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Manifest für Meinungsfreiheit

33 ÖRR-Mitarbeiter fordern Reform von ARD und ZDF

33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) haben am 3. April 2024 das „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“1 veröffentlicht. Ihre Namen bleiben anonym und wurden bei einer Schweizer Kanzlei hinterlegt. Zu den über 100 Erstunterzeichnern gehören bekannte Persönlichkeiten wie die Kabarettistin Lisa Fitz, die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Ulrike Guérot und der ehemalige ARD Talkshow Moderator Fliege. Einige Eckpunkte des Manifests:

  • Fairness und Respekt im Umgang mit dem Publikum; Vermeidung von abwertenden und pauschalierenden Formulierungen wie „Schwurbler“, „Querdenker“, „Klima-Leugner“ oder „Putinversteher“
  • Grundgesetzkonforme Äußerungen dürfen nicht zensiert werden
  • Minderheitenmeinungen berücksichtigen
  • Bildung und Kultur sowie Lokaljournalismus haben einen festen Platz im Programmangebot.
  • Mehr Bürgerbeteiligung bei der Kontrolle des ÖRR, der Programmgestaltung und der Finanzierung der Sender
  • Schaffung einer Plattform für Austausch und Dialog
  • Keine Finanzierung mehr durch Werbeeinnahmen
  • Programmgestaltung unabhängig von Einschaltquoten
  • Strikte Kontrolle der Politik, nicht umgekehrt; Vermeidung von Drehtür-Effekten durch mehrjährige Karenzzeiten
  • Weisungsungebundenheit hinsichtlich Themenauswahl und -gestaltung sowie Ressourceneinsatz
  • Festanstellung für alle ÖRR-Journalistinnen und -Journalisten, die dies wünschen.

Die Reaktionen auf das Manifest innerhalb der ÖRR sind eher ablehnend. So titelte der Deutschlandfunk „Ein ‚Manifest‘ der Behauptungen“ und beklagt, dass die Verfasser viel „geraunt und behauptet“ hätten.2Die innere Pressefreiheit“ bei den ÖRR sei „quicklebendig“. Die von den Autoren beklagte „Eingrenzung des Debattenraums“ wird zwar nicht abgestritten, doch sei sie nicht „verordnet“ worden, sondern „wächst höchstens heran“. Auch das ZDF weist die Vorwürfe tendenziell zurück: „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ZDF haben nicht nur bei internen Dialogveranstaltungen und Redaktionskonferenzen jederzeit die Möglichkeit, sich kritisch zu äußern.3 Die Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse (AGRA) schreibt (zitiert nach ZDF): „Der Eindruck, dass in den Sendern nur vorgegebene Meinungen diskutiert und verbreitet würden und nur 'Mainstream'-Themen und -Berichterstattung stattfinden könnten, ist falsch.“ Das Echo in den Leitmedien auf das Manifest ist gemischt. Die taz etwa spricht vom „Jammern am rechten Rand4, der Journalistenverband hält Vieles in dem Manifest für „dubios“ (zitiert nach t-online5). Dagegen lobt Die Welt „Dieses Manifest aus dem ÖRR macht Hoffnung6, und auch die Neue Zürcher Zeitung ist voll des Lobes: „ARD und ZDF müssen grundlegend reformiert werden – endlich regt sich auch in den Anstalten Selbstkritik“.7 Die alternativen Medien fühlen sich vielfach durch den Aufruhr in ihrer Kritik an der einseitigen ÖRR-Berichterstattung bestätigt. Tichys Einblick deutet das Manifest als „Hilferuf“ von Menschen, die „sich einfach nicht mehr anders zu helfen wissen…8 und warnt: „Jetzt werden fieberhaft die Nestbeschmutzer gesucht.

Fazit
Das Manifest ist sicher als Symptom eines verengten Meinungsklimas zu werten, das sich aufgrund eines politisch-massenmedialen Komplexes gebildet hat. Allein die Tatsache, dass die 33 Verfasser es vorzogen, anonym zu bleiben, spricht Bände. Man darf vermuten, dass noch weit mehr des publizierenden Personals bei den ÖRR den Grundaussagen des Manifestes zustimmen, jedoch aus Angst vor Aufdeckung und den anschließenden zu erwartenden Sanktionen ihre Unterschrift verweigert haben (s. Den Fall des ehemaligen SWR-Mitarbeiters Ole Skambrak, der wegen Kritik an der Corona-Berichterstattung gefeuert wurde.9 Ob der ÖRR überhaupt reformierbar ist, darf bezweifelt werden. Das sieht man bereits an den Reaktionen derer, die sich offenbar angesprochen fühlen. Während man Politiker zumindest nominell abwählen kann, ist dies bei den Machern von ARD und ZDF nicht der Fall. Eine publizistische Organisation wie die ÖRR, die knapp acht Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung hat, wird ihre Pfründe und ihre mediale Macht mit Zähnen und Klauen verteidigen. Erst wenn der Zuschauerschwund weiter unvermindert voranschreitet, wird dieser Koloss irgendwann in sich zusammenkrachen. (DS)

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