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Hanf-Verbot auf Amerikanisch

Von Christine Kammerer, Neumarkt – raum&zeit Ausgabe 210/2017

Cannabis hat es in sich. Das Kraut lässt die Emotionen hochkochen wie kaum ein anderes auf dieser Welt. Und das Erstaunliche daran: Es erhitzt selbst die Gemüter jener Menschen, die es noch nie konsumiert haben. Oder die das zumindest behaupten. Obwohl sie meistens wirken wie auf Droge. Doch dahinter versteckt sich eine ganz andere Sucht. Die schlimmste von allen – die Gier nach Reichtum und Macht. Und damit wären wir auch schon beim Stichwort. Nein, nicht Sucht. Sondern Droge. Wie heißt es doch bei Paracelsus so schön:
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“

So eine Droge ist ja im Grunde erst einmal nichts Schlimmes. In der Medizin ist es eine Arznei. Getrocknetes Zeug eben. Tee. Gewürze. Kräuter. So wie Hanf zum Beispiel. Hanf war ja auch ziemlich lange kein Gift. Sondern etwas Gutes. Mindestens 5 000 Jahre lang. Fast genauso lange wie Wein.
Wein ist immer noch etwas Gutes. Oder sagen wir mal so: In Maßen genossen ist Wein nicht nur lecker, sondern sogar sehr gesund. Wein ist ja genau genommen auch eine Droge. Aber halt eher so eine Art Arznei. Wenn man allerdings drei Flaschen am Tag trinkt, kann Wein natürlich auch ein Gift sein. Allein die Dosis machts.

Ja, Hanf war früher auch etwas Gutes. Die großen Kulturen der Menschheit wussten ihn jedenfalls sehr zu schätzen. Sie verwendeten ihn als Räucherwerk und als Arznei. Sie machten Papier daraus und Klamotten. Hanf war enorm vielseitig, kostengünstig und praktisch. Gut eben. Jedenfalls bis vor ein paar Jahrzehnten. Dann wurde Cannabis böse. Sehr böse sogar.
Hanf entfaltete nämlich plötzlich eine gewaltige Suchtwirkung. Vor allem auf die Konkurrenz in der US-amerikanischen Textilindustrie. Die konnte sich schließlich auch durchsetzen. Mit durchschlagendem Erfolg. Und einer richtig fiesen Kampagne, die dem einfachen Volk ein für allemal klar machte: Marihuana ist Teufelswerk. Gift. Nein – schlimmer als Gift! Marihuana eben.

Wieso eigentlich auf einmal Marihuana? Na ja – das ist ungefähr so, wie wenn man Kräuter, die bisher als Heilkräuter galten, mit einem Mal als Unkräuter bezeichnet. Oder die Angehörigen der gegnerischen Religion als Ungläubige. Um sie anschließend guten Gewissens zu vernichten. Und wie immer wurde auch hier wieder einmal das Kind gleich mitsamt dem Bade ausgekippt: kein Papier mehr, keine Textilfaser, keine Medizin. Es hat eine Weile gedauert, bis die Leute damals kapiert haben, dass Marihuana einfach nur Hanf war. Und dass sie gerade dabei waren, ihre eigenen Lebensgrundlagen zu vernichten. Aber da war es dann eh schon zu spät.

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