Die Hauptverhandlung gegen Michael Ballweg, den Gründer von Querdenken-711, am Landgericht Stuttgart ist im vollen Gange. Ballweg wird vorgeworfen, versuchten Betrug begangen und Steuern hinterzogen zu haben. Die bisherigen Verhandlungstage lassen die Vorwürfe und Anordnungen der zuständigen Behörden immer fragwürdiger erscheinen.
Zunächst scheint es einen größeren Rechenfehler zu geben, was die Höhe der Summe anbelangt, um die es bei dem Betrugsvorwurf geht. Angeblich gab Ballweg circa die Hälfte der Spenden, die er für Querdenken-711 erhalten hatte, insgesamt 575 929 €, nicht für diese Organisation aus, sondern für private Zwecke. Genau berechnet sind es aber nur 427 000 €, für die es keine anerkannten Nachweise gibt, dass sie für Querdenken-711 ausgegeben wurden. Bis jetzt konnte in den laufenden Verhandlungen noch niemand erklären, wie es zu dem veranschlagten Betrag kam.
Zu der Frage, warum Ballweg diesen Teil der Einnahmen nicht für Querdenken ausgegeben hat, gibt es etliche Hinweise, die dem Vorwurf betrügerischer Absichten den Boden entziehen. Beispielsweise war Ballweg eingeschränkt, das Geld in die Querdenken-Bewegung zu investieren. Zum einen wurden von ihm geplante Demonstrationen teilweise verboten und verhindert. Außerdem war er von Juni 2022 bis April 2023 in Untersuchungshaft und sein Geld war beschlagnahmt.
Auch der Vorwurf der Steuerhinterziehung erscheint unangemessen, denn Ballweg befand sich in einer Justizvollzugsanstalt, als die Fristen für die Steuererklärung abliefen. Er tat von dort aus alles, um seinen steuerlichen Pflichten nachzukommen, wie ein Brief von ihm an seinen Steuerberater zeigt – der Brief wurde dem Gericht vorgelegt. Er schrieb dort an seinen Steuerberater: „Ich möchte dich bitten, meine steuerlichen Themen während dieser schwierigen Zeit weiter zu bearbeiten.“ – Kein Hinweis also auf eine gezielte Steuerhinterziehung.
Ballweg hatte auch eine Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärung beantragt, die aufgrund der widrigen Umstände nachvollziehbar hätte sein müssen. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Sehr interessant ist nun, wie es zu dieser Ablehnung kam: Die Sachbearbeiterin, die hierfür zuständig war, sagte vor Gericht, sie hätte hier auf Anweisung der Steuerfahndung gehandelt. Die Steuerfahndung hat jedoch kein Recht, solche Anweisungen zu geben, erläutert Rechtsanwalt Ralf Ludwig, der im Verteidigerteam von Ballweg ist. Ludwig zufolge war die Fristverweigerung ein politisch motivierter Schachzug „um überhaupt erst den Anschein einer Straftat zu erzeugen“. Das Steuerstrafverfahren sei damit „eigentlich obsolet“.
Den fragwürdigen Vorwürfen stehen ebensolche Maßnahmen gegenüber: Seit seiner Verhaftung im Juni 2022 wurde Ballweg massiven Repressalien ausgesetzt. Er verbrachte 9 Monate in Untersuchungshaft, was in Fachkreisen als unangemessen eingestuft wird. Sein Geld wurde beschlagnahmt, Pfändungen in großer Höhe wurden beschlossen und Vermögensarreste verhängt, sodass Ballweg keinen freien Zugriff mehr auf sein Vermögen hat.
Seit Beginn des Verfahrens kursiert der Verdacht, dass dieser Prozess auch einen politischen Hintergrund hat, da Ballweg mit Querdenken-711 enormen Widerstand gegen eine politische Vorgehensweise von großer Tragweite mobilisiert hatte. Dass ein solches politisches Motiv vorliegt, wurde durch einen Kriminalbeamten bekräftigt, der Hauptsachbearbeiter bei den Ermittlungen ist. Ihm zufolge arbeitet in der siebenköpfigen Ermittlungsgruppe aufgrund der coronakrischen Stoßrichtung von Querdenken-711 ein Beamter des polizeilichen Staatsschutzes.
Michael Ballweg sieht in dem Verfahren die Chance, den Umgang der Behörden mit ihrer Macht kritisch zu hinterfragen. Ballweg: „Wir werden den Gerichtsprozess nutzen, um diese staatliche Willkür und das Chaos beim Finanzamt detailliert zu dokumentieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es ist wichtig, die beispiellose Machtfülle der Behörden offenzulegen und deren Handlungen kritisch zu hinterfragen.“
Um freiheitliche Grundwerte geht es Michael Ballweg auch in einem aktuellen raum&zeit Interview: „Wir brauchen digitale Selbstbestimmung“. Lesen Sie hier weiter.