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In unserem Organismus entstehen etwa 3,8 Millionen neue Körperzellen in jeder Sekunde, das sind etwa 330 Milliarden Zellen pro Tag. 2 Dass es dabei zu Kopierfehlern (Mutationen) kommt – was auch zur Folge haben kann, dass manche dieser Zellen zu Krebszellen entarten – ist eine mitunter unerwünschte, aber völlig natürliche Facette der Evolution des Lebens. Wäre die Erbgutduplikation völlig fehlerfrei, gäbe es mangels zufälliger Veränderungen keine Vielfalt des Lebens und damit auch uns nicht. Würden jedoch zu viele Fehler auftreten, wäre dies mit dem Leben nicht vereinbar.
Die Bedeutung von essentiellem Lithium für die Funktion des körperlichen Immunsystems sollte nicht unterschätzt werden. Das wird auch anhand des Titels eines im Februar 2023 veröffentlichten Übersichtsartikels deutlich: „Lithium: Ein vielversprechendes Mittel gegen Krebs“. Darin haben die Autoren den Stand der Forschung folgendermaßen zusammengefasst: „Lithiumverbindungen […] fördern Apoptose (Selbstzerstörung kranker oder entarteter Zellen) und Autophagie (Regeneration von Zellen). Sie sind auch an der Regulation von Tumorwachstum, Tumorinvasion und Metastasierung sowie an der Hemmung des Zellzyklus beteiligt. […] Zudem hat Lithium eine neuroprotektive Wirkung bei Krebspatienten und verbessert deren Lebensqualität.“ 3 Letzteres verweist auf die vielschichtige Bedeutung von essentiellem Lithium für das mentale Immunsystem, die sich an dieser Stelle nicht erschöpfend darstellen lässt (siehe dazu meinen raum&zeit-Artikel „Lithium – ein lebenswichtiges Spurenelement“ / sowie mein Buch „Das Lithium-Komplott“).
Lithium senk Krebsrisiko signifikant – Leseprobe
Jeden Tag entstehen in unserem Körper Millionen neuer Zellen – und mit ihnen potenziell gefährliche Mutationen.Ein intaktes Immunsystem erkennt und eliminiert diese fehlerhaften Zellen zuverlässig. Doch was passiert, wenn dieser Schutzmechanismus ins Wanken gerät? Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass ein bislang wenig beachtetes Spurenelement hierbei eine Schlüsselrolle spielt: Lithium.
Lithiumverbindungen fördern Apoptose (Selbstzerstörung kranker oder entarteter Zellen) und Autophagie (Regeneration von Zellen).
Das Gesetz vom Minimum
Lithium vermag Krebs jedoch nicht im Alleingang zu verhindern oder zu heilen, sondern braucht im Sinne des Gesetzes vom Minimum das Zusammenspiel mit vielen weiteren wichtigen Nährstoffen und anderen essenziellen Aspekten des Lebens (Schlaf, körperliche und soziale Aktivität etc.). Entsprechend verlangen Krankheitsprävention und -therapie nach einem systemischen Ansatz. Ein solcher ist meines Erachtens grundlegend für eine neue Medizin der Zukunft, die auf den Grundgesetzen des Lebens wie dem Gesetz des Minimums, des Maximums und der kybernetischen Selbstregulation basiert (Kap. 1 und 4 in „Das Lithium-Komplott“).
Wirkung von Lithium als natürlicher GSK-3β-Hemmer
Erste Hinweise auf die Bedeutung von Lithium bei Krebs stammen aus der Standardbehandlung von Patienten mit bipolarer Störung – also aus der Hochdosistherapie. Obwohl eine Lithiumeinnahme in dieser Größenordnung völlig unnatürlich ist, reduzierte diese das Krebsrisiko gegenüber einer Kontrollgruppe, die mit einem anderen Medikament behandelt wurde, im Durchschnitt um etwa
27 Prozent. 4 Als Begründung geben die Autoren an: „Lithium hemmt die Glykogen-Synthase-Kinase-3 [GSK-3], ein Enzym, das an der Krebsentstehung beteiligt ist.“ Lithium ist der natürliche Regulator des Enzyms, dessen gängige und mangelbedingte Überaktivität beteiligt ist an fast allen Zivilisationskrankheiten. Dysreguliertes GSK-3β ist ursächlich „beim Überleben von Tumorzellen, deren Umgehung der Apoptose, der Proliferation und Invasion, der Aufrechterhaltung von Krebsstammzellen und der Induktion von Therapieresistenz beteiligt“, liest man in einem Übersichtsartikel aus dem Jahr 2020. 5 Laut den Recherchen der Autoren konnte sogar „ein therapeutischer Effekt der GSK-3β-Hemmung bei 25 verschiedenen Krebsarten nachgewiesen werden“. Der zuvor genannte Übersichtsartikel aus dem Jahr 2023 listet eine Reihe von Krebsarten, bei denen die Wirkung von Lithium als natürlicher GSK-3-Hemmer untersucht wurde: „Die krebshemmende Wirkung von Lithium wurde bei Dickdarmkrebs, Neuroblastomzellen, Eierstockkrebszellen, Zellen des medullären Schilddrüsenkarzinoms, Speiseröhrenkrebs, Medulloblastom und Glioblastoma multiforme, hämatologischen Tumoren (Multiples Myelom), Brustkrebszellen, MTC, Prostatakrebszellen, Zellen des duktalen Adenokarzinoms der Bauchspeicheldrüse, Hornhaut-endothelzellen und Dickdarmkrebszellen nachgewiesen.“ 6 Sie berichten aber auch über „gegenteilige Effekte von Lithium in Neuroblastom-, Hepatoblastomzellen und malignen Gliomzelllinien“. Da es sich hier um Zelllinien handelt, bleibt jedoch unklar, inwieweit diese unnatürliche Situation die vielfältigen Funktionen von Lithium in Patienten widerspiegeln, da hier die Lithiumwirkung auf die beiden Immunsysteme nicht berücksichtigt werden kann.
Trinkwasserstudie 2025: Lithiumexposition in den USA
Trinkwasserstudie von 2025
Einen Hinweis auf die systemischen Vorteile von Lithium in essenziellen Zufuhrmengen liefert eine im Februar 2025 publizierte epidemiologische Trinkwasserstudie aus den USA; sie illustriert eindrücklich eine Schutzwirkung von Lithium für alle häufigen Krebsarten. 7 Die Studie basiert auf der Erhebung der Lithiumkonzentration in etwa 4 700 Brunnen bzw. Trinkwasserversorgungsgebieten sowie registrierter Krebserkrankungen zwischen 1999 und 2018. Wie der folgenden Abbildung entnommen werden kann, gibt es ein klares Ost-West-Gefälle der Lithiumkonzentration im Grundwasser, das sich im Krebsrisiko widerspiegelt: „Im Vergleich zum ersten Quintil, das den niedrigsten Wert der Lithiumexposition darstellt, betrug das Erkrankungsrisiko für alle Krebsarten 0,49 (minus 51 Prozent) für das vierte Quintil und 0,29 (minus 71 Prozent) für das fünfte Quintil.“
Die Autoren führen zur Erklärung dieselben Mechanismen ins Feld, die auch für unsere Gehirngesundheit so entscheidend sind und in „Das Lithium-Komplott“ ausführlich besprochen werden: „Auf biologischer Ebene wurde außerdem festgestellt, dass Lithium mehrere Enzyme beeinflusst, die an der Entstehung von Krebs beteiligt sind, wie beispielsweise Glykogensynthasekinase-3 (GSK-3) und Inositol-Monophosphatase (IMPase), was eine plausible biologische Grundlage für mögliche krebshemmende Wirkungen darstellt.“
In der DACH-Region (und darüber hinaus vielen weiteren europäischen Ländern, siehe Kap. 3 in „Das Lithium-Komplott“) leben viele Menschen in extrem lithiumarmen Gebieten und somit unter erheblichen Mangelbedingungen. Ein dadurch erhöhtes Krebsrisiko wäre daher – eine Kausalität des Lithiummangels vorausgesetzt – zu erwarten und an sich leicht zu vermeiden.
Unnatürlicher Mangel
So erstaunlich und hoffnungsvoll diese Informationen insbesondere für Betroffene wirken müssen, gilt es an dieser Stelle zu betonen, dass Lithium nicht per se krebshemmend wirkt. Es ist vielmehr der unnatürliche Mangel, der einen (zusätzlich zu anderen Faktoren) krebsfördernden Faktor darstellt – dysfunktionale, lithiumregulierte Signalproteine behindern die Schutzfunktion der beiden Immunsys-
teme. Dies unterstreicht die essenzielle Funktion von Lithium und macht auf Basis dieser Erklärung auch offensichtlich, warum Lithium allein nicht ausreicht. Zitat: Alle essenziellen Faktoren, die unser Körper benötigt, müssen zugeführt werden, um eine drastische Reduktion des Risikos zu erwirken, einer Zivilisationskrankheit wie Krebs zum Opfer zu fallen.
Alle essenziellen Faktoren, die unser Körper benötigt,müssen zugeführt werden, um eine drastische Reduktion des Risikos zu erwirken, einer Zivilisationskrankheit wie Krebs zum Opfer zu fallen.
Artgerechte Medizin – artgerechtes Leben
Beispielsweise hat die im Jahr 2020 publizierte DO-HEALTH-Studie gezeigt, dass sich das Krebsrisiko gesunder Menschen mit einem Durchschnittsalter von etwa 75 Jahren um bis zu 61 Prozent senken lässt, wenn man einige wenige Veränderungen vornimmt: Es wurde geachtet auf eine tägliche Zufuhr von 2 000 IE Vitamin D3 (also eigentlich zu wenig, um einen optimalen Vitamin D-Prohormonspiegel von etwa 125 nmol/l zu erreichen), 1 g aquatischen Omega-3-Fettsäuren (auch zu wenig, um einen optimalen Omega-3-Index von 11 zu erzielen) und auf die Durchführung eines einfachen Trainingsprogramms für zu Hause (dreimal pro Woche etwas Kraftausdauer, also auch nicht viel). 8 Im Rahmen eines systemischen Ansatzes, der einer artgerechten Medizin entspricht (Kap. 4 in „Das Lithium-Komplott“), wäre das Krebs-Restrisiko mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch drastischer reduziert worden als durch diese geringfügigen Selektivmaßnahmen. Dazu müssten nicht nur die jeweiligen Dosierungen näher am natürlichen Optimum gewählt werden, auch der Lithiummangel müsste behoben und möglichst viele weitere Risikofaktoren minimiert werden. Das Risiko, an Krebs zu erkranken, für ausnahmslos alle Menschen auf null zu reduzieren, ist leider von Natur aus ausgeschlossen; die Chancen, der Null nahe zu kommen, stehen jedoch im Allgemeinen so gut, dass es keinen Grund gibt, sich nicht um ein möglichst artgerechtes Leben in diesem Sinne zu bemühen.
Fazit
Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn Sie Ihr Krebsrisiko senken möchten, ist eine adäquate Lithiumzufuhr die – mit Abstand – effektivste Maßnahme, während alle anderen essenziellen Aspekte einer artgerechten Lebensweise unverändert wichtig bleiben (siehe Kap. 4 in „Das Lithium-Komplott“).
Fußnoten
2 Sender R & Milo R: „The distri-bution of cellular turnover in the human body.“ Nat Med. 2021, 27:45-48. doi: 10.1038/s41591-020-01182-9.
3 Villegas-Vázquez EY et al: „Lithium: A Promising Anticancer Agent.“ Life (Basel). 2023, doi: 10.3390/life13020537.
4 Huang RY et al: „Use of lithium and cancer risk in patients with bipolar disorder: population-based cohort study.“ Br J Psychiatry. 2016, 209:393–399. doi: 10.1192/bjp.bp.116.181362.
5 Domoto T et al: „Glycogen Synthase Kinase 3β in Cancer Biology and Treatment.“ Cells. 2020, doi: 10.3390/cells9061388.
6 Villegas-Vázquez EY et al: „Lithium: A Promising Anticancer Agent.“ Life (Basel). 2023, doi: 10.3390/life13020537.
7 Luo J et al: „Cancer Risk and Estimated Lithium Exposure in Drinking Groundwater in the US.“ JAMA Netw Open. 2025, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.60854.
8 Bischoff-Ferrari HA et al.: „Effect of Vitamin D Supplementation, Omega-3 Fatty Acid Supplementation, or a Strength-Training Exercise Program on Clinical Outcomes in Older Adults: The DO-HEALTH Randomized Clinical Trial.“ JAMA. 2020, 324:1855–1868. doi: 10.1001/jama.2020.16909.