In Großbritannien wird derzeit der Gesetzentwurf Assisted Dying (Sterbehilfe) heftig diskutiert. Während die ehemalige Premierministerin Theresa May (Konservative) von einer „Lizenz zum Töten“ sprach, machte Labour-Politiker Charlie Falconer die gegenwärtige Gesetzeslage für „schreckliches Leid“ verantwortlich. Die Briten sind allerdings spät dran mit diesem Thema. In vielen Ländern, darunter Benelux, Spanien, Portugal, Kanada und Neuseeland ist Euthanasie (Tötung auf Verlangen durch Ärzte) erlaubt, in Deutschland und Österreich nur die Suizid-Assistenz.
Passive Sterbehilfe (etwa durch Therapieabbruch) bleibt dagegen in vielen Staaten straffrei. Euthanasie und Suizid auf Verlangen bzw. Sterbehilfe zählen zu den schwierigsten Fragen der Morallehre: Menschen, die sich in einer ausweglosen Situation befinden – etwa eine schmerzliche tödliche Erkrankung – wollen aus dem Leben scheiden, können dies aber nicht ohne Fremdhilfe erreichen. Nur Tieren gönnt man den Gnadentod.
So wenig wie Kritiker der Sterbehilfe Moralapostel sein müssen, die sich gern in fremde Angelegenheiten mischen, so wenig wollen alle Befürworter Mord legalisieren. Differenzierung und Ausweitung der Perspektive sind gefragt. In einer Zeit aber, in der von mächtigen Playern (z.B. Bill Gates) unverblümt die Dezimierung der Weltbevölkerung gefordert wird, ist die staatliche Aufweichung der Euthanasie-Gesetzgebung kritisch zu beäugen. Dystopische Filme wie „2022 – die überleben wollen“ haben gezeigt, wohin die Reise gehen könnte: Vollautomatische Selbstmordkapseln, in denen man bei seiner Lieblingsmusik sanft entschlafen kann. In der Popkultur ist Euthanasie ein wiederkehrendes Thema. Der israelisch-britische Autor Lavie Tidhar veröffentlichte 2014 in seinem preisgekrönten Central-Station-Zyklus eine Erzählung, in der der lebensmüde Protagonist aus dem Katalog einer Suizid-Klinik als Sterbeart den Euthanasia Coaster auswählt – die tödliche Achterbahn, die Menschen durch Beschleunigungskräfte euphorisch aus dem Leben befördert. Dieses makabre „Karussell“, real 2010 vom litauischen Designer Julijonas Urbonas entworfen, wurde als vieldiskutiertes Exponat 1 weltweit erfolgreich ausgestellt. So kann man Suizid durchaus sexy machen.


