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Infopunkte Bewusstsein

raum&zeit-Ausgabe 208

Standing Rock geht weiter

In Palästina ist es ein zerstörtes Dorf, das die früheren Bewohner nach dreißig Jahren wieder aufbauen wollen. In Kalifornien ist es die Wasserversorgung von Los Angeles und die Bewahrung von Naturschutzgebieten und Reservaten. In Brasilien eine Favela, die Umbauplänen weichen soll, in Kolumbien ein von Paramilitär bedrohtes Friedensdorf im Bürgerkriegsgebiet, in Portugal die Küste, vor der nach Öl gebohrt werden soll. Weltweit schließen sich Menschen und Gruppen zusammen, um zu verteidigen, was allen heilig ist: die Heimat, lebensnotwendige Ressourcen, die Natur oder ökonomische Gerechtigkeit. Sie beziehen sich dabei auf „Standing Rock“, eine Widerstandsbewegung in der Indianer-Reservation Standing Rock in North Dakota im vergangenen Jahr.
Es war eine Protestaktion, die weltweit Aufmerksamkeit erregte: Um die geplante Dakota-Access-Pipeline zu verhindern, die ihre heiligen Gebiete und den Missouri überqueren sollte, besetzten zunächst wenige Sioux-Indianer den Bauplatz. In ihrer Mitte brannte permanent ein Gebetsfeuer. Sie nannten sich nicht Protesters, sondern Protectors – Beschützer, und sie waren gekommen, um „das Heilige zu verteidigen“: das Trinkwasser für einige Millionen Menschen und heilige Stätten ihres Stammes. Ihr Camp fand immer größeren Zulauf. Am Ende waren es fast 20 000 Menschen, darunter Vertreter von mehreren hundert indigenen Nationen, die im Camp lebten, beteten, tanzten. Trotz brutaler Angriffe durch Polizei und Armee, trotz Verhaftungswellen blieben die Water Protectors strikt gewaltfrei. Ein junger Lakota-Führer: „Wir hassen euch nicht, aber wir gehorchen auch nicht mehr euren Befehlen.“
Auch nach dem Wintereinbruch wuchs das Camp. Und als sich mehrere tausend ehemalige US-Soldaten anschlossen und in einem Ritual um Vergebung für das Unrecht baten, das Weiße seit Jahrhunderten an Indianern verübt hatten, da schien der Sieg nahe. Präsident Obama stoppte im Dezember den Bau der Pipeline und gab eine Umweltprüfung in Auftrag. Doch eine der ersten Amtshandlungen von Präsident Trump war der Befehl, das Camp nun doch räumen zu lassen und die Pipeline zu bauen. Der größte Teil der Water Protectors räumte das Camp im Februar freiwillig, bevor die Polizei Gewalt anwandte, und nahm das heilige Feuer mit.

Frieden durch Einigkeit

Stephanie Big Eagle, eine Aktivistin und Vertreterin der Yankton Sioux, sagte: „Dass wir aus diesem Gebiet entfernt werden, heißt nicht, dass es vorbei ist. Wir müssen unsere Arbeit als Ganzes weiterführen, es geht um unser gemeinsames Anliegen, um den Schutz von Mutter Erde. Standing Rock ist der Beginn eines globalen Erwachens. Den Menschen wird immer bewusster, dass sie eine Wahl haben, sie merken, dass sie mächtig sind, wenn sie sich einig sind.“
Big Eagle behielt Recht. Der Funke von Standing Rock ist auf viele Orte übergesprungen. Auf Regenwälder und Favelas in Lateinamerika, auf die besetzten Gebiete Palästinas, auf die Denkschmieden von Silicon Valley, auf Widerstandsinitiativen gegen Staudämme, Ölbohrungen und soziale Ungerechtigkeit.
Den Aktivisten geht es dabei um langfristige Perspektiven. Sabine Lichtenfels, Mitgründerin von Tamera: „Was mit der Bewegung von Standing Rock begonnen hat, muss jetzt noch entschlossener und mächtiger werden und um den ganzen Erdball gehen! Es soll ein Netzwerk der entschlossenen Herzen entstehen, die überall mithelfen werden, dass neue fundierte Lösungen entwickelt werden können. Dies wird nur funktionieren, wenn wir lernen, uns in solidarischen Friedensgemeinschaften zusammenzuschließen. Der Ausstieg aus dem System der Gewalt ist eine Aufgabe, die alle Lebensbereiche umfasst, sie beinhaltet andere Konsumgewohnheiten, andere Produktionsweisen, ein anderes Zusammenleben und eine völlig neue Basis des Vertrauens zwischen Menschen. Das ist die Voraussetzung, um das Heilige des Lebens überhaupt erkennen und uns dafür einsetzen zu können.“
Von Leila Dregger, Tamera, Portugal

Den ausführlichen Artikel lesen Sie hier

Mehr Informationen:
www.dieter-duhm.com
www.sabine-lichtenfels.com
www.holylandtrust.org
www.walking-water.org
www.andrewharvey.net

Für alle Interessierte findet vom 7.–16. August 2017 ein Internationales Sommercamp zu Sacred Activism in Tamera, Portugal statt: https://www.tamera.org/de/was-ist-tamera/visitors3/veranstaltungen/sacred-activism/

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