raum&zeit Ausgabe 133

Januar/Februar 2005

Öko-Forschung
Algen sollen Klima retten

Ist die Natur ein Perpetuum Mobile?

Großer Report: Kampf der Kulturen
Dialog oder Terror

Sanfte Schwangerschaft
Spüren statt messen

Editorial: Die Zeit vergeht im Sausewind

So rasch ging noch kein Jahr zu Ende. Haben Sie auch dieses Gefühl? Der Kalender füllte sich mit abstrusen Ereignissen, von denen man einige gern ungeschehen machen würde. Dazu gehört sicher auch der Irakkrieg. Dieser Irrweg hat nicht nur Tausende Leben gekostet, sondern verwandelte junge amerikanische Menschen in erbärmliche Folterknechte.

Aggression beruht auf Angst, Angst beruht auf Lüge. „Krieg, Handel und Piraterie, dreieinig sind sie, nicht zu trennen“ – schrieb Johann Wolfgang von Goethe bereits vor 200 Jahren. Die verlogene Dreieinigkeit des Irakkrieges heißt Rumsfeld, Bush und Rice. Sie schufen Fakten, wo es keine gab – bezeugt heute der frühere Chefwaffeninspekteur der Vereinten Nationen Hans Blix.

Waffenexport ist mehr denn je ein einträgliches Geschäft. Auch immer mehr deutsches Kriegsmaterial wird ins Ausland verkauft. Deutsche Rüstungsfirmen konnten ihren Waffenexport innerhalb des letzten Jahres verdreifachen – eine Wachstumsrate, die so manche Branche vor Neid erblassen lässt. Gleichzeitig sterben Menschen an längst heilbaren Krankheiten, weil sie sich die Medikamente nicht leisten können. Peking kauft den Airbus A380 und baut ein Daimler-Werk, vorausgesetzt, das europäische Waffenembargo fällt. Es ist immer wieder der gleiche Deal.

Was wird uns das neue Jahr bescheren? Einiges wissen wir mit Sicherheit. Zum Beispiel sind alle Menschen am 2. Januar der Sonne am nächsten. Die Erde erreicht den sonnennahsten Punkt ihrer Umlaufbahn. An diesem Tag sind wir um 5 Millionen Kilometer näher an der Sonne als am 5. Juli. Das sind immerhin ganze 3 Prozent der Gesamtentfernung Erde – Sonne.
Gleichzeitig sind wir als Passagiere an Bord des Raumschiffes Erde auf einer Reise durch die Galaxis. Mit atemberaubender Geschwindigkeit – 230 Kilometer pro Sekunde – umfliegen wir das Zentrum der Milchstraße. Dabei kommt die Milchstraße unserer Nachbargalaxie, dem Andromedanebel, immer näher. Die Geschwindigkeit der Annäherung beträgt 80 Kilometer pro Sekunde. Parallel mit der Andromedagalaxie reisen wir in die Tiefen des Universums mit 400 Kilometer pro Sekunde in Richtung des Sternbildes Hydra.

Brauchen wir Waffen, um den Weltraum zu erkunden? Nein. F-22 Raptor, Eurofighter Typhoon, High-Tech-Bomben und -Raketen, U-Boote und Schlachtschiffe sind Mittel, um Ressourcen – heute irdische Ressourcen, morgen die Ressourcen des Sonnensystems – gewaltsam in privaten Besitz zu bringen. Sie tragen dazu bei, dass sich Menschen untereinander immer weniger verstehen werden, sich gegenseitig hassen und töten. Sie sind des Menschen unwürdig.

Mehr Waffen bringen mehr Gefahr, nicht mehr Sicherheit, sagte Richard von Weizsäcker vor dem Europäischen Parlament in Straßburg 1985. „Eine Waffe ist ein Feind, selbst für ihren Besitzer – lautet ein türkisches Sprichwort.”

Ich wünsche mir, die Mächtigen dieser Welt würden sich an Goethes Worte halten: „Manches Herrliche der Welt ist in Krieg und Streit zerronnen. Wer beschützet und erhält, hat das schönste Los gewonnen.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesundes und glückliches Neues Jahr!
Herzlichst Ihr

Hartmut Müller

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