Rheuma – Der Schrei der Gelenke

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Warum entzünden sich scheinbar ohne Grund mehrere Gelenke? Wieso greift der Körper sich selbst an? Die Autoimmunerkrankung Rheuma betrifft oft ausnehmend freundliche, übergewissenhafte Menschen, die es sich aber oft nicht erlauben, ihre Bedürfnisse und i...
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Rheuma – Der Schrei der Gelenke
Von Dr. med. Elisabeth Höppel, Haag – raum&zeit Ausgabe 220/2019

Warum entzünden sich scheinbar ohne Grund mehrere Gelenke? Wieso greift der Körper sich selbst an? Die Autoimmunerkrankung Rheuma betrifft oft ausnehmend freundliche, übergewissenhafte Menschen, die es sich aber oft nicht erlauben, ihre Bedürfnisse und ihren Ärger zu artikulieren. Der fehlende Widerstand nach außen führt jedoch zu Widerständen im Inneren, zu steifen Gelenken, Schmerzen und Rheumaknoten. Die Sprache des Körpers zeigt auch hier den Weg aus der Bedrängnis: Sie fordert dazu auf, sich vom Schmerz öffnen zu lassen und herauszufinden, warum man so hart und starr werden musste.

Definition von Rheuma

Über Rheuma zu schreiben, ist eine große Herausforderung, weil es die Krankheit so gar nicht gibt. Der Begriff wird oft falsch gebraucht, selbst von Ärzten. Wilhelm Buschs ironischer Satz zeugt von langer Tradition: „Was man sich nicht erklären kann, sieht man als Rheumatismus an.“
Insofern braucht es eine Eingrenzung. Nach einer Definition im engeren Sinne verursacht ein fehlgeleitetes Immunsystem schmerzhafte Entzündungen am Bewegungsapparat. Es gibt Hunderte von Formen. Hier soll es um die häufigste gehen, die rheumatoide Arthritis (rA) oder chronische Polyarthritis (cP). Der Wortstamm „Arthr-“ bedeutet Gelenk, die Endung „-itis“ Entzündung. „Poly“ heißt „viele“, da sie mehrere Gelenke betrifft – ausgehend vom Bindegewebe, der Gelenkinnenhaut. Es handelt sich um eine Autoimmun- oder Autoaggressionskrankheit, das heißt „gegen den eigenen Organismus“.
Das altgriechische Wort „Rheuma“ meint „fließen“ und beschreibt allgemein wandernde Schmerzen im Bewegungsapparat. Nach der Körpersäfte-Lehre von Hippokrates fließt kalter Schleim herab und setzt sich in den Gelenken fest. Es ist jedoch fraglich,  es sich damals um die destruktive cP handelte. Im 16. Jahrhundert unterschied Baillou erstmals zwischen Gicht, lokaler Arthritis und allgemeinem Rheumatismus. Erst 1913 erfolgte die Abgrenzung zur Arthrose, dem Gelenkverschleiß, der auch entzündliche Schübe haben kann.
Die cP tritt bei circa einem Prozent der Bevölkerung eher im mittleren als höheren Alter auf und kann sogar Kinder betreffen. Die Ursachen sind rätselhaft. Es gibt familiäre Häufungen. Da Frauen zwei bis dreimal mehr erkranken und der Verlauf sich in der Schwangerschaft öfter abschwächt, verdächtigt man die Hormone. Für mich zeigt sich ein Bezug zu den hormonellen Regelkreisen eindeutig – weil ja oft das körpereigene Stresshormon Cortison wirkt. In letzter Zeit diskutiert man auch Erreger als Auslöser. Vermutlich gibt es mehrere Faktoren, die dazu führen, dass ein überfordertes Immunsystem endgültig durcheinander gerät.

Die äußeren Zeichen

Als typische Symptome gelten Schmerz, Schwellung, Überwärmung und (Morgen-)Steifigkeit von Hand-, Finger- und/oder Zehengelenken, und zwar symmetrisch und über einen längeren Zeitraum. Grippeartige Beschwerden und Müdigkeit zeugen von einer Reaktion des ganzen Körpers. Jedoch verläuft die cP selten wie im Lehrbuch. Auch die Labortests haben ihre Tücken. Entzündungswerte wie BSG und CRP sowie eine Anämie sind unspezifisch. Der Rheumafaktor zeigt sich nur in 80 Prozent positiv. Als spezifisch gelten die APCA (spezielle Antikörper). Zur weiteren Diagnostik gehören – anfangs meist unauffällige – Röntgenbilder sowie Ultraschall und MR-Tomographie, um entzündliche Weichteilveränderungen und Gelenkflüssigkeit nachzuweisen. Die cP verläuft in Schüben und komplett verschieden. Sie kann auch große Gelenke und Organe befallen. Wegen eines seltenen aggressiven Verlaufs mit irreparabler Gelenkzerstörung in wenigen Monaten, ist die Angst groß, etwas zu versäumen. Daher greift man schnell zu gravierenden Medikamenten wie MTX – in  höherer Dosis auch als Chemotherapie eingesetzt. Es gehört neben vielen anderen zu den „Basistherapeutika“, die die Krankheitsaktivität modifizieren sollen. Die Empfehlungen wechseln hier immer wieder. Als Standard gelten schmerzstillende und antientzündliche Arzneimittel sowie Steroide (Cortison). „Biologika“ heißen so, weil sie mit Hilfe von lebenden Zellen produziert werden. Sie blockieren gezielt Botenstoffe der Entzündung. Das Neueste sind die Kinase-Hemmer, die auf Zellebene arbeiten. Alle haben starke Nebenwirkungen – je neuer die Mittel desto geringer die Erfahrung – und unterdrücken nur, ohne zu heilen. Man spricht von Remission, wenn die Aktivität gestoppt wird und es zu einer gewissen Regeneration kommt. Die Chancen sind mit 30 bis 50 Prozent angegeben.
Neben Krankengymnastik, Ergo- und physikalischer Therapie wird zunehmend auch von der Schulmedizin gesunde Ernährung empfohlen.

Unsere Abwehr

Das Immunsystem ist unser Schutzschild. Wie ein Türsteher unterscheidet es Eigenes von Fremdem, Freund von Feind. Ihm wohnt eine natürliche Aggression inne, die dem Leben dient. Selbst der friedliebendste Mensch hat Killerzellen im Blut und braucht sie, um gesund zu bleiben.
Es gibt verschiedene Helfer, die gewinnbringend miteinander kooperieren.
Antikörper: bilden sich durch Kontakt mit einem bestimmten Erreger aus, sorgen für eine spezifische Reaktion auf den bekannten Keim und Immunität
Immunzellen: sind sehr vielseitig, töten Erreger und entsorgen abgestorbene Zellen oder Fremdsubstanzen
Zytokine: haben steuernde und abstimmende Funktionen. Sie halten das Immunsystem im Gleichgewicht. Ein Beispiel ist der Tumornekrosefaktor TNF.
Als besonders flexible „Rausschmeißer“ erweisen sich die „angeborenen Lymphozyten“, die auch in Notzeiten zum Beispiel bei Hunger oder Parasitenbefall aktiv bleiben. An sich sind Entzündungen eine gesunde Reaktion – etwas hat gezündet, brennt heiß und kommt heraus. Feuer transformiert. Akut zeugen sie von der Kraft sich auseinanderzusetzen. Dadurch sind Regeneration und Neubeginn möglich. Bei Rheumatikern befinden sich genau diese Zellen „im Winterschlaf“ – dadurch wird es chronisch.
Bei den heute sehr verbreiteten Störungen des Immunsystem gibt es prinzipiell zwei Fehlreaktionen in jeweils zwei Stufen

1. zu wenig: 

Stufe 1 – Infekt-Anfälligkeit durch Unvermögen, sich gegen Erreger zu wehren
Stufe 2 – Krebserkrankung durch Unfähigkeit, entartete Zellen zu vernichten

2. zu viel:

Stufe 1 – Allergien durch Überreaktion auf harmlose äußere Substanzen
Stufe 2 – Autoimmun-Erkrankungen durch Zerstörung von eigenen Zellen. 

Hier bestätigt sich das homöopathische Prinzip, dass eine Verlagerung von außen nach innen meist eine Verschlimmerung anzeigt. 
Ich bin kein Freund von pauschalen Aussagen, worum es bei einer Erkrankung geht. Mit einfachen „Kochrezepten“, was man zu tun hat, kommt man meist nicht weit. Jede Krankheit ist eine einzigartige Reise. Individuell herauszufinden, wo sie mit einem hin will, stärkt und bringt näher zu sich selbst. Weil wir zum goßen Teil für uns selbst blind sind, brauchen wir meist Begleitung und Unterstützung. Natürlich ist es menschlich, erst einmal mit einer Erkrankung zu hadern. Doch es hilft weder, sie als Feind zu betrachten und nur dagegen zu kämpfen, noch komplett zu resignieren. Als Teil von einem selbst zeigt sie eine Fehlregulation an, die ernst genommen werden will. Darin liegt auch die Chance. Ihr die Schuld zu geben, richtet sich insofern wieder nur destruktiv gegen einen selbst. Der Prozess muss in Richtung Einwilligung gehen. Der Organismus strebt immer nach Heilung und  zwar auf einer möglichst tiefen Ebene.
Christian Morgenstern sprach von den „Hieroglyphen einer Krankheit“. Sich mit der Sprache der Symptome zu beschäftigen hilft, sie besser zu verstehen. Es ist immer nur eine Annäherung an den „Wesenskern“ der Erkrankung und viel zu komplex, um vollständig durchschaut zu werden. Insofern trifft natürlich vieles hier auch auf Menschen zu, die keine cP bekommen und umgekehrt gibt es Patienten mit schwerem Rheuma, wo es nicht so passt.

Ausdruck und Verbindung von Gelenken

Der erste Ort des Auftretens hat oft eine Schlüsselfunktion und zeigt die größte Blockade. Betroffen sind die Gelenke, lateinisch „articulatio“, vor allem der Hände und Finger. „Sich artikulieren“ meint sich ausdrücken, neben Lauten auch mit Gesten, in der Kommunikation wie im Kreativ-Künstlerischen. Mit den erhobenen Handflächen sagen wir Stopp, die Faust ballen drückt Drohung und Machtanspruch aus. Die oberen Gliedmaßen sind wichtig, um in Kontakt zu gehen, zu berühren, zu umarmen, anzupacken, etwas zu ergreifen, zu halten und loszulassen. Greifen geht nur, wenn der Daumen und die anderen Finger einander sowohl zugewandt sind als auch in Opposition. Genau das wird bei der cP verhindert, da die Langfinger nach außen von ihm weg driften. Im Daumen findet sich nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) der Lunge-Dickdarm-Meridian – beides Organe, wo es um Trennung geht: Sauerstoff von CO2 und Nährstoffe von Abfall. Kinder lutschen nicht ohne Grund daran. Das dem Funktionskreis zugeordnete Gefühl der Trauer, tritt natürlicherweise auf, um einen Verlust zu verschmerzen und Trost zu finden.
Gelenkprobleme weisen nach Ruediger Dahlke auf einen schwierigen Bezug zur physischen Welt hin. Beim Rheuma hapert es mit der Kommunikation zwischen Immunsystem und Gewebe. Hier passt der „Begrüßungsschmerz“ als frühes Zeichen, das den Händedruck mit anderen unmöglich macht.
Auch Geben und Nehmen findet mit den Händen statt. Eine Beziehung vertieft sich dadurch, dass beides im Ausgleich steht. Rheumatiker sind oft sehr bescheiden, haben keine Wünsche und geben lieber, um die Kontrolle zu behalten.
Mit den Ellbogen setzen wir uns durch, die Schultern haben mit Tragen zu tun.
Ein Befall der Füße weist darauf hin, dass ein guter Stand in dieser Welt fehlt, aus dem heraus erst ein entschlossenes Vorwärtsgehen möglich wäre. Motor und Antriebskraft sind blockiert.

Schwere Morgenstunden

Von der Zeit her ist es morgens am schlimmsten. Nachts verdauen wir, körperlich wie psychisch. Als Maximalzeiten in der Organuhr finden sich mit Leber/Galle und Lunge/ Dickdarm vorwiegend Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane. In Indonesien gilt die Leber als Sitz der Seele, im alten China wusste man um ihre Wichtigkeit als Verteiler von Energie – entscheidend für das Leben.
Nachts ist die Zeit des Unbewussten, der inneren Verarbeitung, der Träume als Schlüssel zu unseren eigenen Tiefen. Menschen mit schweren Erkrankungen wie die cP sind von ihrer Erinnerung oft abgeschnitten. Dann fehlt der gesunde reinigende Fluss. Gift fließt nicht, es zersetzt und zerfrisst. Etwas vergiftet von innen und kann nicht losgelassen werden.
„Giftig“ sein, also offen Ärger zeigen, können Rheumatiker nur schwer. Sie sind lieber duldsam und schämen sich für ihre Aggression. In der Schattenseite der Scham, der Selbstzerfleischung, liegt der Kern der Erkrankung. Die cP soll vermehrt zu Depressionen führen. Ich meine, dass  es eher etwas Paralleles ist. Ohne Zugang zur gesunden Wutkraft, die übrigens zur Leber gehört, fehlt der Antrieb, und man landet bei Kraftlosigkeit, einem typischen Rheumasymptom.

Steife

Ein weiteres Anzeichen ist die Steife. Thorwald Dethlefsen schreibt: „Es sind aktive, bewegliche, gelenkige und unruhige Menschen, über die die Polyarthritis so lange ihre Starre und Steifigkeit verhängt, bis die Krüppelhaftigkeit sie zur endgültigen Ruhe zwingt.“ Die Überaktivität des Körpers verhindert als Not-Ventil, die Seele zu spüren. Man ist wie auf der Flucht, braucht ständig Bewegung und kann Ruhe schwer ertragen. Der hohe Pegel der Stresshormone darf nicht absinken. Bei der Allergie hält man „etwas“ nicht mehr aus, bei der Autoimmunkrankheit sich selbst bzw. Teile von sich. Herauszufinden, wovor man flieht und warum man so starr und zwanghaft werden musste, kann zu mehr Mobilität und Weichheit verhelfen.

Härte

Vor allem in den Rheumaknoten zeigt sich die Härte. Rheumatiker sind häufig „gnadenlos perfekt“ und streng mit sich. Sie gestehen sich keine Fehler zu, die ihr Immunsystem dann umso mehr macht. Die cP beginnt in der weichen Innenhülle der Gelenke und macht später auch vor dem harten Knochen nicht Halt.
Krankheiten repräsentieren oft einen verdrängten kindlichen Anteil. Gehäuft finden sich in der Vorgeschichte traumatische Erfahrungen wie eine unterbrochene Hinbewegung, das heißt eine frühe Trennungserfahrung von der Mutter. Da musste man lernen, die Zähne zusammenzubeißen und durchzuhalten – sich selbst zu halten – bei einer gleichzeitigen hilflosen Überforderung. Das zu überstehen, gelingt erst einmal nur mit einem „beinharten“ Überlebensanteil, der die Gefühle abschneidet. Dieser bewährte Schutzmechanismus wird nicht so leicht aufgegeben.
Natürlich ist das Kind der Mutter böse und verbietet es sich zugleich, da es sie braucht und liebt. Lieber nimmt es dann die Schuld auf sich und sagt „ich bin falsch, sonst hätte sie das nicht getan“. In der systemischen Therapie kennt man die Dynamik als „Lieber ich als du“. Der einzige Ausdruck für die Wut ist passive Aggression, die späte kindliche Rache, indem man es sich schlecht gehen lässt, um die Eltern zu bestrafen.
Rheumatiker zeigen oft eine seltsam anmutende, fast euphorische Positivität. Sie für ihre „Tapferkeit“ zu bewundern, ist eine Falle, die das alte Muster bedient. Die Krankheit bringt unbewusst den Gewinn des sich Opferns und Leidens. Hilfsbereit sorgen  sie sehr für andere und sind verletzt, wenn diese es nicht annehmen und honorieren. Die Wut wird wiederum in Depression gedeckelt. Sich opfern ist eine Kombination aus dienen und beherrschen – eine „wohlmeinende Tyrannei“. Es findet sich häufiger bei Frauen. Natürlich will man etwas haben und bewirken, aber nicht offen. Ein unbewusstes Schuldgefühl zwingt dazu, „gut“ zu sein, wodurch alle feindseligen Impulse wieder in den Schatten rutschen müssen. In einem Teufelskreis führt das zu immer mehr selbstzerfleischender Scham. Diesen Mechanismus zu erkennen, sich auch „dunkle Seiten“ zu erlauben und die eigene Unvollkommenheit mehr anzunehmen, kann hier heraus helfen.

Schmerz

Viel Raum nimmt der Schmerz ein. Eigentlich verlangt er danach, ihn zu äußern und nicht zu schlucken. Er fordert laut Aufmerksamkeit und lässt spüren, was für einen hohen Preis man bezahlt. Unbewusst dient er oft der Sühne. Wenn man „büsst“, reduzieren sich die Schuldgefühle – ähnlich wie beim Krebs. Autoaggressionskrankheiten befallen nicht wahllos sondern sehr gezielt verschiedene Bereiche des Körpers. Eine cP ist etwas ganz anderes als eine schmerzlose Hashimoto-Schilddrüsen-Entzündung. Es ist wichtig, sich dafür zu interessieren, was so weh tut, dass man es weder nehmen noch loslassen kann.

Ganzheitliche Therapie

Die Therapie sollte sehr individuell sein und mehrere Ebenen gleichzeitig im Blick haben. Die Triad of health des Testverfahrens Applied Kinesiology veranschaulicht die gegenseitige Beeinflussung (s. Abb. rechts). Die cP zeigt Symptome im Bereich der „Struktur“, dem Bewegungsapparat, hat ihre Ursachen jedoch in „Chemie“  (Stoffwechsel) und Psyche. Diese bei einer schweren Krankheit außer Acht zu lassen, ist absurd und verhindert Heilung. Selbst wenn man meint, nur über Ernährung und Entgiftung gesund geworden zu sein, gibt es im veränderten Umgang mit sich selbst auch eine psychische Komponente.
Das wichtigste ist die Entgiftung – am besten auf allen Ebenen.
Die reine Symptom-Unterdrückung kann nur passager ein Gewinn sein. Nicht ohne Grund besteht eine reduzierte Lebenserwartung und eine gehäufte Komorbidität, das heißt parallel andere Krankheiten – teils als Nebenwirkung der Medikamente, teils als Verschiebung der Themen in einen anderen Bereich. Passend zur verdrängten Trauer treten vor allem Lungenerkrankungen auf.
Man muss behutsam achten, wozu jemand bereit ist und gerade bei den psychischen Themen Widerstände respektieren. Es braucht Zeit. Eine Basis von Vertrauen und sich sicher fühlen entsteht nicht von heute auf morgen.
Unbewusste Regungen zeigen sich oft in Gestik, Mimik und Wortwahl. Diese kann man zurückspiegeln – zum Beispiel wenn jemand häufig lächelt beim Sprechen über die schlimme Krankheit.

Systemische Verstrickung und Lösung

Die tiefste Ebene ist die systemische. Hier wirken enorme Kräfte, die uns – komplett unbewusst – sehr beeinflussen. Ich erfahre die Aufstellungsarbeit immer wieder als wertvollste Methode. Sie hat sich auch als effektive Form der Trauma- und Psychotherapie sehr bewährt.
Das Immunsystem zeigt sich bei der cP auf eine Art verwirrt, kann Eigenes und Fremdes nicht unterscheiden. Das passt gut zur systemischen Verstrickung, wo man sich mit einer anderen Person identifiziert und deren Schicksal wiederholt. Ein eindrückliches Beispiel war eine Frau, deren Bruder vor ihrer Geburt mit drei Jahren an einer schmerzhaften Krankheit starb. In ihrem Rheuma solidarisierte sie sich mit ihm und seinem Leid. Sie konnte sich kaum erlauben, das bei ihm zu lassen und ein gutes Leben zu haben.
Diese Verstrickungen sind oft stark und schwer aufzugeben. Mit der Befreiung verliert man nämlich die Bedeutung, die einem diese vertraute Identität gibt und an Zugehörigkeit zum System.
Wie Bert Hellinger treffend sagte: „Leiden ist leichter als Lösen“. Und auch wenn jemand diesen Schritt tun kann, ist es natürlich kein Garant für Heilung. Insgesamt bieten Aufstellungen nach meiner Erfahrung jedoch die größten Chancen.

Homöopathie

Die homöopathische Mittelgruppe der Lanthanide hat neben einem starken Bezug zum Immunsystem auch systemische Wirkung. Von daher öffnen sie viele Türen in der Behandlung und werden von mir auch in Aufstellungen als Katalysator genutzt. Das zeigt gleichzeitig die Zusammenhänge.

Kollektive Themen

Man kann fragen, wieso Autoimmun-Themen so stark zunehmen. Die Antwort ist ziemlich offensichtlich. Anstatt Hüter zu sein, haben wir uns von der Natur abgeschnitten und vernichten unser Ökosystem – und damit uns selbst, was genau diesen Krankheiten entspricht. Naturvölker kennen sie nicht. Wir meinen, die Erde beherrschen zu können – und ja, das geht zum Teil. Sie lässt es mit sich geschehen. Auch unser Körper tut es. Unterdrückende Medikamente wirken. Doch wenn wir uns reduzieren auf Materielles und bloßes Funktionieren, verkrüppelt die Seele und kann sich nicht entwickeln. Das ist sehr schmerzhaft. Aus meiner operativen Zeit kenne ich den schrecklichen Anblick rheumatisch zerstörter Gelenke. Wenn ich heute Bilder von durch Fracking verwüsteter Erde sehe, erinnert mich das sehr daran.
Viele beklagen sich über die Oberflächlichkeit unserer Zeit. Doch die  wenigsten sind bereit, wirklich in die Tiefe zu gehen. Lieber sucht man nach schneller Abhilfe als sich näher damit zu beschäftigen – und versäumt so große Chancen. Es braucht Mut. Den gibt es nicht ohne Angst. Und die wollen wir nicht so gerne spüren.
Rheumatiker kommen eher selten zu alternativer Therapie; vielleicht weil sich unter der scheinbaren Gefasstheit eine resignative Grundhaltung verbirgt, dass ihnen nicht zu helfen ist oder weil die Erkrankung für sie noch eine wichtige Funktion hat.
Als Therapeut soll man wach sein für „Hilfloser-Helfer“-Gefühle und Phänomene der Gegenübertragung, um den Patienten nicht wieder zu überfordern und die unbewussten Scham-Themen zu „füttern“. Die Betrachtungsweise, dass jeder Mensch immer das Beste tut, was ihm gerade zur Verfügung steht, ist unterstützend. So kann man sich gemeinsam auch über kleine Schritte freuen.

Die Autorin

Dr. med. Elisabeth Höppel, Jahrgang 1960. Nach dem Medizinstudium und neun Jahren Tätigkeit in mehreren Kliniken und Fachbereichen folgten 1993 die Anerkennung als Ärztin für Orthopädie an der Uniklinik r.d.I. München und Eröffnung einer Facharztpraxis. In den nächsten 12 Jahren erweiterte Dr. Elisabeth Höppel ihr Spektrum um die Zusatzbezeichnungen Chirotherapie, Naturheilverfahren, Homöopathie und Akupunktur sowie Diplome in Applied Kinesiology, systemischer Therapie, NLP, transpersonaler Psychotherapie und initiatischem Gebärdenspiel. Hinzu kamen Fortbildungen u. a. in craniosacraler Osteopathie, Schmerztherapie, Umwelt- und Regulationsmedizin, Meditation und schamanischen Heilweisen. 2005 gründete sie eine kleine Privatpraxis für ganzheitliche Medizin. Ihr Haus in Haag/Oberbayern ist ein ökologischer Rundbau mit idyllischem Garten. Sie hält Vorträge und schreibt Artikel, in denen sie sich für eine neue Medizin einsetzt. Zu ihrer Seminar-Tätigkeit gehören vor allem Systemische Aufstellungen.
www.ganzheitlich-aerztlich.de

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