„Hintergrundgespräche“

MDR-Redakteure treffen Verfassungsschutz

Ein Inlandsgeheimdienst wie der Verfassungsschutz (VS) ist der Ausdruck tiefen Misstrauens des Staates gegen die eigene Bevölkerung. Ist letztere demokratisch gefestigt wie die deutsche – nach nun immerhin 76 Jahren BRD – sollten die Schlapphüte schon lange eingemottet sein (siehe hierzu auch das Interview mit Mathias Brodkorb auf S. 34). Doch im Gegenteil, nie waren die Schnüffler aktiver als heute. VS-Präsident Thomas Haldenwang ist eine Art Medienstar und geriert sich als Held der Demokratie, für den rechtsstaatliche Prinzipien gefälligst nicht so kleinlich ausgelegt werden sollten. Man ist ja so unverzichtbar im Kampf gegen die Feinde der Demokratie! Unter diesem Ungeist gewinnt die „Demokratierettung“ eine Eigendynamik, die keiner Kontrolle mehr zugänglich ist. Ein Beispiel dafür ist das Geheimtreffen zwischen der Chefredaktion des MDR, einer Anstalt des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks, und Mitarbeitern von drei Landesverfassungsschutzämtern (ja, jedes Bundesland hat noch seinen eigenen Verfassungsschutz!) zu „Hintergrundgesprächen“. Als der Nachrichten-Blog Apollo News nachfragte, gaben sich beide Gesprächsparteien staatstragend nichts sagend: „Hintergrundgespräche mit verschiedensten Gesprächspartnern zu den unterschiedlichsten Themen gehören seit jeher zum professionellen journalistischen Handwerkszeug“ (MDR). Das u. a. betroffene sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) teilte lediglich mit, „im Rahmen seiner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit selbstverständlich Kontakt zu sämtlichen Redaktionen“ zu pflegen. Den Vogel ab schoss aber die sächsische Staatsregierung, die auf eine entsprechende Anfrage des Landtagsabgeordneten Carsten Hütter (AfD) zunächst zwei Treffen des MDR mit dem LfV Sachsen zwar einräumte, zum Inhalt desselben aber mauerte: „Die Staatsregierung ist dem Sächsischen Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher lediglich in Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen.“ De facto unterstehen jedoch die LfV den Landesregierungen und gehören daher sehr wohl in ihren Verantwortungsbereich. Haben sich in Wirklichkeit die Politkommissare der Staatssicherheit mit den Politkommissaren des Schwarzen Kanals getroffen? (ds)

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