raum&zeit Ausgabe 121

Januar/Februar 2003

Biologische Physik
Taktfrequenz ohne E-Smog

Revolutionäre Forschungsergebnisse
Gedanken-Linien auf der Haut

Heuchlerische AIDS-Bekämpfung
Die DNA-Spritze

Chrono-Philosophie
Wie tickt die Uhr des Universums?

Editorial: Zwei Welten

Wie Kinder an den Weihnachtsmann, glauben wir an die Wunder der westlichen Zivilisation. Jumbo, ICE und Maybach ersetzen heute den Silbervogel, das Dampfross und den Feuerstuhl. Ein sagenhafter Fortschritt, nicht wahr? In Bezug auf Sitzkomfort und etwas mehr Geschwindigkeit, vielleicht. Die Antriebstechnik jedoch bleibt antiquiert. Den stinkenden Benzinmotor gab es bereits vor 100 Jahren. Und seitdem verpesten Millionen dieser Furzkisten unsere Atemluft. Gibt es wirklich nichts Neues?

Nicht solange ganze Staaten vom Erdöl leben können. Und um des feilen Öls willen scheut man sich nicht, Kriege zu organisieren und Menschen zu töten. Afghanistan, Tschetschenien, Irak – es ist immer dasselbe. Es geht um’s Öl, um fremdes Öl. Das Verfahren ist etwa 200 Jahre alt, typisch wildwestlich und wurde bereits an „Rothäuten“ getestet. Es ist zwar primitiv, funktioniert aber prima: Zuerst werden Religionen (oder Stämme, ist egal) aufeinander gehetzt und gleichzeitig mit Waffen versorgt. Anschließend besorgt man sich den Segen der Regierung (heute den UN-Segen), um in Friedensmission den Krisenherd zu beseitigen. Auf diese ritterliche Art und Weise befreit man das Land nicht nur von Rebellen, sondern auch vom Öl und anderen schmutzigen Fossilien.

Danach wird das befreite Land in die westliche Zivilisation integriert, und zwar Schritt für Schritt. Zuerst die Geschenke: Geld für die Regierung und unser Müll für das Volk (früher: Feuerwasser für den Häuptling, Glasperlen für die Squaws). Die hochgiftigen Chemiefässer, sinnvoll ergänzt durch Elektroschrott, werden von begeisterten Kindern dankbar als Spielzeug angenommen. Die von ihrer Erwerbsgrundlage und Kultur befreiten Väter und Mütter entdecken nun den Tauschwert der Jugend und verkaufen ihre Kinder. Nach und nach verwandeln sie das befreite
Land in ein rosarotes Touristen-Paradies. Jetzt wird es Zeit für AIDS und HIV. Inhaltslos wie die MTV-Klamaukfiguren Beavis und Butthead öffnen sie das Tor dem Trojanischen Pferd des westlichen Medizinmannes – der pharmazeutisch-genetischen Gesundheits-Attrappe.

Kein Schaden ohne Nutzen, behauptet ein altes Sprichwort. Hintermänner und Nutznießer der modernen Wildwest-Politik sind seit 200 Jahren eine konstante Größe. Es sind die Ölprinzen, Banker, Waffenproduzenten und -händler. Um was geht es eigentlich? Es geht um Energie. Diese frei konvertierbare Währung hat in der Welt längst das Gold und auch das Geld ersetzt. Gold- und Geldwerte steigen und fallen wie der Gasdruck im überfressenen Bauch des Weißen Mannes, dessen Nahrungskonsum so penetrant steigt wie der Energiepreis, während die Kinder des „befreiten“ Landes unter freiem Himmel hungern und sterben müssen.

Im Verlaufe der letzten 200 Jahre spaltete die Rothaut-Politik der christlichen Zivilisation mithilfe eines gigantischen Kreuzes unseren Planeten und schürte unaufhörlich den Konflikt zwischen Osten, Westen, Norden und Süden. Wie lange wird das so weitergehen? Solange, wie es von Vorteil sein wird, Brennstoffe zu verkaufen und Furzkisten (mobile und immobile) zu produzieren, die diese Brennstoffe verbrauchen.

Wie kann man diese Situation ändern? Zum Beispiel, indem man die Entwicklung alternativer Energiequellen, Transport- und Kommunikationsmittel unterstützt. Die Fachzeitschrift raum&zeit sieht darin eine ihrer vornehmsten Aufgaben.

In diesem Sinne,
herzlichst Ihr

Hartmut Müller

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