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Infopunkte Gesellschaft

raum&zeit-Ausgabe 208

Milliarden für neue Seidenstraße

Eurasien nimmt Gestalt an. Wir hatten in raum&zeit schon mehrfach über das Handelsprojekt Neue Seidenstraße berichtet. Am 14. und 15. Mai 2017 fand nun in Peking ein Gipfel dazu mit Teilnehmern aus über 100 Ländern statt, darunter 29 Staatschefs. Chinas Präsident Xi Jinping kündigte Investitionen in Höhe von umgerechnet 13 Milliarden Euro an. Die chinesische Entwicklungsbank hat überdies umgerechnet 817 Milliarden Euro in Form von Krediten für insgesamt 900 Infrastrukturmaßnahmen wie Häfen, Straßen, Pipelines, Flughäfen und Bahnstrecken bereitgestellt. Das 2013 gestartete Projekt, offiziell „One Belt, One Road“ (OBOR, „Ein Gürtel, eine Straße“) besteht im Wesentlichen aus zwei Teilprojekten: der Wiederbelebung der alten Seidenstraße, heute Silk Road Economic Belt (SREB) genannt, die von China über Zentralasien und Russland bis nach Westeuropa verläuft; und die Seeroute 21st-Century Maritime Silk Road, die den asiatisch-pazifischen Raum mit Afrika und Europa auf dem Seeweg verbindet. Im Rahmen dieser Giga-Projekte investiert China bereits verstärkt in die europäische Infrastruktur. Prominente Projekte sind etwa die Übernahme des griechischen Hafens von Piräus und die geplante Eisenbahnlinie zwischen Belgrad (Serbien) und Budapest (Ungarn). Auch die neuen Güterzugtrassen von China bis zum größten europäischen Binnenhafen in Duisburg sind Teil des Gesamtprojekts der Volksrepublik. Die EU zeigt sich aber eher skeptisch angesichts dieses größten Wirtschaftsvorhabens seit dem Marshall Plan der USA, mit dem das zerstörte Europa nach dem zweiten Weltkrieg wieder errichtet wurde. Sie wirft den Chinesen intransparente Ausschreibungen und Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Förderung sowie fehlende Umwelt- und Sozialstandards vor. Die USA wiederum sehen ihre hegemonialen Ansprüche in Gefahr und fürchten um ihre geostrategische Vorherrschaft. Wie dem auch sei – diese großräumige Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten und wird die Welt neu gestalten. Gerade die Deutschen sollten keine Bange haben, sondern sich aktiv der Herausforderung stellen und die Chancen ergreifen. (DS)

Quellen: www.zeit.de; https://deutsch.rt.com

Gemeinsames Wissenschaftsprojekt im Nahen Osten

Der Nahe Osten macht nicht gerade mit wissenschaftlicher Spitzenforschung von sich reden, sondern leider überwiegend als Kriegsschauplatz von Machtblöcken und Hegemonialinteressen. Der Iran und Israel beispielsweise sind sich spinnefeind, und auch die Türkei und Zypern unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Da reibt man sich verwundert die Augen, wenn man einen Blick auf die Liste der Betreiberstaaten des ersten Teilchenbeschleunigers im Nahen Osten wirft: Jordanien, Zypern, Ägypten, der Iran, Israel, Pakistan, die Palästinenserbehörde (!)
und die Türkei. Der „Sesame“ (Synchrotron-light for Experimental Science and Applications in the Middle East) genannte Beschleunigerring hat einen Umfang von 133 Metern und beschleunigt Elektronen auf eine Energie von 2,5 Gigaelektronenvolt. Große Teile von Sesame stammen vom Speicherring BESSY I (Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung m.b.H.), der aus Kostengründen und zugunsten einer größeren Anlage (BESSY II) im Jahr 2002 stillgelegt und im Rahmen eines Unesco-Projekts in den jordanischen Ort Allan verbracht
wurde. Sesame ist einer von weltweit etwa einigen Dutzend ähnlicher Teilchenbeschleuniger, aber der erste im Nahen Osten. Auch die Art der länderübergreifenden Kooperation für die Wissenschaft ist in der Region noch einzigartig. Sesame soll zukünftig seine Energie von einer Solarfarm beziehen und wäre damit der erste Beschleunigerring auf Basis von erneuerbaren Energien überhaupt. Festzuhalten bleibt, dass auf wissenschaftlicher Ebene ganz offenbar Kooperationen möglich sind (an der Internationalen Raumstation ISS sind unter anderem die USA und Russland beteiligt), die ansonsten undenkbar erscheinen. Na also, geht doch, möchte man den Akteuren zurufen. (DS)

Quelle: www.heise.de

Neocons wollen Atomkrieg

Der US-amerikanische Publizist und Ökonom Paul Craig Roberts, unter US-Präsident Ronald Reagan stellvertretender Finanzminister, steht auf der Liste der US-Neo-Konservativen (Neocons) als „Agent Russlands“. Das ehrt Roberts, denn das „... bedeutet, internationale Gesetze zu respektieren, was Washington nicht tut. Es bedeutet das Leben zu respektieren, was Washington nicht tut. Es bedeutet, die nationalen Interessen anderer Länder zu respektieren, was Washington nicht tut. Es bedeutet, auf Provokationen mit Diplomatie und dem Wunsch nach Zusammenarbeit zu reagieren, was Washington nicht tut. Aber Russland tut es. Ein ‚russischer Agent’ ist demnach eine moralische Person, welche das Leben und die nationale Identität und Würde anderer Völker erhalten will.“ Roberts schreibt, dass die Neocons auf einen Atomkrieg drängen und daher zunächst Russland und anschließend China mit atomaren Abschussrampen eng umzingeln. Ihr Kalkül: Washingtons Erstschlag würde die russischen und chinesischen Möglichkeiten für einen Gegenschlag dermaßen einschränken, dass beide Regierungen lieber die weiße Fahne schwenken werden, als einen Gegenschlag zu starten. Die russische und chinesische Führungsriege würde schlussfolgern, dass ihre geschwächten Streitkräfte keine Chancen sähen, ausreichend viele ihrer Interkontinentalraketen am US-Schutzschild vorbeizubringen – was die USA weitestgehend intakt erhalten würde. Ein schwacher Gegenschlag durch Russland und China würde schlichtweg eine zweite nukleare US-Attacke herausfordern, welche beide Länder dann endgültig in Schutt und Asche legen würde. Es steht für Roberts „außer Frage, dass die Neokonservativen hinreichend bösartig für einen Präventivschlag sind.“ Sie spekulieren einfach darauf, dass die russische und chinesische Führung sich der US-amerikanischen Überlegenheit ergeben werden. Aber solch eine Annahme ist durch nichts gerechtfertigt. Denn eben so gut könnte es eine massive atomare Antwort der angegriffenen Staaten geben – mit verheerenden Auswirkungen für das Leben auf diesem Planeten. Roberts Hoffnung sind die US-amerikanischen „Vasallen“ – die EU-Staaten, Japan, Australien und Südkorea –, die verstehen werden, dass sie als erstes von einem Gegenschlag pulverisiert würden. Roberts fordert sie daher auf, ihren Vasallenstatus aufzukündigen und alle Atomwaffenbasen von ihrem Territorium zu verbannen. Für Roberts ist Washington ohne jeden Zweifel das Böse schlechthin, in der Fantasy-Trilogie „Der Herr der Ringe“ Sauron genannt. Gibt es ausreichend viele Gute in der Welt, die dem Bösen trotzen und es überwinden können? (DS)

Quelle: www.paulcraigroberts.org

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