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Ist Gott katholisch?

Papst Franziskus und das Kerngeschäft der Kirche

Von Christine Kammerer, Neumarkt – raum&zeit Ausgabe 204/2016

Päpste standen schon immer im Fadenkreuz der Kritik. Auch wenn diese meist nur leise wispernd geübt wurde. Für gewöhnlich kam die Papst-Schelte eher aus einem Lager, das sich schon immer dazu berufen fühlte, die böse Amtskirche zu schmähen. Franziskus allerdings schafft es, alle gegen sich aufzubringen – auch das eigene Lager. Indem er ziemlich viel redet, wenn der Tag lang ist. Dann aber nicht handelt. Oder indem er ziemlich viel redet, aber eigentlich nichts sagt. Oder indem er ziemlich viel redet, aber eben das Falsche sagt.

Konservative Kirchenmänner – zu denen der Papst bis vor kurzem auch selbst noch zählte – haben es nun einmal nicht gerne, wenn man ihnen das Geschäft verwässert. Oder ihnen in die Suppe spuckt. Franziskus hat es da in seiner kurzen Amtszeit weit gebracht. So weit, dass keiner mehr weiß, wo er eigentlich steht. So ließ er jüngst verlautbaren: „Gott ist nicht katholisch.“ Ist Gott also am Ende ein Buddhist? Oder gar ein Muslim?

Franziskus sagte auch, Jesus habe „nur ein anspruchsvolles Ideal“ vorgeschlagen. Meinte er es also damals gar nicht so ernst mit dem Evangelium? Und die Bibel ist wahrscheinlich dann auch nur so eine grobe Hilfe zur allgemeinen Orientierung? Schließlich ist ja niemand wirklich perfekt, oder? Kein Wunder also, dass einige hochrangige Kollegen den Papst bereits öffentlich der Häresie bezichtigten.

So geht das nun schon seit drei Jahren. Wenn er nicht gerade in Klausur ist. Aber die Exerzitien finden ja bedauerlicherweise nur einmal im Jahr zu Beginn der Fastenzeit statt. Ansonsten jagt ein Dementi das nächste – hier eine kleine Richtigstellung, da ein versöhnlicher Brief oder eine Entschuldigung vom Heiligen Stuhl auf eine Protestnote. Unser Papst vergaloppiert sich eben schon gerne mal.

Bei uns in Deutschland darf man ja bekanntlich die Kinder nicht schlagen. Gar nicht. Nicht einmal auf den Popo. Nicht einmal ein kleines bisschen. Manche finden das maßlos übertrieben. Der Papst offenbar auch. Der lobte nämlich neulich einen Vater, weil der sein Kind „gerecht“ und würdevoll gestraft hatte. Mit Schlägen. Aber nie ins Gesicht! Ist das noch papabile? Begeistert goutierten die internationalen Medien auch die päpstlichen Anekdoten zum Sexualleben gläubiger Christen: „Manche Menschen glauben – entschuldigen Sie den Ausdruck –, dass sich gute Katholiken wie Karnickel vermehren müssen.“

Solche kleinen Verfehlungen sah man ihm in der Kurie lange nach. Aber wenn es ans Eingemachte geht und Franziskus der eigenen Kirche das Kerngeschäft verdirbt, versteht der Kirchenmann keinen Spaß mehr. Wenn nämlich Gott gar nicht katholisch und die Botschaft Christi einfach nur ein hehres Ideal ist, wenn also alles ziemlich relativ ist, dann hat ja möglicherweise die katholische Kirche 2 000 Jahre lang eine Irrlehre verkündet? Oder hat sich der Papst etwa geirrt? Dann ist der Stellvertreter Gottes auf Erden am Ende vielleicht gar nicht unfehlbar? Oder gar ein Ketzer?

Papst Leo X. starb so plötzlich, dass er nicht einmal die Sterbesakramente empfangen konnte. An einer Wintergrippe. Auch er war für ebenso markige wie ketzerische Sprüche berühmt und berüchtigt wie zum Beispiel: „Wieviel dieses Märchen von Christus uns und den unseren genützt hat, ist allbekannt!“ Man darf also gespannt sein, wie lange uns Franziskus noch erhalten bleibt. Der Vatikan galt ja noch nie als besonders zimperlich.

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