Laut dem aktuellen Bericht der Bundesnetzagentur (BNA) zur Versorgungssicherheit Strom vom 3. September 2025 besteht bis 2035 ein Bedarf an regelbaren Kraftwerken von bis zu 35,5 Gigawatt (GW). Geht man von einer durchschnittlichen Anlagengröße von 500 Megawatt (MW) aus, wären das 71 Blöcke.
Noch vor zwei Jahren ging die BNA von einer 21-GW-Lücke aus, worauf die heutige Kalkulation von Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (Spottname der Grünen: „Gas-Kathi“) für die Ausschreibung von Gaskraftwerken beruht. Reiches Vorgänger Robert Habeck hatte bereits den Entwurf eines Ersatzkraftwerkegesetzes vorgelegt, demzufolge auch er eine ähnliche Ausschreibung organisiert hätte.
Subvention nötig, aber verboten
Gaskraftwerke bis 2035 würde am freien Markt niemand bauen, sie müssen gefördert werden über Baukostenzuschüsse und/oder vergünstigte Gaspreise. Zudem müsste eine Vergütung für Stillstandszeiten geregelt werden, damit sie die Funktion der Netzfeuerwehr erfüllen könnten. Aus Sicht der EU-Kommission sind allerdings Staatshilfen für fossile Kraftwerke verboten.
Die Kosten und der Gasbedarf dieser künftigen Gaskraftwerke und die daraus folgenden Strompreise sind gigantisch und schwer bezifferbar, weshalb sich die BNA dazu nicht äußert. Bis 2035 bleiben zehn Jahre für den quasi parallelen Bau von vielleicht 70 Gaskraftwerken. Unrealistisch in einem Land, das für einen Flughafen, ein Schiffshebewerk oder den Umbau eines Hauptbahnhofs 14 bis 15 Jahre braucht.
Absurdistan
Deutschland hat 25 Jahre gebraucht, um beim Primärenergiebedarf einen 20-prozentigen „Erneuerbaren“-Anteil zu erreichen. Aber in den nächsten 20 Jahren soll der Sprung von 20 auf 100 Prozent gelingen? Noch absurder: Die bis 2035 nötigen neuen 70 Gaskraftwerke sollen folglich nach nur zehn Jahren Laufzeit entweder wieder stillgelegt oder mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Wie realistisch ist das?
Eine Option bleibt noch: Die Verlängerung der Laufzeiten von Steinkohle-Kraftwerken. Doch ein bürokratisches Monster namens Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) wird diese Lösung konterkarieren. Kanzler Merz wollte zwar nichts mehr ohne Ersatz abschalten, doch konkreter wurde er nicht. Rotgrün wird den Kohleausstieg als Kern ihrer Klimaschutzideologie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Notfalls werden staatlich finanzierte Vorfeldorganisationen mit der Gewalt der Straße nachhelfen (s. hierzu den Anschlag auf zwei Strommasten in Berlin). Ein „Herbst des Klimawiderstands“ ist von den Grünen schon angekündigt. Der Kanzler muss mitspielen, will er an der Macht bleiben.
Überdimensioniert und unzureichend
Bisher sind 184 GW Wind- und Sonnenstromkapazitäten errichtet – gut das Dreifache des durchschnittlichen Strombedarfs im Netz. Während nach unten die Nulllinie touchiert wird (1,11 Prozent Einspeisung im August 2025), wird auch nach oben die theoretisch mögliche Leistung nie erreicht, im gleichen Monat waren es nur 30,5 Prozent.
Die EEG-Förderung, die 2024 etwa 18,5 Milliarden Euro betrug, geht unvermindert weiter. Anstatt die „Erneuerbaren“ nach ökonomischen Prinzipien an den Markt heranzuführen, werden sie weiterhin gehätschelt. Der Einspeisevorrang selbst bei negativen Börsenpreisen sowie die Vergütung von Phantomstrom (kann auf Grund der Netzsituation nicht produziert werden) verhindern ebenfalls, dass sich die Branche auf bedarfs- und marktgerechte Produktion einstellen kann.
Deutschland stürmt Energiemangelzeiten entgegen. Neben dem Strom wird das auch die Wärme betreffen, denn große Teile der Kraft-Wärme-Kopplung gehen mit der Abschaltung der Kohlekraftwerke verloren.