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Infopunkte Gesundheit

raum&zeit-Ausgabe 202

EU Arzneimittelverordnung für Tiere

Tiere sollen weniger Antibiotika erhalten. Dieser Leitgedanke prägte den Gesetzesentwurf zur Novellierung der EU-Tierarzneimittelverordnung und wird von den verschiedensten Seiten begrüßt. Ein Hauptargument dabei ist, dass ein häufiger Einsatz von Antibiotika die zunehmende Verbreitung multiresistenter Keime fördert. Allerdings hatte die erste Version des Gesetzesentwurfes Tierheilpraktiker auf die Barrikaden gebracht, da er die Vergabe von Homöopathika und Phytotherapeutika an lebensmittelliefernde Tiere der ärztlichen Verschreibungspflicht unterstellt hätte. Tierheilpraktiker wären damit sehr in ihrer beruflichen Ausübung eingeschränkt worden und es hätte die Gefahr bestanden, dass insgesamt in der Tierhaltung weniger auf Vorsorge und gute Haltungsbedingungen geachtet worden wäre, so Anja Krüger, Vorstandsmitglied vom Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 2. Vorsitzende des Branchenverbandes Artgerechte Tiergesundheit (ATG): „Tierheilpraktiker kultivieren das ganzheitliche Heilwissen, das sich teilweise seit Jahrhunderten bei uns bewährt. Unser Fokus liegt sehr auf Prävention und Haltung, Tierärzte haben oft gar nicht so viel Zeit, auf diese Themen einzugehen. Wenn alternative Heilmittel verschreibungspflichtig werden würden, könnte es sein, dass Tierhalter weniger zum Einsatz alternativer Methoden angeregt werden würden.“ Der Verband ATG hatte daher in Kooperation mit dem Tierheilpraktikerverband THP eine Petition eingereicht, die am 20. Juni im Bundestag angehört wird. Zwischenzeitlich wurden jedoch schon einige Änderungen in den Gesetzesentwurf eingearbeitet. „Es sind schon viele unserer Vorschläge übernommen worden. Homöopathische Mittel, die stärker als D4 potenziert sind, unterliegen zum Beispiel nicht mehr der Verschreibungspflicht. Wenn noch ein paar weitere Änderungen vorgenommen werden, könnte es insgesamt sogar eine Stärkung der alternativen Methoden geben“, so Anja Krüger gegenüber raum&zeit. (AF)

Quelle: http://eu-vo-tierarzneimittel.com/index.php

TTIP Offene Türen für die Pharmalobby

Nicht nur Energie- und Chemieriesen treiben TTIP an, auch die Pharmaindustrie hat ein starkes Interesse an der Einführung des transatlantischen Freihandelsabkommens.
Dies zeigt ein Bericht der lobbykritischen Organisation Corporate Europe Observatory „Policy Preservations: The Firepower of the EU pharmaceutical lobby and implications for the public health“. Demnach setzt die Pharmabranche seit Beginn der TTIP-Verhandlungen ihre Agenten intensiv auf die zuständigen EU-Institutionen an.
Vorne dran steht EFPIA, der Lobbyverbund zahlreicher Pharmakonzerne wie Bayer, Eli Lily, Pfizer, Novartis und GlaxoSmith Kline. Seine Mitarbeiter trafen sich seit 2012 zwölf mal hinter verschlossenen Türen mit der Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission, der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (SANTE) bzw. mit dem Kabinett der Handelskommissarin Cecilia Malmström. Neben diesen Treffen fanden noch jede Menge anderer Zusammenkünfte statt zwischen anderen Pharmaverbänden bzw. einzelnen Konzernen und den beiden Generaldirektionen. Insgesamt gab die Pharma-Lobby alleine im Jahr 2014 rund 40 Millionen Euro aus, um die EU-Politiker auf ihre Interessen einzuschwingen. Es geht für sie schließlich auch um viel: Besonders am Herzen liegen ihnen laut Corporate Europa Observatory folgende Themen:
Längere Monopol-Stellung: Nachdem Pharmafirmen ein Medikament entwickelt haben, wollen sie diese Leistung so lange wie möglich als geistiges Eigentum geschützt bekommen, damit Hersteller von Generika ihnen nicht so schnell die Pfründe streitig machen können.
Hohe Preise: Pharmakonzerne möchten möglichst viel Mitsprache haben, wenn Regierungen die Richtlinien für Medikamentenkosten festlegen.
Weniger Kontrolle bei den Studien: Pharmafirmen möchten selbst bestimmen, welche Studienergebnisse der Öffentlichkeit preisgegeben werden dürfen und welche nicht.
Hauptsache neue Produkte: Pharmafirmen möchten gerne immer möglichst viele neue Medikamente herausbringen, deren therapeutischer Nutzen gegenüber den Risiken und gegenüber schon am Markt befindlichen Medikamenten am besten nicht wirklich nachgewiesen werden muss. Neue Medikamente können mit hochgeschraubtem Preis angeboten und wieder aus der Monopol-Stellung vermarktet werden.
Alles, was die Pharmalobby zu diesen Punkten in ihrem Sinne in dem Freihandelsabkommen verankert, verpflichtet die EU-Regierungen.
Wenn die Regierung eines Landes doch irgendwann die Notwendigkeit sieht, ihre Kassen oder die Patienten besser zu schützen, können sie von Pharmafirmen, die ihre Gewinnerwartungen bedroht sehen, verklagt werden. Außerstaatliche private Schiedsgerichte können sie dann zu horrenden Entschädigungszahlungen verdonnern. (AF)

Quellen: Bioskop Nr. 72, http://corporateeurope.org/sites/default/files/20150904_bigpharma_web.pdf

Nachruf auf Dr Nikolaus Klehr

Eben noch, also in der letzten Ausgabe der raum&zeit Nr. 201, berichtete Dr. med. Nikolaus Klehr von einer Krebspatientin, der er mit seiner individuellen Immuntherapie geholfen hat, die Krankheit zu überwinden.
Kurz nach dieser Veröffentlichung verstarb unser Autor, den wir persönlich kennenlernen durften, mit dem wir wiederholt zusammengearbeitet haben und dessen Therapieansatz wir sehr schätzten. Wir bewunderten die Kraft, mit der sich der Immunforscher und Arzt jahrelang gegen die massiven Widerstände von äußerst unkollegialen Kollegen zur Wehr setzte, unkritische Verfechter einer profitorientierten Onkologie auf der Basis von Pharmazeutika, Chemo- und Strahlentherapie für den Masseneinsatz. Bis zuletzt blieb Klehr seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen, therapeutischen Erfahrungen und moralischen Überzeugungen treu und sorgte sogar dafür, dass sein Wissen weitergegeben wird. So werden die Kollegen, die mit ihm in seiner Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet haben, seine Methode auch weiterhin einsetzen.
In unserer raum&zeit Mediathek finden Sie ein ausführliches Interview mit Dr. Klehr, das unser raum&zeit Studio Talk-Master Robert Stein mit ihm im Februar 2016 geführt hat. (AF)
„Individualisierte Immuntherapie bei Krebs“ auf www.raum-und-zeit.tv

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