© NASA and STScI - Credits for Hubble image: NASA and Ron Gilliland (Space Telescope Science Institute)

raum&zeit Ausgabe 156

November/Dezember 2008

Revolutionäre Physik
Lichtgeschwindigkeit ist nicht konstant

Aspartam
Tödliche Süße?

Umwelt-Skandal
Alte Kampfstoffe vergiften die Ostsee

Bahnbrechende Messungen
Warum Bio besser ist

Gesundheitsfonds fördert Krankheiten

 

Editorial: Vorsicht, Giftmischer!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

betrachtet man – so wie ich selbst – tagtäglich offenen Auges die Entwicklungen in unserer Gesellschaft, kann man erkennen, dass in vielen Bereichen „die Schere aufgeht“. Damit meine ich nicht allein die immer krasser werdenden Diskrepanzen bei der „Verteilung“ von gesellschaftlichem Wohlstand, sei es jetzt global oder im eigenen Land. Je drängender die Probleme in Wirtschaft, Energie- und Umweltpolitik oder dem Gesundheitswesen werden, umso stärker prallen unterschiedliche Interessen und Überzeugungen aufeinander. In der Gesundheitspolitik stehen wir erneut vor einer „Reform“, in der Politiker Lösungen für ein Problem suchen, das sie eigentlich noch gar nicht wirklich erkannt haben. Da wird gestritten über die bestmögliche Verteilung von Kassenbeiträgen. Grundsätzliche Überlegungen, wie die Gesundheit der Menschen bewahrt oder auf natürliche Weise und mit geringem finanziellem Aufwand wieder hergestellt werden kann, sind kaum einen Gedanken wert. Peter Elster schildert die absurdesten Auswüchse in der gesundheitspolitischen Diskussion in seinem Beitrag „Kopfgeldjäger des Gesundheitsfonds“.

Von Gesundheitsbewusstsein keine Spur, das gilt auch für die aktuellen Entwicklungen im Agrarsektor, über die Andreas Bauer in seinem Artikel „Die Flut der Pestizide“ berichtet. Die Vorstandschefs von Agro-Chemiekonzernen jubeln über ihre zweistelligen Wachstumsraten. Da kann nur noch die Pharma-Branche mithalten. Ist das nicht „toll“, dass durch das künstliche Hochtreiben der Spritpreise die Herstellung von Bioethanol boomt und sich Kunstdünger und Pestizide so gut wie schon lange nicht mehr verkaufen? Und um der durch den Bioethanolboom verschärften Nahrungsmittelnot in der Dritten Welt zu begegnen, steigern wir die Erträge halt durch noch mehr Kunstdünger und Pestizide. Dann können wir auch weiterhin guten Gewissens Energie verschwenden. Und wenn's mit Öl oder Biodiesel eng wird, dann haben wir ja noch unsere alten AKWs, die bleiben dann halt doch am Netz. Kaum zu glauben auch, dass Europa nach wie vor Spitzenreiter ist, wenn man sich das Verhältnis „Gifteinsatz pro Quadratmeter“ anschaut. Wie passt das zu der gegenläufigen Entwicklung, dass mittlerweile fast alle großen Lebensmittelketten eigene „Bioprodukte“-Linien in ihr Sortiment nehmen und aktiv bewerben? Da klafft doch einiges ganz gewaltig auseinander.

Dass Lebensmittel nicht gleich Lebensmittel ist, zeigen die elektro-chemischen Untersuchungen von Prof. Dr. Manfred Hoffmann, mit denen er die Qualität eines Lebensmittels aus seinem jeweiligen Redoxpotential – das ist seine Fähigkeit zur Bindung freier Radikale – ableitet. Lesen Sie mehr darüber in „Was ein Lebensmittel zum Mittel des Lebens macht“. Um Ernährungsfragen geht es auch in „Der Vitamin-Diebstahl“. Hendrik Hannes lenkt die Aufmerksamkeit auf einige ausgewählte, ernährungsphysiologisch äußerst bedeutende Substanzen, die früher als Vitamin B13, B15 und B17 bezeichnet wurden. Diese drei „Ex-Vitamine“ könnten eine wertvolle Unterstützung in der Krebstherapie und bei Herzkreislauferkrankungen sein. Jedoch wird es für den Verbraucher zunehmend schwieriger, unabhängige Informationen über natürliche Stoffe zu erhalten und an solche gesunden Nahrungs(ergänzungs)mittel heranzukommen, weil der Staat den Nahrungsergänzungsmarkt „zum Schutze des Verbrauchers“ (oder auch zum Schutze der Pharmaumsätze) immer stärker reglementiert. Der Verbraucher ist immer mehr bereit, Eigenverantwortung für seine Gesundheit zu übernehmen. Das ist der Pharma-Industrie ein Dorn im Auge. Sie versucht, den Markt für Nahrungsergänzung und Naturheilmittel unter ihre Fittiche zu bekommen. Mit staatlicher Hilfe werden gesunde, heilkräftige Lebensmittel zu Arzneimitteln umdefiniert. Der Verkauf – jetzt natürlich in synthetisch mehrfach umstrukturierter Form – darf dann nur durch pharmazeutische Unternehmen erfolgen. Zum Dank sind die Heilmittel dann auch noch um ein Vielfaches teurer als das natürliche Ausgangsprodukt jemals war.

Die zunehmende Polarisierung als Merkmal unserer Zeit birgt jedoch – so meine Hoffnung – die Chance, dass immer mehr Menschen aus ihrer Konsum-induzierten Hypnose erwachen und die Destruktivität eines rein materiell ausgerichteten Lebensmodells erkennen und ihr persönliches Handeln und Denken in ihrem eigenen Wirkungsfeld an einer ganzheitlich orientierten Ethik ausrichten.

In diesem Sinne
Herzlichst Ihre

Käthe Ehlers

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