© sellingpix – Fotolia.com

Infopunkte Ökologie

raum&zeit-Ausgabe 232

Fairphone – Ein Smartphone, das Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt

Das niederländische Unternehmen Fairphone B. V. bemüht sich, nachhaltig, umweltbewusst und unter fairen Bedingungen Smartphones zu produzieren.
Für die Produktion eines Mobiltelefons werden etwa 60 verschiedene Grundstoffe benötigt, darunter allein 30 Metalle und Seltene Erden. Davon wurden 2014 sieben Stoffe von der EU-Kommission als sogenannte „kritische Rohstoffe“ eingestuft, die weltweit immer knapper werden.1
Die wichtigen Rohstoffe Zinn und Tantal bezieht das Unternehmen aus konfliktfreien Minen im Kongo. Das heißt, mit dem Geld aus Abbau und Handel werden keine kriegerischen Auseinandersetzungen finanziert. Für Wolfram hat es inzwischen eine konfliktfreie Quelle in Afrika aufgetan und Gold bezieht es aus Fairem Handel.
Ein weiterer Vorteil eines Fairphones: Es ist baukastenartig konzipiert. Dadurch lassen sich beschädigte Teile unkompliziert und günstig reparieren. Ersatzteile wie Kamera, Gehäuse, Lautsprecher etc. können einzeln nachbestellt werden, ohne dass das ganze Gerät auf dem Müll landet.
Zudem hat die Firma seit letztem Jahr auch ein Modell mit einem datenschutzfreundlichen Betriebssystem „/e/ “ ohne Google-Dienste im Programm. Das ist für all jene interessant, die mit ihren Smartphones nicht Teil des weltumspannenden Google-Universums sein wollen. (HM)

Quellen:
1 www.informationszentrum-mobilfunk.de/umwelt/mobilfunk-endgeraete/herstellung
https://www.fairphone.com/de

Das neue Rheingold – Lithium-Abbau in Deutschland

Vor allem durch die weltweite Förderung von E-Mobilität ist das Leichtmetall Lithium als Haupt-Akkubestandteil zum neuen Gold geworden. Circa 90 Prozent der Vorkommen finden sich in Südamerika, den USA, Australien und China.
Aber auch Deutschland hat beachtliche Lithiumvorkommen. Sie belaufen sich auf 2,5 Millionen Tonnen und wurden bislang nicht im nennenswerten Umfang abgebaut. Doch dies wird sich wohl in den nächsten Jahren ändern. Im östlichen Erzgebirge in Sachsen, in Altenberg, gibt es ein altes Zinn-Bergwerk, das 125 000 Tonnen Lithium-Metall enthalten soll. Es würde für 20 Millionen E-Autos reichen. Der Abbau soll unter Tage geschehen und die Umwelt nicht so stark belasten wie der Lithium - Abbau im Dreieck Bolivien – Argentinien – Chile, wo ganze Salzwasserseen in der Atacama-Wüste verschwinden. Die TU Freiburg soll ein besonders umweltschonendes magnetisches Verfahren zur Gewinnung des Lithiums entwickelt haben.
Der Umweltschutzverein Grüne Liga fürchtet allerdings eine mögliche Verseuchung des Grundwassers, das sich unter dem Bergwerk befindet. Die zweite viel versprechende Lithium-Lagerstätte Deutschlands soll Vater Rhein bergen.
Dieses „Rheingold“ wird in den Tiefengewässern des Oberrheingrabens (Südwestdeutschland) verortet und soll bald minimal-invasiv in Geothermieanlagen gefördert werden. 200 Milligramm Lithium soll ein Liter des Thermalwasserreservoirs enthalten. Bislang fehlte es an einem wirtschaftlichen Verfahren für die Gewinnung. Das Karlsruher Technologie-Institut KIT hat nun ein solches zum Patent angemeldet, das Grimmer-Savaria-Verfahren. Es nutze die bestehen-de Geothermie-Anlagen-Infrastruktur, durch die pro Jahr bis zu zwei Milliarden Liter Thermalwasser fließen. Somit fällt kein Abraum an und der Flächenverbrauch sei minimal. Das Thermalwasser wird nach Extrahierung des Lithiums wieder in den Untergrund zurückgeleitet. Dabei sollen keine schädlichen Stoffe freigesetzt und das Wasser nicht zusätzlich verunreinigt werden. Auch werde die geothermische Strom- und Wärmeproduktion nicht gestört. Insgesamt sollen sich aus dem Rheingraben mehrere Tausend Tonnen Lithium pro Jahr fördern lassen, zudem weitere werthaltige Elemente wie Cäsium und Rubidium. Da das Wasser natürlich fortlaufend fließt, rechnen einige Experten mit der Möglichkeit einer unterbrechungslosen Wiederauffüllung dieses Reservoirs.
Eine Produktionsstätte für Lithium-Ionen-Akkus wird derzeit übrigens vom chinesischen Konzern CATL im thüringischen Erfurt gebaut. (DS)

Quellen:
www.dw.com, www.deutschlandfunk.de

Gentechnik für die Artenvielfalt – Weicht EU-Kommission GVO-Gesetz auf

Weltweit arbeiten hunderttausende Forscher daran, genetische Baupläne von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen auf möglichst gezielte Weise zu verändern. Seit die EU 2001 rechtliche Rahmenbedingungen für die Freisetzung und das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) erlassen hat, haben sich die Forschungen rasant weiterentwickelt. Während gentechnische Veränderungen, die mit  älteren Verfahren vorgenommen wurden, nachgewiesen werden können, kann der Einsatz neuerer Verfahren mit bisher zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden nicht festgestellt werden. So kann in diesen Fällen auch nicht überprüft werden, ob die festgelegten Regeln zum Umgang mit GVOs eingehalten werden oder nicht. Die EU-Kommission hat daher eine Untersuchung zum Status neuartiger genomischer Verfahren (NGT) durchgeführt, deren Ergebnis sie Ende April bekannt gab.1 Gleich vorweg: Das Ergebnis ist keine klare Ansage, eher ein Zusammentragen unterschiedlicher Standpunkte, jedoch mit einer deutlichen Tendenz in Richtung Lockerung der Beschränkungen für NGTs im Sinne von: „Gentechnische Eingriffe, die nicht mehr festgestellt werden können, werden rechtlich wie Eingriffe konventioneller Züchtung gesehen.“ Zwar hat sich die Kommission um den Anschein bemüht, Sicherheitsbedenken ernst zu nehmen. Sie führte aber zahlreiche Argumente der Industrie und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf, die den neuen Technologien den Weg in den Lebensmittel-, Industrie- und Arzneimittelbereich freimachen sollen:

  • Für einige neue gentechnische Verfahren, die bei Pflanzen angewandt werden, gäbe es den Nachweis, dass sie nicht risikobehafteter seien als konventionelle Zuchtverfahren.2 Sie würden sehr zielgenau die gewünschte genetische  Änderung vornehmen und weitere unplanbare Änderungen an diesem Genom würden hier sogar seltener auftreten als bei konventionellen Verfahren.

  • Die neuartigen genomischen Verfahren könnten wichtige Mittel sein, um die großen umweltpolitischen Ziele zu erreichen, den „europäischen Grünen Deal“, die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und die „Biodiversitätsstrategie“. Diese Pläne sehen unter anderem eine Halbierung des Einsatzes gefährlicher Pestizide bis 2030 vor oder die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in der gesamten EU. Gentechnisch gerüstete Pflanzen, die weniger anfällig für Krankheit und Schädlinge sind, würden weniger Pestizide benötigen. Dies wiederum würde sich positiv auf die Artenvielfalt auswirken.

Die EU-Kommission hält fest: „Eine rein sicherheitsbasierte Risikobewertung reicht möglicherweise nicht aus, um Nachhaltigkeit zu fördern und zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals und insbesondere der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie beizutragen.“
Das sind natürlich schöne Worte. Die Frage ist nur, ob die Risiken gentechnischer Verfahren tatsächlich absehbar sind, ob genveränderte Pflanzen ihre Umgebung wirklich nicht mehr beeinträchtigen als konventionell gezüchtete Pflanzen? Ob Tiere, die damit gefüttert werden und Verbraucher, die sie verspeisen, wirklich keine negativen Auswirkungen davontragen? Weiterhin ist fraglich, ob genveränderte Pflanzen langfristig widerstandsfähiger sind als Sorten, die sich auf natürliche Weise beständig an die Umweltbedingungen angepasst haben. Darüberhinaus ist zu befürchten, dass eine  Öffnung der Tür für GVOs zur Schleuse für immer weitere „Innovationen“ wird, deren Langzeitrisiken überhaupt nicht mehr kalkulierbar sind. Dreh- und Angelpunkt dieser ganzen Situation ist die Kennzeichnungspflicht. Diese ist den großen Konzernen wie Bayer, Syngenta etc. natürlich ein Dorn im Auge, weil viele Verbraucher keine Produkte kaufen, für die gentechnische Verfahren zum Einsatz kamen. Ist es aber nicht unser gutes Recht, zu erfahren, was wir kaufen und essen? Viel besser als die rechtliche Unsicherheit auf uns abzuwälzen wäre es doch, den Ehrgeiz der Forscher dahin zu lenken, bessere Nachweisverfahren zu erarbeiten, damit auch Eingriffe neuartiger genomischer Verfahren nachgewiesen werden könnten und unser Gentechnik-Gesetz uns weiterhin Transparenz gewährleistet. (AF)

Fußnoten:
1 https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/plant/docs/gmo_mod-bio_ngt_exec-sum_de.pdf
2 zielgerichtete Nukleasen vom Typ 1 (SDN-1), zielgerichtete Nukleasen vom Typ 2 (SDN-2) und Oligonukleotid-gerichtete Mutagenese (ODM)

zur Startseite