Infopunkte Ökologie

raum&zeit-Ausgabe 204

Zulassung von Giftsoja

"Um die Interessen der Konzerne zu bedienen, wird auch gegen geltendes Recht verstoßen“, so der Vorwurf von Dr. Christoph Then, Geschäftsführer der NGO Testbiotech. Seine Organisation fordert die EU-Kommission nun dazu auf, ihre Entscheidung vom Juli zu überprüfen, derzufolge gentechnisch veränderte Sojabohnen der Firmen Bayer und Monsanto in die EU importiert werden dürfen. Diese manipulierten Hülsenfrüchte werden mit verschiedenen Herbiziden gespritzt, unter anderem mit Glyphosat, das laut Einschätzung der WHO krebserregend ist.
Laut EU-Recht müssten vor der Einführung dieser Produkte als Lebens- und Futtermittel Grenzwerte festgelegt werden. Dies ist aber laut Europäischer Lebensmittelbehörde (EFSA) gar nicht möglich, da hierzu Daten fehlen würden. Bisher wurde nie untersucht, wie die verwendeten Herbizidmischungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren wirken. Eine Untersuchung von Kombinationswirkungen sei mit den heutigen Forschungsmethoden nicht möglich, behauptet die EU-Kommission. Dies sei nicht richtig, hält Testbiotech dagegen und verweist auf ein Gutachten, laut dem die Rückstände aus einer kombinierten Anwendung der Spritzmittel ein höheres Risiko für Vergiftungen der Leber, Tumorbildungen und Erbgutveränderungen bergen als die einzelnen Ausgangsstoffe.
„Der Schutz von Umwelt und Verbrauchern wird durch die Zulassungspraxis der EU-Kommission deutlich geschwächt“, sagt Christoph Then von Testbiotech. „Wir geben der EU-Kommission jetzt die Chance, ihre falsche Entscheidung zu revidieren.“
Testbiotech hat die Überprüfung der Zulassung nach EU-Richtlinie 1367/2006 beantragt. Wird der Antrag abgelehnt, können weitere Schritte eingeleitet werden. (AF)

Quelle: www.testbiotech.org/node/1717

Anbau von genmanipulierten Pflanzen jetzt verboten

Russland bezieht Stellung zur Gentechnik-Welle. Das russische Parlament verabschiedete im Juni ein Gesetz, das den Anbau und die Züchtung von gentechnisch veränderten Organismen verbietet. Sowohl Pflanzen als auch Tiere, deren genetisches Material nicht das Ergebnis eines natürlichen Prozesses ist, sind seitdem tabu für russische Landwirte. Zu wissenschaftlichen Zwecken darf mit genveränderten Organismen jedoch noch geforscht werden. Verstöße gegen das neue Gesetz werden mit bis zu 500 000 Rubel (6 900 Euro) bestraft.
Zuvor, im Februar 2015, verbot das Land den Import von Sojabohnen und Mais aus den USA. Der Grund hierfür war laut russischer Behörde für Lebensmittelaufsicht Rosselchosnadsor, dass keine Produkte ins Land kommen sollen, die genmanipuliert oder mit Trockenfäule infiziert sein könnten. Über den generellen Verbot genmanipulierter Pflanzen wird derweil noch diskutiert.
Auf jeden Fall ist Russland mit dieser Entscheidung weiter als einige Länder in der EU. In der EU ist der Anbau des gentechnisch veränderten Mais MON810 generell seit 1998 erlaubt. Einige EU-Länder haben für sich zwar beschlossen, auf einen solchen Anbau zu verzichten, in Spanien aber wird transgener Mais noch in größerem Umfang angebaut. (AF)

Quellen: www.agrarheute.com/news/russlandverbietet-gvo-anbau, www.ostexperte.de/tagesubersicht-russlandgeschaft-11022016, www.keine-gentechnik.de/dossiers/anbaustatistiken/#c188

Filter für Mikroplastik

"Warum nicht rechtzeitig in die Natur schauen?“ Diese Frage stellt Leandra Hamann, die bei zahlreichen Meeresbewohnern Phänomene fand, die uns bei der Lösung des Mikroplastik-Problems helfen könnten. Hamann hatte in ihrer Masterarbeit insbesondere nach Lösungen für einen bionischen Filter gesucht. Bisher halten Kläranlagen, Waschmaschinen und Abwasserrohre Mikroplastik aus Industrie, Textilien und Kosmetik nicht vollständig zurück. Durch Abrieb und Verwitterung von Autoreifen, Kunststoffmaterialien im Bau oder Müll, der achtlos am Straßenrand liegen gelassen wurde, gelangt es auch direkt in unsere Gewässer, sogar in die Luft, und bedroht unter anderem Fluss-, See- und Meeresbewohner. Hamann fand nun in der Natur verschiedene intelligente Filtertechniken, die nach dem Konzept der Bionik durch technische Entwicklungen genutzt werden könnten.
„Besonders spannend finde ich Schleim für die Filtration. Interessant sind da die Seescheiden. Schleim ist in der Natur sehr oft zu finden, wenn es darum geht Partikel aus der Umgebung zurückzuhalten. Sogar wir Menschen benutzen es. Soweit ich weiß, gibt es bisher keinen technischen Filter, der Schleim als Filtermedium verwendet“, berichtet Hamann gegenüber raum&zeit von ihren Forschungen.
Seescheiden, also sessile/ortsgebundene Manteltiere, können ein sehr feines kontinuierliches Schleimnetz zum Filtrieren produzieren, mit dem sie Partikel fangen. Hamann entdeckte auch ein interessantes Filtermaterial bei der Köcherfliegenlarve. Diese spinnt im Bach ein seidenes Netz, um Nahrungspartikel zu gewinnen.
Neben interessanten Materialien entdeckte Hamann unter Wasser auch Formen und Strukturen, die die Filterfunktion noch optimieren. So besitzen zum Beispiel Walhaie bestimmte Strukturen, die den Widerstand des Filters verringern und somit mehr Meerwasser nach Nahrungspartikeln filtrieren können. Und der Aufbau von Fächerkorallen bietet das günstigste Verhältnis von minimalem Wasserwiderstand und größtmöglicher Filterfläche.
Auch die Flexibilität einiger Meeresbewohner auf ihre wechselnde Umgebung kann Vorbild beim Entwickeln von Filtern sein. So kann zum Beispiel die Seelilie ihre Arme der Strömungsrichtung des Wassers anpassen.
Hamann war mit ihrer Arbeit, die sie in der Abteilung Nachhaltigkeits- und Ressourcenmanagement bei Fraunhofer UMSICHT gemacht hat, eine von zehn GewinnerInnen des Science-LiveRuhr. Ihre Forschungen haben sie bestärkt, in der Natur nach Lösungen für unsere Probleme zu suchen. „Meiner Meinung nach kann Bionik bei jeglicher Art von Problem helfen. Man muss allerdings die richtigen Fragen zu einem konkreten Problem formulieren und die passenden Antworten in der Natur ausfindig machen.“ Bis jedoch Prototypen für neuartige Filtersysteme entwickelt werden können, ist noch „viel weitere Forschung“ nötig, räumt sie ein. (AF)

Quelle: www.umsicht.fraunhofer.de

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