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Schlafmützen sind besser als ihr Ruf – Es lebe der Winterschlaf

Von Christine Kammerer, Neumarkt – raum&zeit Ausgabe 211/2018

Früher war alles viel einfacher: Unsere Vorfahren jagten wilde Tiere und sammelten Früchte. Und weil das alles ziemlich ermüdend war, schliefen sie meistens auch gut und lange. In der Zeit konnte sich dann der Körper von den Anstrengungen des Tages wieder regenerieren. Aristoteles formulierte das dereinst so schlicht wie zutreffend: „Der Schlaf hat die Bestimmung, der Erhaltung der Lebewesen zu dienen.“ Das ist jedoch schon ziemlich lange her.

Später gab es immer mehr Menschen, die Schlaf eher unnütz und überflüssig fanden. Die Chinesen brachten es auf den Punkt: „Verdienst und Ruhm krönen nie die Schlafmütze“ und selbst die Italiener wussten: „Wer schläft, fängt keine Fische.“

Zeit ist Geld. Oder Ruhm. Oft geht ja beides Hand in Hand. Wie bei Thomas Alva Edison. Der berühmte Erfinder betrachtete das müßige Dahindämmern einfach nur als „schlechte Gewohnheit“. Henry Ford fand es sogar ziemlich überflüssig. Der Pionier der Fließbandarbeit konnte nicht verstehen, warum um alles in der Welt die Produktion in der Nacht ruhen sollte. Und John Davison Rockefeller setzte noch einen oben drauf: Er verachtete den Schlaf. Diesen Zustand könne man nur als „Räuberei“ bezeichnen. Getreu der alten deutschen Spruchweisheit, die da besagt, dass uns der Schlaf das halbe Leben raubt.

Wachbleiben war die Devise. Schlaf ist unproduktiv. Wer rastet, der rostet. Man war Tag und Nacht aktiv – nötigenfalls mit Koffein und Kokain. Die meisten medizinischen Maßnahmen zielten darauf ab, den Menschen möglichst flott wieder fit zu machen. Funktionstüchtig. Einige Wissenschaftler suchten sogar nach einem Mittel gegen das lästige Bedürfnis nach Schlaf. Nicht unbedingt deswegen, weil sie es lästig fanden. Sondern vor allem, weil auch die meisten Wissenschaftler nicht so ganz frei sind vom Bedürfnis nach Geld. Oder Ruhm.

Einer von ihnen arbeitete zum Beispiel an einer Gen-Manipulation – der sogenannten Schlafmutante. Er beobachtete seine Fruchtfliegen Tag und Nacht in ihrem Reagenzglas. Nur um die eine zu finden, die überlebt ohne einzuschlafen. Deren Gene wollte er sodann isolieren. Um sie anschließend dem Menschen zu injizieren. Damit er nie wieder schlafen muss. Zum Glück gilt es aber inzwischen als erwiesen, dass Schlaf auch äußerst heilsam sein kann. Bei Grippe zum Beispiel. Während sich die einen also vergeblich mühen, wach zu bleiben, setzen die anderen alles daran, so lange wie nur möglich zu schlafen. Deswegen wird derzeit der Winterschlaf intensiv erforscht. Weil so ein Dauerschlaf über mehrere Monate hinweg äußerst praktisch wäre. Zum Beispiel auf der Reise zum Mars.

Apropos Winterschlaf. Wäre es jetzt nicht langsam an der Zeit, sich gemütlich in der lauschig warmen Höhle zwischen Bärenfällen einzukuscheln und ein paar Monate lang richtig auszuschlafen? Anstatt sich zu nachtschlafender Zeit bei eisiger Kälte und Dunkelheit aus dem Bett zu quälen. Ist doch kein Wunder, wenn man dabei depressiv wird!

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