© igOrZh; kreatik – Fotolia.com; Collage raum&zeit

Infopunkte Gesellschaft

raum&zeit-Ausgabe 214

Computer schon in Grundschulen

Politik und Medien arbeiten weiter intensiv daran, die Volksverdummung auf breiter Front voranzutreiben. So gibt es derzeit kaum einen Politiker, der nicht das zukünftige Wohl der Nation von einer totalen Digitalisierung der Schulen („Digitalpakt Schule“) abhängig macht. Digitale Kompetenz als „vierte Kulturtechnik“ soll schon in der Grundschule erlernt werden. In dieser euphorisierten Stimmung finden kritische Stimmen einzelner Wissenschaftler kaum Gehör. Zum Beispiel die des Neurodidaktikers und Psychiaters Prof. Dr. Manfred Spitzer (Universität Ulm), der vor einer „Digitalisierung der Klassenzimmer“ für Grundschulkinder warnt. Kinder, die nur virtuell mit dem Handy, Tablet oder Computer unterwegs sind, degenerieren laut Spitzer ohne die volle sensorische Erfahrung: „Je mehr Fingerspiele sie im Kindergarten machen, desto besser sind die mit 20 in Mathematik. Weil die Zahlen über die Finger und deren komplexen Gebrauch ins Hirn kommen. Wenn sie nur wischen als Kindergartenkind, endet ihre Karriere als Putzfachkraft“, warnt Spitzer. „[...] Studien zeigen, dass wenn Sie W-LAN und Computer an Schulen einführen, dass die Schulleistungen der Schüler sinken. Und zwar um 20 Prozent.“ Spitzer weist darauf hin, dass es keine Studie gebe, die beweise, dass Digitalisierung gut für Kinder sei. Es habe bei jeder Einführung einer neuen Technik eine Technikfolgenabschätzung gegeben. „Je mehr in Digitalisierung der Schulen investiert wurde, desto schlechter wurden die PISA-Leistungen.“ Infolge dieser Erfahrung habe Australien, das 2008 den Computer im Klassenzimmer einführte, ihn 2016 wieder rausgeworfen, „weil die so schlecht geworden sind in der Pisa-Studie.“ W-LAN in Klassenzimmern mache die Schülerleistung um 18 Prozent schlechter, „weil die Kinder mehr abgelenkt sind.“ Durch Internet-Nutzung entstehe keine Medienkompetenz, denn: „Wer googelt braucht keine Medienkompetenz, sondern Vorwissen in dem Bereich, in dem er googelt.“ Google sei für die Wissensvermittlung schlechter als Bücher und Zeitungen. All dies sei mehrfach durch Studien (unter anderen in Harvard) bestätigt. „Ich kann nicht verstehen, dass unsere Politiker das nicht verstehen wollen.“ (DS)

Quelle: Deutschlandfunk, Interview mit Prof. Spitzer am 8. März 2018

Warum Gebildete eher Lügen glauben

Die Gebildeten und Akademiker rümpfen oft die Nase über die „Stammtischbrüder“ mit ihrer einfachen „populistischen“ Weltsicht. Tatsächlich aber ist es vornehmlich die intellektuelle Elite eines Landes, die die allzu offensichtlichen Lügennarrative der Massenmedien ungeprüft annimmt. Macht also gerade Bildung anfällig für Propaganda? Auf diesen merkwürdigen Zusammenhang hatte der französische Soziologe Jacques Ellul bereits in seinem 1962 erschienenen Werk „Propaganda“ hingewiesen. Bildung sei geradezu eine der Voraussetzungen für den Erfolg von Propaganda. Wenn diese in die gleiche Richtung weise wie die Bildungsinhalte, die die Intellektuellen vermittelt bekommen haben, verspürten letztere einen besonderen Ansporn, sich propagandakonform zu artikulieren. Der Gebildete fühle sich geradezu verpflichtet, sich zu allen relevanten Fragen der Zeit eine definitive Meinung zu bilden. So verwundert es kaum noch, dass eklatante aktuelle Lügen wie zum Beispiel der angebliche Giftgasanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal in England, oder der kurz darauf folgende behauptete Giftgasangriff im syrischen Douma von nahezu allen Mainstream-Journalisten standhaft auch dann noch verbreitet wurden, als die bekannt gewordenen Fakten dem westlichen Narrativ komplett widersprachen. Die Liste eklatanter Lügen wie der Tonkin-Zwischenfall im Golf von Tonkin, die Brutkastenlüge, die Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins oder der russische Einmarsch in die Ost-Ukraine, die allesamt nachweislich im Nachhinein als Fake-News entlarvt wurden, wird immer länger. Weil Lügen nicht justiziabel sind, breiten sie sich ungehindert wie ein Krebsgeschwür über den Globus aus. Robert Kirsch, Journalist der Los Angeles Times, bezeichnete nicht umsonst Elluls „Propaganda“ als „ein viel erschreckenderes Werk als jeder der Albtraumromane von George Orwell.“ Ellul habe zu beweisen versucht, „dass Propaganda [...] vielleicht die größte Gefahr für die Menschheit der modernen Welt ist“, so Kirsch. (DS)

Quelle: www.rubikon.news

Neues Polizeiaufgabengesetz ist Gefahr für den Rechtsstaat

Was ist eine „drohende Gefahr“? Dieser Begriff wurde im Jahr 2016 durch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Revision des Bundeskriminalgesetzes in die Rechtssprache eingeführt. Er findet sich auch im neuen bayrischen Polizeiaufgabengesetz PAG und sorgt derzeit für Wirbel. Mal abgesehen davon, dass die drohende Gefahr wie ein weißer Schimmel daherkommt (eine Gefahr, die nicht droht, ist eben keine), blieb das BVG eine rechtlich unzweideutige Definition dieses neuen Begriffs schuldig. Aus gutem Grund, denn dieser Begriff entzieht sich jeder Logik. Während die „konkrete Gefahr“ von der Polizei verlangt, eben konkret zu begründen, warum sie – beispielsweise – ein Fahrzeug kontrolliert hat, greift die drohende Gefahr viel früher ins Rechtsgeschehen ein. Die „drohende Gefahr“ sei, so der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Josef Franz Lindner, „dadurch gekennzeichnet, dass noch keine hinreichend konkretisierten Tatsachen vorliegen, die das Wahrscheinlichkeitsurteil zulassen, dass es bei unbehindertem Ablauf des Geschehens zu einem Schaden für ein polizeiliches Rechtsgut kommen wird.“ Heißt: Eine Gefahr ist noch nicht greifbar, könnte es aber werden. Lindner weiter: „Es handelt sich bei der drohenden Gefahr aber auch nicht um eine bloß abstrakte Gefahr. Denn Art. 11 Abs. 3 PAG stellt nicht auf eine allgemein bestehende Gefahr im Sinne der aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung nur gedachten Gefahr ab. [...] Im Grunde ist die drohende Gefahr nichts anderes als eine im Hinblick auf das Wahrscheinlichkeitsurteil abgestufte konkrete Gefahr.“ Fassen wir die Gefahrenlage noch mal zusammen: drohende Gefahr, abstrakte Gefahr, allgemein bestehende Gefahr, gedachte Gefahr, abgestufte konkrete Gefahr. Soll dieser Gefahrenwirrwarr etwa davon ablenken, dass das Polizeirecht künftig auf Kosten der individuellen Freiheitsrechte auf Präventivmaßnahmen statt auf den konkreten Verdachtsfall abgestellt wird, was der Begriff „drohende Gefahr“ eben verschleiern soll? So wird es laut PAG beispielsweise möglich sein, einen (drohenden?) „Gefährder“ auf theoretisch unbegrenzte Zeit ins Gefängnis zu stecken (Vorbeugegewahrsam), ohne dass dieser ein Recht auf einen Anwalt hätte. Guantanamo lässt schön grüßen! (DS)

Quelle: https://publicus.boorberg.de/das-neuebayerische-polizeirecht/

zur Startseite