Was läuft falsch bei den Öffentlich Rechtlichen?

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Interview mit Tagesschau-Whistleblower Alexander Teske

Artikelnummer: rz-259-05 Kategorien: ,

Der Öffentlich Rechtliche Rundfunk (ÖRR) ist schon lange nicht mehr das, was er einst war. Mauscheleien, zunehmende Verfilzung mit der Politik, einseitige Berichterstattung und Nachrichtenselektion haben eine breite Diskussion ausgelöst, ob die Rundfunkanstalten noch zeit-gemäß sind. Ex-Tagesschau-Redakteur Alexander Teske, durch sein Buch Inside Tagesschau bekannt geworden, spricht über seine Erfahrungen und gewonnenen Einsichten in der meist geschauten Nachrichtensendung Deutschlands.

raum&zeit: Herr Teske, Sie sind ein erfahrener Journalist, haben viele Jahre bei den Privaten wie RTL und Pro7 gearbeitet und zuletzt auch einige Jahre in der Tagesschau-Redaktion. Dort hatten Sie offenbar einen interessanten und wahrscheinlich auch gutbezahlten Job. Warum haben Sie den aufgegeben und Ihr Buch Inside Tagesschau geschrieben?

Alexander Teske: Ich war 15 Jahre beim Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig und habe dort auch für die Hauptnachrichten-Sendung gearbeitet und auch für die ARD Produkte wie Tagesthemen, Brennpunkt und Tagesschau. Über ein Austauschprogramm innerhalb der ARD bin ich zur Tagesschau gekommen. Nach den sechs Jahren dort hätte ich zum MDR nach Leipzig zurückgehen können, hatte dort auch einen Vertrag bis zum Renteneintritt gehabt. Ich habe mich aber zuletzt bei der Tagesschau und beim MDR nur noch als Bürokrat, als Nachrichtenbeamter gefühlt und war einfach unzufrieden. Ich habe nicht mehr das gemacht, weswegen ich eigentlich Journalist geworden bin. Ich war überhaupt nicht mehr kreativ. Also gab ich mir einen Ruck, kündigte und fing an, das zu machen, was ich immer schon wollte: Geschichten erzählen, schreiben, mich um Herzensangelegenheiten kümmern. Dann habe ich einfach das Buch Inside Tagesschau geschrieben, weitere werden folgen. Außerdem schreibe ich auch als freier Journalist und betreibe einen medienpolitischen Podcast. Das macht mir großen Spaß. Ich verdiene jetzt nur noch die Hälfte, arbeite doppelt so viel, aber habe den Schritt nicht bereut.

r&z: Wie sehen Sie grundsätzlich die Situation bei den Öffentlich Rechtlichen (ÖR)? Stimmen Sie dem oft gehörten Vorwurf zu, dass dort eine krasse Einseitigkeit der Berichterstattung herrsche?

A.T.: Ich selber habe es dort gar nicht so empfunden, weil ich ja Teil des Ganzen war. Ich komme selber aus dem linksliberalen Milieu. Deswegen hatte ich gar nicht so wahnsinnig viele Störgeräusche. Aber wenn ich es mir heute im Nachhinein ansehe, ist an dem Vorwurf natürlich was dran: die Ausgewogenheit ist nicht mehr komplett da. Der Öffentlich Rechtliche Rundfunk (ÖRR) erfüllt seinen Auftrag nur noch teilweise. Es gibt keine echte Pluralität. Am zufriedensten mit der Tagesschau sind natürlich Wähler von Rot-Grün, wie Studien gezeigt haben. Das ist kein Wunder, weil sie dort am ehesten ihr Weltbild bestätigt sehen. Natürlich gibt es auch immer mal Ausnahmen und einige konservative Kollegen, aber die Öffentlich Rechtlichen bilden keinen Querschnitt der Bevölkerung mehr ab.

r&z: Wann setzte Ihrer Meinung nach dieser Prozess der Einseitigkeit ein?

Es begann mit der Flüchtlingskrise

A.T.: So etwas geschieht nicht von heute auf morgen. Das ist ein schleichender Prozess. Als ich anfing, war das noch nicht so. Die ersten richtigen Verwerfungen in der Redaktion begannen 2015/2016 mit der Flüchtlingskrise. Ich nahm wahr, dass die Berichte aus ideologischen Gründen eine bestimmte Einseitigkeit aufwiesen und dass man Wahrheiten eher unterdrückte, weil man gerne eine Willkommenskultur zeigen wollte. Wir hatten auch Diskussionen in den Redaktionen, dass wir doch ein realistisches Abbild zeigen müssen. Doch das war nicht erwünscht, weil man fürchtete, die Stimmung in der Bevölkerung könnte kippen. Es gab damals auch Studien, die belegt haben, dass ein recht einseitiges, verzerrtes Bild gezeigt wurde. Das war das erste Mal, wo ich das so gespürt habe. Ähnlich, wie heute in der Ukrainekrise. Vielen anderen Menschen ist es ähnlich ergangen und sie haben sich ein Stück weit entfernt vom ÖRR.