raum&zeit Ausgabe 126

November/Dezember 2003

Zeit-Forschung
Wie lang ist eine Sekunde?

Modernes Ur-Wissen
Maya entdeckten kosmische Zeitwelle

Schutz in der Nacht
Schlafen ohne E-Smog

Wahrheitskämpfer
Alarm für die Demokratie

Rheuma-Therapie
Gestaute Wut für die Heilung nutzen

Editorial: Alter schützt vor Torheit nicht

Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und immer zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: „Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“, schrieb Immanuel Kant in seiner Kritik der praktischen Vernunft vor über 200 Jahren.

Bauwerke und Inschriften zeugen von der Macht und Weisheit unserer Vorfahren. Die Lehrer der Maya kannten kosmische Zyklen der Zeit, die Götter der Pharaonen beherrschten die Gravitation. Doch all dieses Wissen konnte sie nicht vor dem Untergang schützen.

Der Keil zwischen Wissen und Macht, Verstand und Unvernunft hängt wie ein Damoklesschwert über dem Schicksal der Menschheit. Mangelnde Ethik ist eine existentielle Bedrohung auch für unsere Zivilisation.

Die moderne postindustrielle Gesellschaft treibt die Arbeitsteilung in die Absurdität. Heute teilt man sich nicht nur Handgriffe und Berufe, sondern auch das Gewissen.

Der Pilot eines Kampfjets kennt nur die Koordinaten seines Bombenabwurfs, nicht aber die Eigenschaften des Ziels. So schont man seine Nerven und sein Gewissen, man ist eben besorgt um seine Gesundheit. Die Verantwortung für den Tod unschuldiger Frauen und Kinder übernimmt die militärpolitische Arbeitsteilung. Die hat aber kein Gewissen. Auf diese Weise befreit die Gesellschaft den Befehlsempfänger von der Verantwortung und den Befehlsgeber vom Gewissen.

Früher wurden Machtansprüche mit dem Degen durchgesetzt, heute mit Bomben und Raketen, morgen mit HAARP und Mind-Control. Dann muss keiner mehr irgendwohin fliegen, alles wird ferngesteuert – auch die Verantwortung und das Gewissen.

Machtmissbrauch beginnt dort, wo Wissen geheim gehalten wird. Deshalb setzen wir uns ein für die kompromisslose Offenlegung von Tatsachen und die interdisziplinäre wissenschaftliche Kommunikation. Darin sehen wir die vornehme Aufgabe unserer Fachzeitschrift.

In diesem Sinne
herzlichst Ihr

Hartmut Müller

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