Billiges Backpulver im Weinbau verboten

Aber als teures „Natrisan“ weiterhin erlaubt

Winzer setzen seit jeher Backpulver (Natriumhydrogencarbonat) gegen „Echten Mehltau“ ein – preiswert, umweltfreundlich, einfach im Umgang und wirkungsvoll. Doch das wird nun verboten, gleichzeitig aber als Industrieprodukt zugelassen.

Die EU hat Backpulver als „Grundstoff“ qualifiziert. Doch nun das: Das Unternehmen Biofa aus Münsingen in Baden-Württemberg hat für Deutschland und Österreich eine Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel  namens „Natrisan“ mit dem Wirkstoff Hydrogencarbonat bekommen, das fast vollständig aus Backpulver besteht. Das klingt erst einmal harmlos …

Aber: Backpulver verliert damit seine Zulassung zugunsten des Industrieproduktes, weil ein Stoff gemäß EU-Regeln nicht gleichzeitig Grundstoff und Pflanzenschutzmittel sein kann.

Wie war das noch gleich mit der EU-Bürokratie?

Es wird teuer

Auf einen Schlag dürfen Winzer in der EU handelsübliches Backpulver nicht mehr verwenden, das sie beim Bäckerei-Zulieferer oder im Landhandel bekommen. Stattdessen müssen sie im Agrarhandel für ein Pflanzenschutzmittel das Sechsfache hinblättern. Ein Winzer rechnete vor, dass auf ihn zusätzliche Kosten von 5000 € zukommen.

Nach Protesten und Boykott-Drohungen hat Biofa auf seiner Homepage eine dreiseitige Stellungnahme veröffentlicht, in dem der Vorwurf der Profitgier zurückgewiesen wird. Hier heißt es unter anderem, Biofa verfolge keinerlei Absicht, Winzern wirtschaftlich zu schaden. Hat ja auch niemand behauptet.

Natürlich, die EU-Kommission!

Biofa schiebt den Schwarzen Peter der EU-Kommission zu. Diese habe Backpulver einst überhaupt nur deshalb als Grundstoff zulassen können, weil sie unrechtmäßig auf frühere Studiendaten von Biofa zurückgegriffen habe, ohne das Unternehmen dafür zu bezahlen. Die EU-Kommission selbst habe das Unternehmen dann aufgefordert, die Zulassung von Natriumhydrogencarbonat als Pflanzenschutzmittel zu beantragen.

Rein rechtlich in Ordnung

Der Deutsche Weinbauverband kommentiert nüchtern, dass Biofa ein Interesse habe, mit seinem Pflanzenschutzmittel auch einen Gewinn zu erzielen. Dass dies zu Lasten der Betriebe im Verband erfolge, sei eine bedauerliche Möglichkeit, die das nationale Recht in Verbindung mit dem EU-Recht biete. Heißt: Rein rechtlich gibt es an der Entscheidung nichts zu rütteln. Wenn ein Gesetzeswerk so einen Unfug erlaubt, gehört es zurechtgestutzt! (DS)

Quellen

www.topagrar.com