicht klimaschädlich sein. Einmal im Monat Fleisch reicht. Was, Sie wollen schon wieder nach Mallorca fliegen? Nichts da! Das kostet extra usw. Deswegen glaube ich, eine Art Schwundgeld werden wir wahrscheinlich in Zukunft haben. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Schwundgeld hat tatsächlich in Wörgl sehr gut funktioniert. Ich habe Sympathien dafür. Nur: Ob es auch langfristig funktionieren würde, wage ich zu bezweifeln. Denn auch hier haben Sie den Menschen als Risikofaktor drin. Denn es muss ja irgendjemand kontrollieren. Bei Bitcoin haben Sie diese menschliche Komponente erstmalig rausgenommen, deswegen würde ich mich darauf versteifen. Ich fand auch das Vollgeld 6 sehr interessant, bei dem praktisch alle Einlagen auch zu 100 Prozent gesichert sind, so wie es sich auch jeder eigentlich momentan vorstellt. Momentan denkt ja jeder, wenn ich 1 000 € einzahle, dann nimmt die Bank die 1 000 € und verleiht sie an den Nachbarn, der sich damit z. B. ein Haus kaufen möchte. Ist aber nicht so, weil die Bank Geld aus dem Nichts schöpfen kann. Der Faktor ist eher eins zu 100, also aus 1 000 € werden dann auf einmal 100 000 € und trotzdem muss man die Zinsen zahlen für das Geld, das aus dem Nichts geschöpft wurde. Aber Schwundgeld und Vollgeld sind sympathische Ideen. Habe ich auf jeden Fall eine Affinität dazu. Dennoch: Bitcoin ist das einzige System, wo diese Komponente, das schwächste Glied der Kette, nämlich der Mensch, herausgenommen wurde.

Erläuterungen 

1 ETF = engl. Exchange Traded Funds; ein Aktienfonds, der einen Anlagemarkt abbildet
2 CBDC = Central Bank Digital Currency, das geplante digitale Zentralbankgeld
3 Miner, von engl. to mine = in einer Mine schürfen/gewinnen. Ein Miner „schürft“ BTC
durch Energieaufwand (sogenannter „proof of work“ = Leistungsnachweis). Dadurch ist die
thermodynamische Anbindung von BTC an die Realwelt gesichert.
4 Knotenpunkte = engl. Nodes; halten das Bitcoin-Netzwerk stabil und gewährleisten
den reibungslosen Austausch und die Verifizierung von Daten. Jeder kann sich eine
BTC-Node zulegen und so aktiv am BTC-Netzwerk teilnehmen.
5 Schwundgeld = eine Form des Geldes in einer Freiwirtschaft, wodurch der Umlauf des Geldes verstetigt werden soll. Geld verliert dadurch seinen Wertaufbewahrungscharakter.
6 Vollgeld = Geld, das nur von der Zentralbank (nicht von den Geschäftsbanken) geschöpft werden kann. Siehe auch raum&zeit Nr. 200: „Vollgeld – Ja zu echtem Geld auf unseren Konten“ von Thomas Mayer.

Autor

Detlef Scholz
Dipl.-Phys.

studierte Physik in Münster. Danach siedelte er nach München über und arbeitete dort als Ingenieur. Seit Mitte der neunziger Jahre ist er als Fachjournalist tätig.