© iStock.com/microdon

Infopunkte Naturwissenschaft

raum&zeit-Ausgabe 208

Mikroben verwandeln radioaktive Stoffe

Die russische Forschergruppe „Actinides“ hat eine patentierte biochemische Methode für die Transmutation von Elementen präsentiert. Sie erlaube es, Elemente bzw. ihre Isotope wie Polonium, Francium, Radium, Actinium, Protactinium, Thorium, Uran, Neptunium, Americium, Hafnium, Ytterbium, aber auch Quecksilber, Platin und Gold auf sicherem Wege und im industriellen Maßstab zu erzeugen. Außerdem könne mit der Methode jede Art radioaktiver Abfall innerhalb von Tagen oder Wochen unschädlich gemacht werden. Als Ausgangsstoffe dienen uran- oder thoriumhaltige Schwefelerze oder eben radioaktive Abfälle, die einer wässrigen Lösung mit kontrollierten pH-, Redox- und Temperaturwerten sowie unter Rühren mit 300 Upm ausgesetzt werden. Wichtigste Zutat aber ist Thiobacillus, ein Schwefel und Eisen oxydierendes Bakterium. Die Prozesszeit beziffert das Forscher-Trio Vladislav Karabanov, Tamara Sakhno and Viktor Kurashov auf 9 bis 20 Tage. Was wie Alchemie aussieht, basiere auf der Fähigkeit der Bakterien, den radioaktiven Zerfall anzuregen und zu intensivieren. Dies treffe für den Alpha- (Emission eines Heliumkerns) und den Beta-Zerfall (Emission/Einfang eines Elektrons) zu. Beispielsweise könnte Thiobacillus ein Alphateilchen aus einem F-Element (Actiniden/Lanthaniden) einfangen und selbiges einem Eisenkern zuführen, wodurch das Eisen zu Nickel wird. Die Forscher haben eine detaillierte Tabelle über die Transmutationskanäle erstellt.
Dass bestimmte Bakterienarten Radioaktivität als Energiequelle nutzen können, ist übrigens schon seit vielen Jahren bekannt. Aber den Schulwissenschaftlern ist diese Eigenschaft nach wie vor nicht geheuer. (DS)

Quelle: www.prnewswire.com

Kühlendes Methan

Methan gilt in der Treibhausgastheorie als 28 Mal klimaschädlicher als CO2. Nun haben Klimaforscher jedoch herausgefunden, dass Methan, das aus Quellen im Meeresboden ausgast, einen kühlenden Effekt hat. Denn es sorgt dafür, dass das Ozeanwasser 2000 Mal mehr CO2 aus der Atmosphäre aufnimmt, als das Methan selber in die Atmosphäre tritt. Insgesamt resultiert also ein negativer Treibhaus-Effekt. Grund dafür ist, dass die vom Meeresboden aufsteigenden Methanbläschen Dünger mit nach oben transportieren, der das Algenwachstum verstärkt, wodurch wiederum mehr atmosphärisches CO2 gebunden wird. Also: Methan raus aber dafür CO2 rein. Hier zeigt sich einmal mehr, dass die Natur keine ad infinitum sich selbst verstärkenden Prozesse kennt, sondern immer und überall eine natürliche Bremse einbaut. So wäre es tatsächlich idiotisch, wenn CO2 die Atmosphäre aufheizen würde, wodurch die Meere wieder mehr CO2 ausgasen, was die Temperaturen weiter erhöhen würde usw. – bis zum globalen Exitus. Stattdessen wird das überschüssige CO2, das ein Mangelmolekül ist, von der Pflanzenwelt aufgenommen
und in Biomasse verwandelt. (DS)

Quelle: www.geomar.de

Auf dem Weg in die Mutterlosigkeit

In dem Roman „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley gibt es eine Szene, wo ein Professor seinen Studenten erklärt, dass die Menschen früher Eltern hatten und in der Gebärmutter der Mutter heranwuchsen. Die Studenten kichern darauf hin verlegen, denn das kommt ihnen doch sehr altertümlich vor. Sie stammen allesamt aus künstlicher Befruchtung und einer künstlichen Gebärmutter. Der Roman wurde 1932 veröffentlicht und wohl kaum einer dachte damals ernsthaft, dass eine solche Welt jemals Wirklichkeit werden könnte. Doch heute wissen wir, dass wir uns mit riesigen Schritten auf diese schöne neue Welt zubewegen. Wissenschaftlern am Kinderkrankenhaus in Philadelphia (USA) haben nun die Entwicklung einer „biologischen Tasche“ (biobag) bekannt gegeben. Mittels dieser konnte ein zu früh geborenes Lamm vier Wochen lang am Leben gehalten werden. In den nächsten drei Jahren sollen Tests mit Menschen zeigen, dass die heutige Grenze der 24. Schwangerschaftswoche, ab der sich ein Fetus im Brutkasten weiter entwickeln kann, deutlich gesenkt werden kann. Man möchte darauf wetten, dass in einigen Jahren die ersten Kinder geboren werden, die niemals den Herzschlag in einer Mutter aus Fleisch und Blut hörten. Wollen wir das wirklich? (DS)

Quelle: www.rt.com

Kristalliner Wasserstoff hergestellt

Im Jahr 1935 sagten die Physiker Eugene Wigner und Hillard Bell Huntington aufgrund theoretischer Berechnungen die Existenz von metallischem Wasserstoff voraus. Dieser ist unter normalen Bedingungen bekanntlich ein Gas und unterhalb von -259 ° Celsius flüssig. Bei sehr hohen Drücken soll er aber in eine bislang unentdeckte feste (kristalline) Phase übergehen. Dies scheint einem Team an der US-amerikanischen Harvard University gelungen zu sein. Ranga P. Dias und Isaac F. Silvera schreiben in der Fachpublikation Science vom 26. Januar 2017, dass sie bei Anwendung von unvorstellbaren 4 950 000 bar (1 bar ≈ Atmosphärendruck) metallischen Wasserstoff nachweisen konnten, ein Druck höher als er im Erdkern herrscht. Zum Einsatz kam eine spezielle Kammer mit Diamantkomponenten. Der entstandene Stoff habe eine Reflektivität von 0,91 gehabt. Die Dichte der Leitungsbandelektronen wurde mit 1023/cm3 angegeben, was mit dem theoretisch berechneten Wert korrespondiere. Damit sei ein Material hergestellt worden, das so noch niemals zuvor auf der Erde existiert habe. Sollte dieses Forschungsergebnis verifiziert werden, so würde damit der Weg zu einer völlig neuen Technologie geebnet werden. Denn wenn der Wasserstoff in seiner kristallinen Phase metastabil ist, also auch nach Wegnahme des hohen Drucks in fester Form bleibt (ähnlich wie Kohlenstoff als Diamant), könnte man ihn zum Beispiel als Supraleiter bei Raumtemperatur verwenden. Damit ließen sich verlustfreie Stromleitungen auch über große Entfernungen realisieren. Strom könnte man zum ersten Mal verlustfrei in Ringen speichern. MRI (Magnetic Resonance Imaging, Kernspinresonanz) würde ohne flüssiges Helium für die Kühlung möglich sein. Außerdem könnte die Raketentechnik für Raumflüge revolutioniert werden. Rivalisierende Forscher-Gruppen bezweifeln die Ergebnisse aus Harvard allerdings. Es bleibt spannend. (DS)

Quellen: http://science.sciencemag.org/

zur Startseite